Golden Globes: Der Triumph des guten, alten Kinos

David Heyman, Shannon McIntosh, Margaret Qualley, Quentin Tarantino, Brad Pitt, Julia Butters und Leonardo DiCaprio (v.l.).

David Heyman, Shannon McIntosh, Margaret Qualley, Quentin Tarantino, Brad Pitt, Julia Butters und Leonardo DiCaprio (v.l.).

Los Angeles. Der Abend hätte Netflix den ersehnten Durchbruch bescheren sollen. 34 Nominierungen hatte der Streamingdienst bei den Golden Globes eingesammelt. Endlich wollte sich Netflix im Glanz Hollywoods sonnen – und dann ließ die gastgebende Auslandspresse in Hollywood bei ihrer 77. Globe-Gala demonstrativ das gute, alte Kino hochleben.

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Überraschungssieger Sam Mendes holte sich am Sonntagabend mit seinem Kriegsfilm „1917“ die beiden goldenen Kugeln für das beste Drama und die beste Regie, in der Komödiensparte siegte Quentin Tarantino mit „Once Upon a Time in Hollywood“ – und sicherte sich auch noch den Preis fürs beste Drehbuch.

Martin Scorsese, hoch gehandelt für „The Irishman“, saß derweil mit zunehmend zerknittertem Gesicht im Publikum. Sein ausladendes Mafiaepos hatte er sich von Netflix produzieren lassen. Kein Hollywoodstudio war bereit, dafür 160 Millionen Dollar auszugeben. Allerdings: Das Verlieren war Pechvogel Scorsese auch schon gewohnt, als er noch reines Kino drehte.

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Renée Zellweger und Joaquin Phoenix ausgezeichnet

Bei den Darstellern ließen sich Renée Zellweger für ihre Verwandlung in Judy Garland (Comeback des Jahres: „Judy“) und Joaquin Phoenix für seinen düsteren „Joker“ in der Kategorie Drama feiern, im Komödien-/Musicalfach taten es ihnen Taron Egerton als Elton John („Rocketman“) und Awkwafina in der Abschieds-Tragikomödie „Farewell“ gleich. Dagegen gingen Adam Driver und Scarlett Johansson mit ihrer „Marriage Story“ leer aus, zumindest Laura Dern wurde als beste Nebendarstellerin in der Netflix-Produktion ausgezeichnet.

Wenn dieser Golden-Globe-Abend für etwas stand, dann für die Verteidigung der großen Leinwand.

Buschbrände in Australien waren beherrschendes Thema

Und wenn es ein bedrängendes politisches Thema gab, dann waren das nicht so sehr Donald Trump, die Eskalation mit dem Iran oder die nächsten US-Wahlen (oder Harvey Weinstein, der sich seit Montag vor einem New Yorker Gericht verantworten muss). Es stand noch Dringlicheres im Vordergrund: die Buschbrände in Australien.

Preisträger Russell Crowe (ausgezeichnet für seine Rolle in der Serie „The Loudest Voice“) war gar nicht erst angereist, sondern bei seiner Familie in Australien geblieben. Seine Laudatorin Jennifer Aniston verlas in seinem Namen einen Appell: „Macht euch nichts vor, die Tragödie, die sich in Australien abspielt, fußt auf dem Klimawandel.“ Er wünsche sich „Respekt für unseren Planeten, für den wunderbaren Ort, der er ist. So haben wir alle eine Zukunft.“

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Auch Nicole Kidman und Cate Blanchett zeigten sich besorgt über das Feuerinferno auf ihrem Heimatkontinent. „Wenn unser Land einer Klimakatastrophe gegenüber steht, dann stehen wir alle einer Klimakatastrophe gegenüber. Wir stecken da alle zusammen drin“, so Blanchett.

Es war an Joaquin Phoenix, in seiner Dankesrede daran zu erinnern, dass es beim Kampf gegen den Klimawandel nicht mit einem veganen Menü mit Rote-Beete-Süppchen und Pilzrisotto getan sei, wie es bei den Globes erstmals aufgetischt wurde (die Blumen dagegen sollen eigens aus Italien und Ecuador eingeflogen worden sein). „Verzichtet auch mal drauf, mit dem Privatjet nach Palm Springs einzufliegen“, rief er ins Publikum.

Ricky Gervais teilte bissig aus

Das dürfte eine Bemerkung nach dem Geschmack von Moderator Ricky Gervais gewesen sein. Der britische Komiker teilte bei seiner bereits fünften Vorstellung gewohnt bissig gegen alles und jeden aus – gegen den Musicalflop „Cats“, gegen die gastgebenden Auslandsjournalisten in Hollywood („Glücklicherweise spricht die Hollyood Foreign Press kaum Englisch“) und auch gegen Leonardo DiCaprio, dessen Film „Once Upon a Time in Hollywood“ mit dreieinhalb Stunden so lang sei, dass nach der Premiere DiCaprios Date schon wieder zu alt für diesen sei. DiCaprio ist berüchtigt für das zarte Alter seiner Freundinnen.

Die versammelten Vertreter der Filmstudios ließ Gervais mal eben wissen, dass der Journalist Ronan Farrow auch hinter ihnen her sei – Farrow hatte Fälle von sexuellem Fehlverhalten in Hollywood aufgedeckt. Genüsslich attackierte Gervais die Heuchelei der illustren Gäste: Die Stars arbeiteten für Konzerne wie Apple, Amazon und Walt Disney, während sie in Reden auf sozialen Wandel pochten.

Tom Hanks kämpft mit den Tränen

Es gab auch bewegende Momente – und der bewegendste gehörte Tom Hanks, ausgezeichnet fürs Lebenswerk. Laudatorin Charlize Theron hatte Hanks als den Mann angekündigt, der die Welt zu einem besseren Ort mache. Der Gepriesene war schwer erkältet, konnte hinter dem Schniefen nicht die Rührung verbergen, als er sich bei seiner Frau Rita Wilson und dem Nachwuchs bedankte. „Ich habe fünf Kinder, die mutiger und stärker als ihr alter Vater sind.“

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Und der coolste Typ im Saal? Das war wieder mal Brad Pitt, geehrt als bester Nebendarsteller in „Once Upon a Time in Hollywood“. Er habe leider seine Mutter nicht mitbringen können, bemerkte Pitt süffisant. Denn ihm werde mit jeder Frau, neben der er stehe, eine Affäre unterstellt. Grinste und federte von der Bühne.

Nach gut drei Stunden waren die Golden Globes geradezu im Eilverfahren über die Bühne gebracht. Doch jetzt geht die Show erst richtig los: Nach den Globes ist vor den Oscars. Und die werden am 9. Februar vergeben.

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