Putsch in Washington: das stargespickte Kinodrama „Amsterdam“
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Die Außenseiterbande: Christian Bale (links) als Burt, Margot Robbie als Valerie und John David Washington als Harold in einer Szene des Films „Amsterdam".
© Quelle: -/Walt Disney Company/dpa
„Vieles von dem ist wirklich geschehen“: So steht zu Beginn von David O. Russels „Amsterdam“ auf der Leinwand. Die Dimension dieser Worte eröffnet sich erst im letzten Filmdrittel, wenn klar wird, dass sich 1933 in den USA eine Gruppe von Großindustriellen zusammentat, um Präsident Franklin D. Roosevelt durch einen Diktator im Mussolini-Hitler-Format zu ersetzen. Der „Wall-Street-Putsch“ wird in der US‑Geschichtsschreibung nur als Fußnote behandelt. Der geplante Marsch auf Washington konnte schon im Ansatz vereitelt werden.
Der Vorfall zeigt jedoch, dass es auch in den USA eine lange Tradition antidemokratischer Bestrebungen gibt. Sie haben heute nach dem von Donald Trump angefeuerten Sturm aufs Kapitol eine erschreckende Aktualität.
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Von alledem erzählt Regisseur David O. Russel zunächst nichts. Sein Film ist im New York der frühen Dreißiger angesiedelt, wo der Weltkriegsveteran Burt Berendsen (Christian Bale) in Harlem eine halb legale Arztpraxis für plastische Chirurgie betreibt. Berendsen hat selbst ein Auge auf dem Schlachtfeld in Frankreich verloren und flickt nun die Gesichter und Körper der Kriegsinvaliden zusammen.
Nebenan hat der afroamerikanische Anwalt Harold Woodman (John David Washington) seine Kanzlei. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft, seit sie im Weltkrieg Monate gemeinsam in einem belgischen Lazarett verbrachten. Hier lernten sie die Krankenschwester Valerie Voze (Margot Robbie) kennen, mit der sie nach Ende des Krieges in Amsterdam zusammenzogen und eine glückliche Zeit in der dortigen Künstlerszene hatten.
In New York werden Burt und Harold Zeugen eines Mordes, für den sie verdächtigt werden. Um ihre Unschuld zu beweisen, ermitteln sie selbst. Die Spur führt in die High Society zu Valeries Bruder Tom (Rami Malek), in eine dubiose Klinik, in der afroamerikanische Patienten sterilisiert werden, und schließlich mitten in die Putschvorbereitungen.
David O. Russells Werke wie „Silver Linings“ (2012) oder „American Hustle“ (2013) balancieren oft am Rande manischer Erzählformen. Auch „Amsterdam“ ist weder gediegener Kostümfilm noch reißerischer Politthriller, sondern ein Film der wunderbar schrägen Charaktere. Im Zentrum steht eine herzzerreißende Dreiecksbeziehung. Es sind versehrte Körper und Seelen, die sich hier zusammentun.
Inmitten einer auseinanderbrechenden Welt bildet das Trio – und die um sie herumschwirrenden illustren Nebencharaktere (Robert De Niro, Zoe Saldana, Chris Rock, Matthias Schoenaerts) – eine Insel der Freundschaft und Humanität. Erst spät erfolgt die Einbettung der fiktiven Hauptfiguren in den zeithistorischen Verschwörungskontext. Dass die Außenseiterbande schließlich weit über sich hinauswächst und den Putsch verhindert, führt zu einem liebenswerten Happy End, das die subversive Kraft der Menschenfreundlichkeit feiert.
„Amsterdam“, Regie: David O. Russell, mit Christian Bale, Margot Robbie, John David Washington, 134 Minuten, FSK 12