West-Nil-Virus: Erstmals Mensch in Deutschland von Mücke infiziert

Die Asiatische Tigermücke kann Träger des West-Nil-Virus sein. Aber ebenfalls die Gemeine Stechmücke kommt als Vektor infrage.

Die Asiatische Tigermücke kann Träger des West-Nil-Virus sein. Aber ebenfalls die Gemeine Stechmücke kommt als Vektor infrage.

Berlin . In Deutschland ist erstmals eine durch Mücken übertragene West-Nil-Infektion beim Menschen nachgewiesen worden. "Die Person aus Sachsen war an einer Gehirnentzündung erkrankt, wurde im Klinikum St. Georg in Leipzig behandelt und ist inzwischen wieder genesen", teilten mehrere Institutionen, darunter das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin, am Freitag mit.

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In der betroffenen Region in Sachsen war der Erreger bereits bei mehreren Tieren nachgewiesen worden, wie es hieß. Nun erkrankte demnach ein 70-Jähriger "mit ländlichem Wohn- und Arbeitsort", der zuvor nicht ins Ausland gereist war und keine wesentlichen Vorerkrankungen hatte. "Das Risiko weiterer Fälle nimmt derzeit ab, da die Zahl der Mücken im Herbst zurückgeht", erklärte RKI-Präsident Lothar Wieler. In den kommenden Sommern sei jedoch mit weiteren West-Nil-Infektionen zu rechnen.

Das Risiko weiterer Fälle nimmt derzeit ab, da die Zahl der Mücken im Herbst zurückgeht. In den kommenden Sommern ist jedoch mit weiteren West-Nil-Infektionen zu rechnen.

Lothar Wiele, Präsident des Robert-Koch-Instituts

Offenbar hätten die ungewöhnlich warmen Sommer der vergangenen beiden Jahre dazu beigetragen, dass sich das Virus nördlich der Alpen etablierte, so Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut.

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In Deutschland wurden bislang nur Vögel und Pferde infiziert

In Deutschland war das Virus bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern zuvor nur bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden. Dieser steckte sich bei der Untersuchung eines Vogels an. Seit 2018 ist das ursprünglich aus Afrika stammende Virus in mehreren Bundesländern bei Vögeln und Pferden nachgewiesen worden.

Das Friedlich-Löffler-Institut (FLI) registrierte 2019 bisher elf Fälle bei Pferden und 44 bei Vögeln. Die Funde in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Hamburg in diesem Jahr zeigten an, dass das Virus in Teilen Deutschlands überwintert habe und wie schon im Jahr zuvor zwischen Mücken und Vögeln zirkuliere, heißt es in einem RKI-Bericht.

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Das West-Nil-Virus unter dem Elektronenmikroskop. Das Virus breitet sich nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts in Deutschland weiter aus.

Das West-Nil-Virus unter dem Elektronenmikroskop. Das Virus breitet sich nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts in Deutschland weiter aus.

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Virus täuscht grippeähnliche Symptome vor

Das Ärzteblatt informiert, dass circa 80 Prozent der infizierten Menschen keine Symptome haben. Bei etwa 20 Prozent der Infektionen tritt das West-Nil-Fieber mit grippeähnlichen Symptomen nach einer Inkubationszeit von 2 bis 14 Tagen auf. Die Krankheit startet meist abrupt mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und Lymphknotenschwellungen. Nach etwa der Hälfte der Zeit kommt ein knotig-fleckiger Hautausschlag dazu.

Nur in sehr seltenen Fällen, bei etwa einem Prozent der Infizierten, kommt es zu einer West-Nil neuroinvasiven Erkrankung. Diese geht mit Schädigungen des zentralen Nervensystems einher, wie etwa einer Entzündung von Gehirn oder Gehirnhäuten. Von den Menschen, die an einer West-Nil neuroinvasiven Erkrankung leiden, sterben etwa 5 bis 10 Prozent - vor allem ältere Menschen oder Patienten, die bereits an einer Vorerkrankung des Herz-Kreislauf-Systems oder einer Immunsuppression erkrankt waren. Für Menschen gibt es bislang keinen Impfstoff.

Nicht nur exotische Mückenarten, wie etwa die Asiatische Stechmücke, übertragen das Virus. Unter anderem kann die deutschlandweit vorkommende Gemeine Stechmücke (Culex pipiens) den Virus ebenfalls übertragen. Als Vorbeugemaßnahmen in betroffenen Gebieten rät das RKI zum Schutz vor Mückenstichen unter anderem zu langärmeligen Hemden und Blusen, langen Hosen und zu Aufenthalten am Abend in geschlossenen oder klimatisierten Räumen. Auch zur Anwendung von Repellents und Insektiziden und zum Gebrauch von Moskitonetzen und Fenstergittern wird geraten.

West-Nil-Virus schon seit 1937 nachgewiesen

Erste Nachweise des Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, größere Erkrankungswellen werden aber erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem in südlichen Ländern wie Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2000 Infektionen - mehr als in den sieben Jahren davor zusammengenommen. Rund 180 Menschen starben, zumeist ältere mit Vorerkrankungen. In der Übertragungssaison 2019 liegen die registrierten Fallzahlen bisher deutlich darunter.

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Das West-Nil-Virus hat sich rasch über fast alle Erdteile ausgebreitet. Erstmals wurde es 1937 in der Region West Nil in Uganda nachgewiesen, später in anderen Ländern Afrikas und Asiens. In den 1990er-Jahren schaffte es den Sprung über den Atlantik in die USA - dort wurde das West-Nil-Virus 1999 das erste Mal nachgewiesen. Im Sommer 2002 kam es in den USA zu einer ersten größeren Epidemie mit mehr als 250 Todesfällen. Mittlerweile sind große Teile Nordamerikas in den Sommermonaten regelmäßig von West-Nil-Infektionen betroffen.

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RND/dpa/hb

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