Gefeiert und zugleich ignoriert: Bricht Beyoncé jetzt den Rekord bei den Grammys?
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Neunfach nominiert: R&B-Sängerin Beyoncé könnte am Sonntagabend in Los Angeles der Mensch mit den meisten Grammys werden.
© Quelle: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Die „New York Times“ verspricht „Dramatisches Fernsehen“. Für die erste Gala in Los Angeles nach zwei Jahren Covid-Pause liegt bei den Grammys 2023 eine Rekordnacht in der Luft. In fast einem Zehntel der 91 Kategorien des wohl berühmtesten Musikpreises der Welt ist Beyoncé in diesem Jahr nominiert. Neun der begehrten Goldenen Grammofone könnte der R&B-Superstar in der Nacht zu Montag einfahren und damit der Grammy-reichste Mensch aller Zeiten werden – Lady Supergrammy sozusagen.
Beyoncé führt jetzt schon die Gewinnerinnenliste an
Eigentlich muss sie nichts beweisen: Mit 28 der Statuetten hat Beyoncé Giselle Knowles-Carter, die 1998 mit der Girlgroup Destiny’s Child ihren ersten Hit („No, No, No“) hatte und vor 20 Jahren ihre Solokarriere startete, längst Grammy-Geschichte geschrieben. Gleichauf mit ihr liegt auf Platz zwei vor der diesjährigen Verleihung nur Quincy Jones (Jazztrompeter, Musiklegende, Produzent von Michael Jacksons „Thriller“-Album).
Damit führt Beyoncé die All-Time-Liste der Grammy-Gewinnerinnen an. Die Americana-Ikone Alison Krauss, hierzulande vor allem Country- und Bluegrassfans bekannt, folgt ihr auf dem Fuß mit 27 Grammys, dann kommt Aretha Franklin mit 18, Adele und Alicia Keys haben jeweils 15, Ella Fitzgerald, Emmylou Harris und die schwarze Opernsängerin Leontyne Price 13. Madonna, immer noch „Queen of Pop“, nennt sieben ihr Eigen – da braucht man schon mal keinen zweiten Kaminsims.
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Was nun keine Schande ist: Auch die „Big Three“ der Popmusik sind bei den Grammy-Listen unter „ferner liefen“: Bob Dylan hat immerhin elf Grammys, die Beatles bekamen sieben, Elvis Presley, der Mann, der die Popmusik der Nach-Sinatra-Zeit überhaupt erst lostrat, kam nur auf drei.
Bei den 65. Grammys könnte Beyoncé sogar Georg Solti schlagen
Der, den es noch zu schlagen gälte, könnte musikalisch nicht weiter entfernt sein von Beyoncé: Der 1997 verstorbene Sir Georg Solti, langjähriger Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra und auch Dirigent der Wiener Philharmoniker, hatte im Lauf seiner Karriere 31 der gern als „Musik-Oscar“ apostrophierten Auszeichnungen eingefahren. Gut möglich, dass nach der Nacht zum Montag eine Popherrscherin den Grammy-Thron von dem ungarisch-britischen Opernspezialisten übernimmt.
Würde sie die Nominierungen in den Kategorien „bestes Dance-/elektronisches Album“ („Renaissance“), „beste Dance-/elektronische Aufnahme“ („Break My Soul“), „beste R&B-Präsentation“ („Virgo’s Groove“), „beste traditionelle R&B-Präsentation“ („Plastic off the Sofa“), „bester R&B-Song“ („Cuff It“), „bester Song, der für visuelle Medien geschrieben wurde“ („Be Alive“ aus dem Tennis-Biopic „King Richard“) in Awards umwandeln, hätte sie bereits 34 und King Solti weggeschubst.
Diesmal geht es um mehr - um Beyoncés künstlerische Bestätigung
Aber es geht im Fall Beyoncé nicht (nur) darum, den Spitzenplatz bei den bedeutendsten Musikpreisen der Welt auf irgendeine Weise zu erringen. Es geht um das künstlerische Renommee. Um die „royalen Drei“, die Trophäen in den begehrten Hauptkategorien „beste Aufnahme“, „bester Song“ und – vor allem – „bestes Album“.
Hier hatte Beyoncé bislang Pech gehabt oder nach anderer Lesart bitteres Unrecht erfahren: Nur einen einzigen ihrer Grammys hatte sie in den „royalen Drei“ errungen – 2010 wurde sie für den „besten Song“ mit „Single Ladies (Put a Ring on It)“ gekürt.
Der Grammy fürs beste Album ging schon zweimal verloren
Bei den Alben ging Beyoncé leer aus. 2010 hatte sie mit „I Am … Sasha Fierce“ gegen Taylor Swift verloren. Und 2017 verwies dann Adele die Texanerin mit ihrem Album „25“ auf die Plätze, um in ihrer Dankesrede – es klang irgendwie, als würde die Britin ihren Preis am liebsten an die geschlagene Konkurrentin weiterreichen – Beyoncé als „Künstlerin meines Lebens“ zu preisen. Viele Kollegen und Kolleginnen, Musikkritiker und Fans ereiferten sich damals, dass eigentlich Beyoncés wegweisendes R&B-Kracheralbum „Lemonade“ hätte siegen müssen. 2023 sieht es nun fast aus, als sei ihr die Record Academy die drei Hauptpreise schuldig. Was wird passieren? Die diesjährigen Grammys werden sehr spannend.
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Wird’s ein Ritt ins Happy End? Mit dem Album „Renaissance“ – hier das Cover – könnte Beyoncé endlich den Grammy für das „Beste Album“ gewinnen.
© Quelle: Label
Beyoncés Konkurrenz ist namhaft: Bei der „besten Aufnahme“ des Jahres konkurriert ihr „Break My Soul“ unter anderem mit Songs von – erneut – Adele, von Kendrick Lamar, Brandi Carlile und den nach über 40 Jahren Pause zurückgekehrten Siebzigerjahre-Superstars Abba. In der Kategorie „bestes Album“ muss sich ihr „Renaissance“ gegen die Werke der oben genannten sowie weiterer großer Namen wie etwa Coldplay und dem auf dem amerikanischen Kontinent längst als Superstar firmierenden Reggaeton-Sänger Bad Bunny behaupten.
Unter den „besten Songs“ schließlich wetteifern Bonnie Raitts „Just Like That“, Taylor Swifts zehnminütige Neuversion von „All Too Well“ und „abcdefu“ – der von Beyoncés 18-jähriger Landsfrau, Gayle, gesungene Mittelfinger gegen toxische texanische Männer – mit Beyoncés „Break My Soul“.
Die Grammys können eine schwarze Frau als Gewinnerin gut brauchen
Die Grammys können den Beyoncé-Trubel und könnten vor allem den Beyoncé-Triumph gut brauchen. Das Publikumsinteresse an der Verleihung war in den letzten Jahren geschwunden, die Relevanz der Preise stand auf dem Spiel. Jahrelang wurden mangelnde Nominierungen und Auszeichnungen von Frauen und vor allem von schwarzen Talenten kritisiert. Unter den Top 15 der Grammy-Sieger finden sich mit Beyoncé und Krauss nur zwei Frauen.
Und nur drei schwarze Künstlerinnen haben je den Albumpreis mit nach Hause genommen: Natalie Cole, Whitney Houston und Lauryn Hill – alle in den Neunzigerjahren. Die legendäre Souldiva Diana Ross, Hauptsängerin der einflussreichen Vokalgruppe Supremes und lebendes Vorbild für die Rolle, die Beyoncé im Film „Dreamgirls“ (2006) spielte, durfte noch nie zum Zwecke einer Ehrung auf die Grammy-Bühne.
Superstars wie Drake oder The Weeknd hatten den Grammys deswegen den Rücken gekehrt. Seit zwei Jahren zeichnet sich allerdings ein Gegentrend ab: 19 Prozent mehr Frauen und 38 Prozent sogenannter „gewohnheitsmäßig unterrepräsentierter Gruppen“ seien laut Grammy-Academy seither gewählt worden.
Auch Bad Bunny könnte Grammy-Geschichte schreiben
Angesichts der Beyoncé-Thematik gerät der Rest der Veranstaltung in der Crypto.com-Arena in Los Angeles etwas ins Hintertreffen. Denn noch ein anderer Künstler könnte am Sonntag bei der 65. Grammy-Verleihung für eine Sensation sorgen. „Bad Bunny could make History at the Grammy Awards“ lautete dieser Tage eine Schlagzeile der „Washington Post“. Der Puerto Ricaner, seit drei Jahren meistgestreamter Sänger bei Spotify, hat mit „Un Verano Sin Ti“ die erste durchweg spanischsprachige Platte am Start, die „Album des Jahres“ werden könnte.
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Laut dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin „Forbes“ hat der 28-Jährige allerdings nur eine Außenseiterchance. Auf Wettwebsites wie My Bookie, Gold Derby und Northstar Bets sind Beyoncé, Adele und das frühere One-Direction-Bandmitglied Harry Styles als diejenigen gesetzt, die die Sache bei den „royalen Drei“ unter sich ausmachen werden.
Sollte Beyoncé das „Album des Jahres“ tatsächlich holen, ist es keineswegs ein „Sorry!“-Grammy – dazu ist „Renaissance“, ihr erstes Album ohne Balladen, einfach zu überwältigend. Und klappt es wieder nicht, wird Beyoncé es wohl mit der Refrainzeile ihres Grammy-Songs nehmen: „You never break my soul“. Außerdem ist Beyoncé in bester Gesellschaft. Auch der geniale Thrillerregisseur Alfred Hitchcock hat für keines seiner wegweisenden Kinomeisterwerke je den Regieoscar gewonnen.
Apropos Thriller: Bekäme Beyoncé keinen einzigen Grammy, könnte die zweifach nominierte Alison Krauss an ihr vorbeiziehen. Na ja – ist nur so ein Gedankenspiel. Höchst unwahrscheinlich.
Auch deutsche Künstler sind im Grammy-Rennen
Deutsche Künstler sind auch nominiert. Die Berliner Philharmoniker sind für ihr Filmmusikalbum „The Berlin Concert“ unter Leitung von Komponist John Williams (Musik zu „Harry Potter“ und vielen Steven-Spielberg-Filmen) für die „beste Orchesterpräsentation“ aufgestellt. Der Berliner Christoph Franke könnte im Fach „bester klassischer Produzent des Jahres“ seinen ersten Grammy in Empfang nehmen.
Im Fach „bestes Jazzalbum eines großen Ensembles“ finden sich gleich zwei deutsche Rundfunkorchester – auf der Charlie-Parker-Hommage „Bird Lives“ ist die SWR-Big-Band zu hören. Unter Leitung von Schlagzeuger Steve Gadd jazzt die WDR-Big-Band Soulgemmen wie Stevie Wonders „Signed. Sealed, Delivered“. Vor zwei Jahren erst hatte sich die NDR-Big-Band einen Jazz-Grammy geholt.
Wer beim Beyoncé-Thriller (und dem Rest vom Fest) dabei sein möchte, sollte vorschlafen: Die Grammys 2023 können Sie beim Streamingdienst Magenta TV am Montag ab 2 Uhr morgens im Livestream verfolgen. Wie der „Stern“ vermeldete, sind sie auch bei Paramount+ streambar. Vor der Ausstrahlung wird die „Grammy Awards Premiere Ceremony“ um 21.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit live auf live.grammy.com gestreamt.