„Eleanor & Colette“ – Einblicke ins Kuckucksnest
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Ein Opfer wehrt sich: Eleanor (Helena Bonham Carter, l.) hat die Anwältin Colette (Hilary Swank) auf ihrer Seite.
© Quelle: Warner Bros.
Hannover. Wohl kein Film hat das Bild der Psychiatrie in der Öffentlichkeit mehr geprägt als „Einer flog übers Kuckucksnest“ des kürzlich verstorbenen Regisseurs Miloš Forman. Jetzt greift Oscarpreisträger Bille August das Thema erneut auf - nach einer wahren Geschichte aus den 1980er Jahren. In einer Nervenheilanstalt in San Francisco zerren vier Pfleger eine sich wehrende Patientin über den Flur, schnallen sie fest, weil sie sich den Psychopharmaka und deren Nebenwirkungen verweigert.
Eleanors Anwältin hat alle gegen sich
Eleanor Riese (Helena Bonham Carter) leidet an paranoider Schizophrenie und ist freiwillig in die Klinik gegangen. In ihrer Not ruft sie eine Selbsthilfeorganisation an, die Anwältin Colette Hughes (Hilary Swank) übernimmt ihren Fall.
Was nicht einfach ist: Zum einen hat sie das medizinische und pharmazeutische Establishment gegen sich, zum anderen ihre widerspenstige und sehr religiöse Mandantin, der alles nicht schnell genug geht, die bei jedem juristischen Rückschlag ausrastet. Das bahnbrechende Urteil des Obersten Gerichtshofs in Kalifornien nach dem auch zwangseingelieferte Patienten ein Recht auf Information über die Medikamente erhalten und mit entscheiden dürfen, revolutionierte die Rechtsprechung, veränderte laut Hughes das Leben von 150 000 anderen Patienten.
Bille August erzählt mit viel Liebe zum Detail
Augusts Drama ist ein Mutmacher, lebt von den beiden Hauptdarstellerinnen und der persönlichen Bindung zwischen den Figuren, wobei Carter manchmal an die Grenze zum Overacting stößt und die Gerichtsverhandlungen die Spannung nicht gerade erhöhen.
Bille August („Das Geisterhaus“) scheut nicht vor heftigen Emotionen zurück, erzählt dennoch ruhig, chronologisch und mit Liebe zum Detail vom Kampf für Menschenrechte, für Patientenrechte. Zwar hat sich in 30 Jahren einiges geändert, aber psychische Krankheiten sind oft noch Tabuthema.
Und wenn man derzeit den neuen Entwurf eines Psychiatriegesetzes in Bayern betrachtet, das Freiheitseinschränkungen für Betroffene sowie eine umstrittene Datenerfassung vorsieht, kommt man doch ins Grübeln. Da ist „Eleanor & Colette“ der richtige Film zur rechten Zeit.
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Von Margret Köhler / RND