Dieter Wedel: Hunderte Filmschaffende kritisieren seine Anwälte
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Regisseur Dieter Wedel soll der Münchner Staatsanwaltschaft I zufolge eine Frau vergewaltigt haben.
© Quelle: imago images/Müller-Stauffenberg
Nach drei Jahren Ermittlungszeit hat die Staatsanwaltschaft München I im März 2021 Anklage gegen den Regisseur Dieter Wedel erhoben. Der Vorwurf: Der mittlerweile 81-Jährige soll im Jahr 1996 die damals 27 Jahre alte Schauspielerin Jany Tempel in einem Münchner Luxushotel vergewaltigt haben. Seine Anwälte – Dörthe Korn, Peter Gauweiler, Thomas Fischer – äußerten sich kürzlich ausführlich in einem „Spiegel“-Interview zu dem Fall und lösten heftige Reaktionen aus.
Darin kritisierten sie unter anderem, dass ihr Mandant von der Gegenseite mit „öffentlichen Trommelfeuer unter Beschuss“ genommen werde. Außerdem sprachen sie von einer „Lynchstimmung“ und vermuteten, dass „Grenzüberschreitungen in (kreativen Berufen) häufiger“ seien.
Carolin Kebekus und Maren Kroymann unterzeichnen offenen Brief
Die Äußerungen der Verteidigung stoßen in der Kulturbranche auf große Kritik. 535 Schauspiel- und Bühnenschaffende, darunter die Komödiantin Carolin Kebekus, die Schauspielerin Maren Kroymann und Regisseur Tom Lass, unterzeichneten einen offenen Brief der Organisation „Pro Quote Bühne“.
Darin schreiben die Verfasser, sie seien „zutiefst erschüttert über das Interview“ der Strafverteidiger. Das Anwaltsteam würde „misogyne Vorurteile und längst widerlegte Vergewaltigungsmythen“ verbreiten und mit ihren Äußerungen die Zeugen im Prozess und den „gesamten Berufsstand“ beleidigen.
„Noch unerträglicher wird es, wenn Fischer behauptet, der Schauspielberuf zöge möglicherweise Menschen an, ‚die Schwierigkeiten haben, Grenzüberschreitungen richtig einzuschätzen‘“, heißt es weiter. Das würde laut den Verfassern zeigen, wie wenig der Anwalt von der Schauspielbranche versteht.
„Wir weisen solche Unterstellungen aufs Schärfste zurück“
Weiter nehmen sie zu den Aussagen der Wedel-Anwältin Korn Bezug, die im Interview die Glaubwürdigkeit der Zeugen infrage stellte, weil diese „von Beruf Schauspieler sind“. So schreibt die Organisation „Pro Quote Bühne“ in ihrer Stellungnahme: „Diese Behauptung stellt nicht nur eine Beleidigung der Zeug:innen im Wedel-Prozess, sondern für alle Schauspieler:innen dar. Wir weisen solche Unterstellungen aufs Schärfste zurück.“
Drei Frauen beschuldigten Wedel in Bericht
Wedel ist wohl der bekannteste Kulturschaffende in Deutschland, der seit Beginn der #MeToo-Debatte beschuldigt wurde, sich an Frauen vergriffen zu haben. Der Fall kam Anfang 2018 ins Rollen, als drei Schauspielerinnen im „Zeit-Magazin“ angaben, Wedel habe sie in den 1990er-Jahren sexuell bedrängt. Öffentlich hat Wedel die Vorwürfe bestritten und dazu eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Ende August 2018 sagte er „Bild“: „Inzwischen bin ich froh, dass es diese Ermittlungen gibt. Ich vertraue auf die Staatsanwaltschaft.“
Im nächsten Schritt muss das Landgericht München I entscheiden, ob es die Anklage zulässt. Falls ja, wird Dieter Wedel vor Gericht gestellt.
mit dpa