Maren Eggert über Männer und Frauen: „Es bleibt ein Gerangel“
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Die Schauspielerin Maren Eggert.
© Quelle: picture alliance / NurPhoto
Auf der Bühne ist Maren Eggert am Deutschen Theater Berlin zu Hause. Das Fernsehpublikum kennt die 1974 in Hamburg geborene Schauspielerin als langjährige Polizeipsychologin Frieda Jung an der Seite von Axel Milberg im Kiel-„Tatort“. Im Kino war Eggert in „Das Experiment“ (2001), „Eltern“ (2013) oder „Ich war zu Hause, aber …“ (2019) zu sehen. Und nun macht sie mit „Ich bin dein Mensch“ Furore.
Frau Eggert, jetzt rollt Ihnen die Berlinale nach der reinen Onlineveranstaltung im März doch noch den roten Teppich für Ihren Silbernen Bären aus: Wird Ihr Hauptrollenpreis für „Ich bin dein Mensch“ erst durch das Sommerfestival zu einem richtigen Preis?
Das Publikum ist ganz wichtig, auch das reale Drumrum. Wir haben uns zwar daran gewöhnt, per Video zu kommunizieren, wir beide treffen uns ja jetzt auch gerade so. Es ist aber noch mal was ganz anderes, den Bären in die Hand gedrückt zu bekommen mit all den Leuten, die man dabeihaben möchte. Und dann noch open air auf der neuen Filmbühne auf der Museumsinsel, wo unser Film zum Teil gedreht wurde. Besser könnte es kaum passen.
Was bedeutet die Berlinale für Sie?
Vor zwei Jahren war ich erstmals mit Angela Schanelecs Film „Ich war zu Hause, aber …“ bei der Berlinale. Zuvor hatte ich Einladungen nach Cannes oder Locarno. Doch mit dem Schanelec-Film in Berlin fühlte es sich an, wie nach Hause zu kommen. Schließlich arbeite ich hier am Deutschen Theater. Also spätestens 2019 hat sich die Berlinale einen Platz in meinem Herzen erobert.
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Zum ersten Mal sind die Darstellerpreise nicht nach Männern und Frauen sortiert, sondern genderneutral: Heizt das die Konkurrenz zwischen den Geschlechtern zusätzlich an?
Meine Reaktion war: Gut, dass da etwas angestoßen wird. Die Berlinale reagiert auf eine aktuelle Diskussion. Aber dann ging auch gleich die Kritik los: Manche meinten, künftig würden nur noch Frauen den Preis kriegen, weil die Jury ihn keinem Mann mehr geben mag. Andere meinten, jetzt hätten die Frauen erst recht das Nachsehen, weil die Männer sich wieder nach vorn schieben würden. Egal, wie man es macht: Es bleibt ein Gerangel. Warten wir doch mal ab.
Ihr Film erzählt die Geschichte Girl meets Robotboy: Ist das nicht ein ziemlich konventionelles Konzept in einem Science-Fiction-Gewand?
In Maria Schraders Film steckt aber mehr. Stimmt, er fängt mit einer Boy-meets-Girl-Situation an und hat auch Romantic-Comedy-Elemente. Dann aber wird es philosophisch. Der Film beschäftigt sich mit der Überlegung, wie weit wir künstliche Intelligenz in unser Leben lassen wollen. Er fragt auch danach, was Einsamkeit ist und was Liebe – und wie beides in Verbindung steht.
Wenn das Gegenüber ein Roboter ist: Muss man dann anders spielen?
Das macht einen enormen Unterschied aus. Dan Stevens, also der Roboter Tom, hat das so perfekt hinbekommen, dass ich zwischendurch fragen wollte: Hallo, ist da noch ein Mensch? Dan durfte auf meine Figur Alma ja nicht so empathisch reagieren, wie das ein Mensch getan hätte. Alma und Tom sind wie zwei Parallelen im Universum, die sich vielleicht im Unendlichen treffen. Und genau darum ging es ja auch: Können zwei so unterschiedliche Wesen einander näherkommen?
Haben Sie durch den Film Ihr Verhältnis zu Robotern noch mal überdacht?
Kürzlich habe ich mir den Staubsaugerroboter von meiner Nachbarin ausgeliehen. Es hat mich richtig unruhig gemacht, als das Ding selbstständig im Nebenzimmer herumfuhr. Ich habe ihn schnell wieder zurückgebracht. Ich bin nun mal ein analoger Mensch. Meinen handgeschriebenen Kalender behalte ich.
Was glauben Sie: Welche Rolle werden Androiden künftig im Beziehungsleben von Menschen spielen?
So ein Szenario wie in unserem Film halte ich für wenig wahrscheinlich. Klar, es gibt Pflegeroboter und Roboterhaustiere. Offenbar entwickeln Menschen Bindungen zu diesen digitalen Helfern, sie können eine echte Unterstützung sein. Aber ich glaube nicht, dass wir künftig Roboter als Lebenspartner betrachten. Ich hoffe es jedenfalls nicht.
Ihre Alma kommt aber ins Zweifeln.
Ja, weil der Algorithmus des Roboters Tom so schnell lernt, was Alma braucht. Am Anfang schreckt Alma gerade die Perfektion Toms ab – ein Gegenüber, das mit unzähligen Informationen über sie gespeist ist. Aber dann lernt Tom, ihre Bedürfnisse zu registrieren. Diese Sensibilität macht ihn unwiderstehlich. Tom gelingt es, die Tür zu Almas Gefühlen zu öffnen. Aber so etwas können Menschen ja auch. Zum Glück. Für mich persönlich bleibt diese Konstellation ein Gedankenspiel, die zum Nachdenken anregt. Man kommt ins Grübeln: Warum verlieben wir uns? Das hat dann mehr mit Naturwissenschaft als mit Romantik zu tun.
Haben Sie manchmal das Gefühl, auf Leute zu treffen, die schon eine Beziehung mit einem Computer führen?
Na ja, Smartphones werden gezielt so gestaltet, dass sie Menschen in einen Abhängigkeitsmodus bringen. Deshalb geben die Dinger Belohnungstöne von sich. Das hat System. Deshalb halte ich mich aus Facebook und Co. auch raus. Ich will nicht Teil dieser virtuellen Welt sein, auch wenn ich weiß, dass ich dadurch manchmal etwas verpasse. Für viele jüngere Leute ist ein Leben mit Chats und Onlinespielen selbstverständlich. Mit diesem Thema werde ich mich mit meinen beiden Kindern auch bald auseinandersetzen müssen. Denn auch für mich ist ein Leben ohne Handy kaum mehr vorstellbar. Und wenn sich heute jemand verspätet und nicht sofort eine SMS schickt, gilt das schon als unhöflich.
Noch mal zu Ihrem Berlinale-Bären: Wäre der genderneutralste Preis – wenn sich der Begriff denn steigern ließe – der an einen Roboter gewesen?
Lustige Frage. Mhm. Genderneutral heißt ja nicht unbedingt ohne Geschlecht, oder? Verdient hätte Dan Stevens den Bären unbedingt. Aber jetzt freue ich mich erst mal, dass ich ihn bekomme.