Geliebter Algorithmus: die kluge Kinokomödie „Ich bin dein Mensch“

Sie kämpft gegen ihre Gefühle: Maren Eggert in einer Szene aus „Ich bin dein Mensch“.

Sie kämpft gegen ihre Gefühle: Maren Eggert in einer Szene aus „Ich bin dein Mensch“.

Der Weg ins Badezimmer ist mit roten Rosenblüten geschmückt. Kerzen flackern sanft im Schummerlicht, und der nach allen Regeln der Algorithmenkunst errechnete Mann ihrer Träume sitzt auf dem Badewannenrand, zwei perlende Sektgläser in der Hand und säuselt: 93 Prozent der deutschen Frauen würden von einem romantischen Schaumbad zu zweit träumen. Und was tut Alma? Sie verharrt im Türrahmen und kontert süffisant: „Dann kommst du vielleicht selber darauf, zu welcher Gruppe ich gehöre?“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

So kann das nichts werden mit der Liebe – oder etwa doch? Beziehungskomödien leben seit Kinogedenken von den Gegensätzen, die sich anziehen, von den anfänglichen Missverständnissen, die die Annäherung dann umso beglückender nicht nur für die beiden Beteiligten, sondern auch fürs Publikum machen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Allerdings sind die Voraussetzungen in Maria Schraders Science-Fiction-Romanze „Ich bin dein Mensch“ noch etwas komplizierter als sonst: Alma (Maren Eggert) ist eine kühle Altertumsforscherin, die die Augen verdreht, wenn ihr Gegenüber die ihrigen beim ersten, gründlich schiefgelaufenen Rendezvous mit „tiefen Bergseen“ vergleicht, in denen er versinken möchte. Und Tom (Dan Stevens) ist – nun ja, ein Roboter, allerdings ein blendend aussehender, kreiert nur für einen einzigen Zweck: Er ist darauf programmiert, Alma glücklich zu machen. Und darin übt er sich beharrlich.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Bloß will Alma gar nicht durch einen Mann glücklich werden. Das Thema ist für sie nach einer unglücklichen Geschichte durch. Glaubt sie jedenfalls.

Auf das dreiwöchige Experiment mit Tom hat sich Alma nur deshalb eingelassen, weil ihr Chef sie mit der Aussicht auf Fördergeld für ihr Forschungsprojekt gewissermaßen bestochen hat. Sie soll für ihn ein ethisches Gutachten schreiben und Fragen beantworten wie zum Beispiel: Sollten Androiden Bürgerrechte verliehen werden? Und dürfen sie heiraten? Alma quartiert den Roboter erst mal in der Besenkammer ein.

Bleibt für Alma bloß eine Frage: Können sich Menschen überhaupt in Maschinen verlieben? Hätte Alma aufmerksam „Blade Runner“ (1982) gesehen, dann wüsste sie, dass so etwas auch schon dem knallharten Replikantenjäger Rick Deckard (Harrison Ford) passiert ist. In „Her“ (2013) verfällt der Stubenhocker Theodore Twombly sogar einer körperlosen, dafür aber erotischen Computerstimme (gesprochen von Scarlett Johansson). Und nun macht Alma nach Motiven der Kurzgeschichte von Emma Braslavsky ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit einem humorbegabten und keinesfalls nachtragenden Wesen, das mit einem sexy britischen Akzent ausgestattet ist.

Bei der Berlinale-Premiere musste sich Regisseurin und Drehbuchautorin (zusammen mit Jan Schomburg) Maria Schrader dafür kritisieren lassen, dass sie letztlich die großen Fragen des Lebens und der Liebe nur spielerisch antippe. Aber gerade diese Leichtigkeit macht den Reiz des Films aus, der weit mehr Komödie als Tragödie ist. Hier kann jeder nachempfinden, was in der Keilschriftexpertin Alma vorgeht – und auch ein bisschen mit Tom mitleiden, wenn Alma ihn schlecht behandelt.

Gefühlskrücke oder echtes Glück?

Alma weiß ja selbst nicht so recht: Ist Tom nun eine bloße Hightech-Gefühlskrücke oder könnte er sich als das reale Glück ihres Leben entpuppen? Und was ist besser: die echte, aber unerfüllte Sehnsucht oder die Erfüllung aller Träume, auch wenn dies nur computergeneriert vonstatten geht?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Romanze zwischen Alma und Tom ist in unserer Gegenwart und nicht in irgendeiner Zukunft angesiedelt. So stellt sich beim Zuschauen auch erst gar kein Fremdheitsgefühl ein, das dann erst mühsam überwunden werden müsste.

Zudem gehört Tom zur Spezies der lernenden Computer und ist damit manchem Mann aus Fleisch und Blut deutlich überlegen. Tom begreift schnell, dass Alma nicht der Typ Frau ist, der man beständig Komplimente machen sollte, wenn man sie beeindrucken will.

Maren Eggert spielt ihre Alma mit einem klugen Zug: Je mehr Gefühle sie für Tom entwickelt, desto mehr wächst ihre Verzweiflung. Denn ihre wissenschaftliche Vernunft kann sie nie komplett ausschalten. Dafür gab es für Eggert bei der Berlinale den Silbernen Bären für die beste Darstellung.

Dan Stevens („Downtown Abbey“) spendiert seinem Androiden durchaus einen leichten Maschinentouch, was dessen Menschlichkeit umso stärker durchscheinen lässt. Zwischen den beiden Protagonisten entwickeln sich verbale Schlagabtäusche, die einer Screwballcomedy würdig sind.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Maria Schrader („Vor der Morgenröte“, „Unorthodox“) beweist sich hier als genauso amüsante wie amüsierte Erzählerin. Und wie oft sieht man schon mal eine charmante Kinokomödie, in der nicht die Frau, sondern der Mann zur Erfüllung der Bedürfnisse des anderen Geschlechts geschaffen ist?

„Ich bin dein Mensch“, Regie: Maria Schrader, mit Maren Eggert, Dan Stevens, 108 Minuten, FSK 12

Mehr aus Kultur

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken