Sebastian Bezzel: „Der ‚Bond‘ ist mir jetzt wurscht“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MWGZAM6UH5HIRJOLUTKCZTUXYY.jpg)
Sebastian Bezzel hofft auf baldige Kinoeröffnung.
© Quelle: picture alliance / Geisler-Fotop
Herr Bezzel, Ihre Filmfigur Franz Eberhofer sollte in diesen Tagen anstelle von James Bond das deutsche Kino retten, das nun wieder komplett zugesperrt ist: Wäre das nicht sowieso zu viel Verantwortung für Ihren Provinzpolizisten in Niederkaltenkirchen gewesen?
Bei diesem Slogan habe ich mich auch gleich gefragt: Wie viele Zuschauer brauchen wir denn wohl, um das deutsche Kino zu retten? Hoffentlich hat das niemand allzu ernst genommen. Grundsätzlich fand ich das aber großartig vom Kinoverleih Constantin. Die haben gesagt: Wenn der James-Bond-Film schon wieder und gleich bis ins kommende Jahr geschoben wird, muss eben der Franz Eberhofer was für die Kinobetreiber tun. Deshalb sollte „Kaiserschmarrndrama“ vorgezogen werden – und erstmals auch von Anfang an im kompletten Bundesgebiet starten. Aber nun ist mit dem Lockdown ja eh alles ganz anders gekommen.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Wie hätte der so sehr in sich ruhende Eberhofer wohl die jetzige Situation kommentiert?
Der Eberhofer würde nicht viel mehr als „Ja mei“ sagen. Der ist einfach so, wie er ist. Für ihn würde sich im Lockdown auch kaum was verändern. Eberhofer würde wie immer zu Hause in seinem sogenannten Saustall mit seiner Freundin Susi hocken. Sein Bier trinkt er dann abends mal nicht in Wolfis Kneipe, sondern bei sich auf dem Hof. Der Eberhofer wäre ganz gelassen. Kann er auch sein: Er ist ja Beamter.
Ist Eberhofer ein überzeugter Maskenträger?
Überzeugt nicht, aber mei, das macht er dann mal. Klar trägt der seine Maske. Der ist weit weg von einem Verschwörungstheoretiker. Er würde es wohl so sehen wie sein Darsteller Sebastian Bezzel auch: Es ist ja nichts Schlimmes dabei. In meinen Bürgerrechten werde ich durch die Maske auch nicht beschnitten. Eberhofers Gelassenheit wäre jetzt aber genau das Richtige – wie so oft im Leben, nicht nur bei Corona. Der hierzulande weit verbreitete Ehrgeiz ist ja nichts Schlechtes, aber gesellschaftlich würden uns ein paar mehr Eberhofers guttun.
Können Sie die Schließung der Kinos zum jetzigen Zeitpunkt nachvollziehen?
Ich finde das wahnsinnig schade. So etwas muss man sich genau überlegen. Wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis. Ich kenne durch meinen Beruf viele Leute im Kinogeschäft und auch viele private Theaterbetreiber. Bei denen geht es jetzt um die Existenz. So eine Schließung muss die Ultima Ratio sein. Es wäre so wichtig gewesen, die Kinos und auch die Theater irgendwie offen zu halten, die in den vergangenen Monaten mit so viel Mühe und Akribie Hygienekonzepte entwickelt haben.
Und war der Lockdown jetzt das letzte Mittel?
Das müssen Sie die Experten fragen. Es ist jedenfalls genau das eingetroffen, was so viele im Sommer prophezeit haben: Der Winter mit Corona wird schlimm. Mir ging das auch nach dem ersten Lockdown ein bisschen zu schnell, als sich viele in falscher Sicherheit wähnten. Da sind viele Fehler gemacht worden – sowohl in den Regierungen, die sich ja aber nun auch nicht an einem Präzedenzfall orientieren konnten, als auch von den Menschen. Manche haben den Schuss nicht gehört. In einer Autobahnraststätte habe ich kürzlich einen Mann ohne Maske erlebt, der sich so provokativ verhalten hat, dass ich lieber rausgegangen bin. Keine Ahnung, ob es da noch zu einer Schlägerei kam. Für so ein Verhalten habe ich gar kein Verständnis.
Kann es sein, dass das Kino in diesem Land keine echte Lobby hat?
Die ganze Kultur scheint keine besonders große Lobby zu haben. Sie wird mir nicht genug verteidigt. Wer es bis jetzt noch nicht wusste, weiß es jetzt: Die Kultur braucht dringend mehr Unterstützung.
Befürchten Sie, dass die Leute sich daran gewöhnen könnten, nicht mehr ins Theater oder ins Kino zu gehen?
Das Theater ist krisensicher, weil es immer in der Krise steckt – und letztlich lässt sich das Liveerlebnis auf der Bühne durch nichts ersetzen. Beim Kino ist die Technik mit Beamer und Sound inzwischen so gut, dass viele auf dem Sofa hocken bleiben. Das aber ist gefährlich und auch dumm. Es könnte eine Kultur verloren gehen, denn ein Film auf einer großen Leinwand ist etwas ganz anderes. Ja, ich mache mir große Sorgen.
Haben Sie sich in den vergangenen Monaten im Kino gut aufgehoben gefühlt?
Ich habe mich sicher gefühlt – mit den nötigen Abständen zwischen den Zuschauern, mit Maske, mit effektiven Lüftungsanlagen. Mich hat es richtig wütend gemacht zu sehen, wie der Profifußball im ersten Lockdown schon wieder Zuschauer ins Stadion zu gänzlich sinnlosen Spielen holte, um die Gelddruckmaschine am Laufen zu halten – oder auch, wie die Lufthansa ihre Mittelplätze im Flugzeug besetzen durfte, weil die angeblich sicher sind. Und die Kinos sind nicht sicher? Klar, Lufthansa und Fußball müssen auch gerettet werden, aber es gibt auch noch was anderes. Es scheint sich da eine regelrechte Zweiklassengesellschaft aufzutun.
Wie war die Stimmung im Kollegenkreis, bevor der neue Lockdown am Horizont aufzog?
Ich komme gerade vom Dreh einer Kinokomödie mit Milan Peschel und Johanna Wokalek. Beim Film gab es jedenfalls bislang eine Aufbruchsstimmung. Klar, man wurde am Set dauernd getestet, täglich wurde Fieber gemessen. Man befand sich in einer Quasiquarantäne – auch wenn es keine absolute Sicherheit gab. Aber alle waren glücklich, dass es wieder losging. Von Herzen leid tun mir die Schauspieler an kleinen Theatern. Denen geht es richtig mies, denn die kriegen anders als die Staatstheater kein Geld.
Sie sind in noch einem weiteren urbayerischen Kinowerk dabei, in „Boandlkramer und die ewige Liebe“, dem letzten Film des im Februar gestorbenen Regisseurs Joseph Vilsmaier. Geplanter Kinostart: kurz vor Weihnachten. Glauben Sie daran?
Ich lasse alles auf mich zukommen und will mich nicht verrückt machen. Und da ist es mir jetzt auch wurscht, wann der „James Bond“ startet oder welcher Blockbuster noch ins nächste Jahr gehievt wird. Ich will, dass der Franz Eberhofer ins Kino kommt und seine Fans erfreut.