Von Eurodance bis Rave

Überraschender Musikhype: Wird 2023 das Jahr der Neunziger?

Superstar Beyoncé macht neuerdings Housemusik mit Neunziger­einflüssen. Sie ist nicht die Einzige.

Superstar Beyoncé macht neuerdings Housemusik mit Neunziger­einflüssen. Sie ist nicht die Einzige.

Hannover. Es ist jetzt ziemlich genau drei Jahre her, dass der kanadische Sänger The Weeknd einen regelrechten Achtzigerjahre­hype in der Musik­branche auslöste. Sein Song „Blinding Lights“, untermalt von einer typischen Retro­drum­machine und klimpernden Roland-Synth-Sounds, wurde zum Welthit – und zog zahlreiche Nachahmer nach sich. Plötzlich klang alles nach einem Song von a-ha: Von Miley Cyrus über David Guetta bis hin zu Doja Cat – alle machten mit.

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Nun könnte sich all das noch mal wiederholen – allerdings mit den Neunzigern. Erste ziemlich erfolgreiche Vorboten dafür gab es bereits im vergangenen Sommer – 2023 könnten sich die Stilelemente der quietschbunten Zeit endgültig in großen Welthits wiederfinden.

Und immer offensichtlicher wird auch, dass sich bekannte internationale Künstler und Künstlerinnen vom europäischen Dancehype der Neunziger­jahre inspirieren lassen. Manch einer will sogar die deutsche Rave- und Technokultur zurück in die Charts bringen.

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Beyoncé macht Neunzigerhouse

Eins der wohl erfolgreichsten Beispiele für das Comeback der Neunzigerjahre dürfte der Song „Break My Soul“ von Beyoncé sein, der 2022 gleich viermal für die Grammy Awards nominiert wurde. Der Song ist angelehnt an die House­musik der Neunzigerjahre – und beinhaltet sogar ein Sample aus dieser Zeit. Teile des legendären Hits „Show Me Love“ der US-Sängerin Robin S. aus dem Jahr 1993 finden sich in „Break My Soul“ wieder.

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Besonders prägnant im Beyoncé-Hit: die klimpernden Pianosounds und der Orgelbass – prägend für viele große Housesongs der frühen Neunzigerjahre. Beide Sounds stammen aus dem M1-Synthesizer von Korg, der durch „Show Me Love“ legendär wurde. Auch in „Rhythm Is a Dancer“ von Snap, „I’ve Been Thinking about You“ von Londonbeat oder „Gypsy Woman“ von der US-Sängerin Crystal Waters sind Sounds aus dem M1 zu hören.

Letztere übrigens zeigte sich ziemlich begeistert von „Break My Soul“: Sie sei regelrecht „ekstatisch“ gewesen, als sie den Song zum ersten Mal gehört habe, sagte Waters gegenüber der „Washington Post“. Beyoncé sei sie dankbar, dass diese geholfen habe, ein Licht auf unterschätzte Housesängerinnen und -sänger zu werfen. Auch Robin S. lobte Beyoncé für die Anerkennung und Wertschätzung ihrer Musik – das sei „eines der größten Komplimente aller Zeiten“.

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Auch Drake entdeckt die Neunziger

Beyoncés Ausflug in die Neunzigerjahre fällt ungefähr in die Zeit, als sich auch der kanadische Rapper Drake überraschend mit der Housemusik des Jahrzehnts auseinandersetzte. Er veröffentlichte im Sommer ein Album mit dem Namen „Honestly, Nevermind“, das stilistisch teilweise kaum von den großen Dancehymnen der Neunziger zu unterscheiden ist.

Zu hören ist das etwa auf dem Track „Massive“, der, ganz ähnlich wie „Break My Soul“, auch nicht ohne ein prägnantes Pianoriff und trockene Retrobeats auskommt. Für die Produktion seiner Tracks engagierte Drake Profis wie Gordo, Rampa, Black Coffee und Alex Lustig.

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Erstaunlich sind die Ausflüge von Beyoncé und Drake durchaus: Zwar gelten die USA als Geburtsort der Housemusik – als ihr Wegbegleiter gilt der DJ Frankie Knuckles aus Chicago –, zum Hype wurde die elektronische Dance­musik in den Neunzigerjahren aber vor allem in Europa – während die US-Charts zu dieser Zeit eher von Rock-, R-’n’-B- und Hip-Hop-Musik dominiert waren. In gewisser Weise sind die kleinen Zeitreisen von Drake und Beyoncé für die amerikanische Musikszene damit etwas völlig Neues.

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Sommerhit „Miss You“

Aber auch im europäischen Raum ist die Rückkehr der Neunziger zu spüren. Bekanntestes Beispiel ist vermutlich der Sommerhit „Miss You“, den es wegen eines handfesten Künstlerzoffs gleich in zwei Versionen gibt: einmal vom Berliner Newcomer Southstar, einmal vom Star-DJ Robin Schulz.

Schulz’ Version war schlussendlich die erfolgreichere – gesetzt hat den Trend aber unumstritten Southstar: Er verwurstete die Alternativenummer „Jerk“ des kalifornischen Künstlers Oliver Tree zu einem handfesten Neunzigerjahre-Ravehit: schnelle Housepianos, hektische Hi-Hats, ein Four-to-the-Floor-Ravekick, hochgepitchte Vocals – und das alles auf 145 Beats per Minute. Der Retrosommerhit war perfekt.

Im Musikvideo zum Song wird all das dann noch mal auf die Spitze getrieben. Der Clip im 4:3-Format zeigt verwackelte Kamerabilder von coolen Jungs, die umgedrehte Basecaps und Nick-Carter-Frisuren tragen – übrigens seit Längerem ein unübersehbarer Modetrend. Sie spielen Fußball in Hinterhöfen, kritzeln an Wände, rauchen Gras und raven auf Spielplätzen. Die Southstar-Version wurde inzwischen mehr als 95 Millionen Mal auf Spotify gestreamt, die Schulz-Variante sogar 230 Millionen Mal.

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Dass „Miss You“ überhaupt entstanden ist, ist derweil mehr als überraschend: Newcomer Southstar ist laut einer Presse­mitteilung seines Labels gerade einmal 21 Jahre alt. Als er geboren wurde, waren die Neunzigerjahre längst vorbei – und auch die Musikrichtung, die der Newcomer heute produziert, geriet mit der Zeit in Vergessenheit.

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Fred Again und der Retrohype

Ein bisschen älter ist der britische Produzent Fred Again – auch er mischt beim Retrohype kräftig mit. Mit „Delilah (Pull Me out of this)“ veröffentlichte der 30-Jährige im Herbst einen inzwischen 21 Millionen Mal gestreamten Housesong, der auch aus seinem Geburtsjahr 1993 hätte stammen können. Ähnlich wie bei Beyoncé und Southstar klimpert auch hier das prägnante Pianoriff auf ikonischen Kicks und Hi-Hats.

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Insbesondere auf Tiktok wurde im vergangenen Jahr der Song „B.O.T.A. (Baddest of them All)“ von Eliza Rose zum Hit – auch dieser beinhaltet ein Orgelhousesample aus dem Jahre 1991 – in diesem Fall von „Let the Beat Hit ’em (LL w/Love RC Mix)“ von Lisa Lisa & Cult Jam. Auch der Song „Summer Fling“ der schottischen Sängerin Nina Nesbitt wurde im Neunziger­house­stil remixt.

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Auch Neunzigerrap kommt zurück

Inzwischen scheinen Artists aber nicht nur an der Housemusik der Neunzigerjahre einen Narren gefressen zu haben. Selbst Hip-Hop-Musik klingt inzwischen wie damals, in diesem schrillen, bunten Jahrzehnt. Der Song „Big Energy“ der US-Rapperin Latto hat enorme Ähnlichkeiten mit dem 1995er-Hit „Fantasy“ von Mariah Carey – was daran liegen mag, dass beide dasselbe Sample verwenden: „Genius of Love“ von Tom Tom Club. Dieses allerdings stammt nicht aus den Neunzigern, sondern aus dem Jahre 1981 – hat aber unzählige Hip-Hop-Songs der Neunziger geprägt.

Die Neuinterpretation gefiel Souldiva Carey offenbar so gut, dass im Frühjahr des vergangenen Jahres sogar ein Remix des Songs erschien, in dem Carey einen eigenen Vers singt.

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Das Comeback des Vocaltrance

Mittlerweile scheinen die internationalen Hitschmieden sogar auf die europäischen Rave- und Trancehypes der Neunzigerjahre zu schielen. Der schon erwähnte Brite Fred Again hat kürzlich mit Sängerin Romy den Song „Strong“ herausgebracht, der sich mit seinen Synthflächen und Retrodrums an den Vocaltrancehits der späten Neunziger- und frühen 2000er-Jahre orientiert – zu nennen wären hier etwa die belgischen Hitmacher von Sylver oder Ian Van Dahl („Castles in the Sky“).

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Auch das Musikvideo bedient sich typischer Elemente aus der Trancezeit – von der Mode bis zum Slowmotiongesang. Sechs Millionen Mal wurde „Strong“ bislang auf Spotify gestreamt.

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Der französische Newcomerproduzent Durdenhauer erlebt derweil einen ähnlich großen Hype wie sein Kollege Southstar: Er remixte den Hip-Hop-Track „Praise the Lord“ von A$AP Rocky, unterlegte ihn mit einem donnernden Hands-up-Kick und Neunzigerjahre-Synthesizern und wurde damit schließlich zum Internethit. Sieben Millionen Streams konnte der Song inzwischen auf Spotify erzielen.

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Doja Cat entdeckt die Ravemusik

Und der Ravehype dürfte noch lange nicht zu Ende sein: Niemand Geringeres als US-Rapperin Doja Cat hat in einem Interview mit dem „CR Fashion Book“ verraten, sie stehe gerade sehr auf „diesen deutschen Rave-Vibe aus den Neunzigern“, das mache ihr viel Spaß. Ihr kommendes Album werde deshalb viele Einflüsse dieser Musikrichtung haben, deutete die Sängerin an.

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Sie sei sich bewusst, dass Neunzigereinflüsse momentan ein ziemlicher Trend seien – ausgelöst mitunter durch Drake und Beyoncé. Doja Cat allerdings betont, bei ihr gehe es eben nicht um Housemusik, sondern um „Rave-Kultur“.

Sie habe das Genre schon als Kind geliebt und freue sich darauf, diese Begeisterung nun ausleben zu können. „Natürlich konnte ich mir damals nicht die Haare rasieren, einen Pelz-BH tragen und den Bauchnabel gepierct haben.“ Doja Cat wurde 1995 geboren – zur Hochphase des Techno-, Rave- und Happy-Hardcore-Genres in Deutschland.

Dass das Musikjahr 2023 das Jahr der Neunziger­einflüsse werden wird, ist also absehbar. Spannend bleibt, ob der Retrohype möglicherweise auch einigen Ikonen der Neunzigerjahre zu einem Comeback verhelfen wird. Dann hören wir vielleicht bald wieder Blümchen, Dr. Alban und Tic Tac Toe.

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