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Hatten die Idee zu einem bedeutenden Wörterbuch: Die Brüder Wilhelm (Büste vorne) und Jacob Grimm.

Hatten die Idee zu einem bedeutenden Wörterbuch: Die Brüder Wilhelm (Büste vorne) und Jacob Grimm.

Hannover. Kennen Sie Horresmorres? Oder Schnudelbutze? Oder ahnen Sie, was jemand macht, der gämelt? Wer wissen will, wie reich der deutsche Wortschatz ist, hat mit dem Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm eine wundervolle Wortschatztruhe. Auf 34 824 Seiten und mehr als 320 000 Stichwörtern finden sich Begriffe aus der Lutherzeit, aus den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, aus Goethes Gegenwart, aus Jean Pauls Werken, aber auch aus der Nazizeit und den zweigeteilten deutschen Nachkriegsjahren. Das liegt daran, dass die Arbeit, die die beiden Grimm-Brüder ursprünglich noch zu Lebzeiten in einer achtbändigen Ausgaben allein erledigen wollten, letztlich 123 Jahre dauerte. Von 1838 bis 1961 sammelten zunächst die Grimms, dann viele weitere Wörterbuchmitarbeiter Begriffe, Belege und Bedeutungen. Ein Werk voller Arbeitseligkeit (ein Wort zu finden bei Andreas Gryphius wie auch bei Ludwig Tieck).

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Wer aber nicht 34 824 Seiten des ohnehin nur noch antiquarisch erhältlichen Mammutwerks lesen möchte, kann nun auf eine exzellente Auswahl zurückgreifen. Der Verleger Peter Graf hat das Grimmsche Wörterbuch durchforstet und ist mit vielen schönen, besonderen, unbekannten, mundartlichen, fantastisch klingenden, lautmalerischen, poetischen Wörtern zurückgekommen. Seine Sammlung mit dem angenehm altmodischen Titel „Eine ungemein eigensinnige Auswahl unbekannter Wortschönheiten aus dem Grimmschen Wörterbuch“ umfasst 352 Seiten und enthält etwa ein Prozent der Einträge. Von „Abmurzeln“ und „blitzzwiebelblau“ über „Gurgelfreude“ und „Ichschwarm“ sowie „Lästerscharteke“ und „Schneckeschnickschnack“ bis hin zu „verfuchsschwänzen“ und „Zwischenlichtenstunde“. Das Buch lädt ein, über die Weite und Tiefe der deutschen Sprache zu staunen, sich – vielleicht sogar am Abendbrottisch oder während einer langen Autofahrt („Na, liebe Kinder, was meint Ihr, was könnte ein Hummelhirn sein?“) – eigene Wortbedeutungen auszudenken und eigene Wörter zu kreieren. Sehr schön grafisch gestaltet ist es zudem auch, kommt es doch aus dem Buchliebhaberverlag „Das kulturelle Gedächtnis“.

Übrigens: Horresmorres bezeichnet Geschriebenes, das man nicht entziffern kann. Schnudelbutze ist Rotz, der einem aus der Nase hängt. Und jemand, der gämelt, scherzt oder schäkert. Dieses Buch, es hinterlässt einen dritthimmelverzückt.

Peter Graf: „Eine ungemein eigensinnige Auswahl unbekannter Wortschönheiten aus dem Grimmschen Wörterbuch“. Verlag Das kulturelle Gedächtnis. 352 Seiten, 25 Euro.

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Von Kristian Teetz/RND

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