„The Orville" und mehr DVD-Tipps
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Hannover. Am Strand. Ein junges Paar unterwegs am Hochzeitstag in die Flitterwochen. Er ist ein verliebter Heißsporn, sie ein scheinbar rundum glückliches Mädchen. Aber nun, im Hotel, soll es endlich losgehen mit dem richtigen Küssen und dem Mysterium Sex. Er hat viel zu lang gewartet, sie würde gern noch viel länger warten.
Das Vorhaben ist groß und angstbesetzt –er fürchtet, zu ungestüm zu sein, ihr ist die Körperlichkeit generell ein Greuel. Aus der Befangenheit erwächst ein Ungeheuer, die unbedingte Verliebtheit wird von Missverständnissen entehrt. Sie will vor dem ersten Petting die Namen seiner Ex-Geliebten wissen, er wird laut, kommt zu früh, alles geht schief und die Liebe wird zu Scham und Zorn, löst sich unter Enttäuschung und Vorwurf im Nu in Nichts auf.
Ian McEwan hat die Romanvorlage für dieses minutiös sezierte Scheitern geschrieben, das in einer dramatischen Entzweiung am Strand gipfelt. Saoirse Ronan und Billy Howle sind sehens-und bedauernswert als Florence und Edward. In vielen Rückblicken zeigt Regisseur Dominic Cooke ihr Leben bis zu diesem tragischen Punkt auf und ganz nebenbei – der Zuschauer muss aufpassen - deckt er ein Geheimnis in der Kindheit von Florence auf, das ihre selbst für das Jahr 1962 ungewöhnliche Prüderie erklärt.
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Am Strand
© Quelle: Prokino/Eurovideo
Das Geheimnis von Marrowbone. "Jack, der Geist ist wieder da", ruft der kleine Sam. Und dann flüchten sich die vier Marrowbone-Kinder in ihre "Festung" aus Decken, Kissen und Tüchern, in der sie den Plattenspieler laut aufdrehen. Alle Spiegel im Haus sind zerbrochen und abgehängt, und der Zuschauer weiß nicht, was sich in dem unheimlichen Bauwerk während des vergangenen halben Jahres ereignet hat, seitdem die Mutter starb, und ihren Kindern aufgetragen hat, sie heimlich im Garten zu begraben.
Stillschweigen sollen sie über ihren Tod bewahren, bis Jack (George MacKay), 21 Jahre wird und damit alt genug ist, um die Fürsorge für seine Geschwister Jane (Mia Goth), Billy (Charlie Heaton) und Sam (Matthew Stagg) übernehmen zu können. Die Behörden würden sie sonst trennen. Es gibt in diesem Film noch das Geheimnis einer Schatulle mit englischen Pfund. Und das eines gewalttätigen Vaters, vor dem die Familie nach Amerika flüchtete – in das Elternhaus der Mutter, in dem nun etwas Böses umgeht.
Der spanische Regisseur Sergio G. Sánchez, Drehbuchautor von „Das Waisenhaus“, holt das Grauen aus der Nacht, aus den dunklen Ecken, stellt es in den helllichten Tag, lässt es von Sonne umfluten, und, siehe da, sein Schrecken ist unvermindert. Neben „A Quiet Place“ und „Hereditary“ ist dieser Film, der in Deutschland nie ins Kinokam, mit seinen gemäldehaft melancholischen Bildern, das dritte originelle Horrordrama des Jahres.
Sánchez weiß, das die Meisterschaft im Erschaffen eines Gruselfilms nicht nur von der Inszenierung des Bösen her rührt, sondern auch von der reichhaltigen Ausstattung der Figuren, die mehr sein müssen als Handlungsvorantreiber.
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Das Geheimnis von Marrowbone
© Quelle: Universum
Das etruskische Lächeln. 1764 wars, da hatte eine MacNeil in Vallassay auf der schottischen Isle of Lewis ihre Verlobung mit einem Campbell gelöst. Woraufhin die Campbells das männliche Vieh der MacNeils auf der Weide kastrierten. Beginn einer Fehde, die bis heute andauert. Im Pub wünschen der alte Campbell und der alte MacNeil einander ein möglichst baldiges Ableben und sind auch mal schnell mit dem Messer zur Hand, die Sache zu beschleunigen. Leberzirrhose frisst an dem einen, ein böser Rückenschmerz an dem anderen. Wer zuerst stirbt, hat verloren.
Brian Cox ist jener Rory MacNeil - ein Schotte in Barbourjacke, bärtig, brummig und von Bärengestalt. Einsam lebt der Witwer in einem Haus am Meer, und beschließt eines Tages, sich mit Sohn Ian (JJ Feild), einem gefeierten Molekularkoch, auszusöhnen – kein einfacher Weg für einen, dem eher ein „Stirb!“ als ein „Es tut mir leid!“ über die Lippen kommt. So schickt uns das israelische Regieduo Oded Binnun und Mihal Brezis in seinem ersten abendfüllenden Film auf die letzte Reise eines Griesgrams, der – im üblichen Verlauf solcher Feelgood-Tragödien von komisch zu tragisch – sein Herz und Gemüt wiederfindet.
José Luis Sampedros Roman „Das etruskische Lächeln“ wurde von Italien nach Schottland und in die USA verlegt. Der Wechsel von verwitterten hebridischen Bruchsteinmauern in die Metropole aus Glas und Licht ist noch krasser als der zwischen kalabrischem Dorf und dem kühlen Mailand. Der Handlungsverlauf ist ohne Überraschungen, die Sympathien sind schnell vergeben – der ehrliche, handfeste Schotte ist allen amerikanischen Verstellungskünstlern natürlich überlegen.
Wie leicht hätte das falsch und kitschig geraten können. Aber Cox macht Rorys Erwachen glaubwürdig und rührt den Zuschauer am Ende zu Tränen. „Ich konnte es nicht erwarten, einen Mann aus dir zu machen, wie ich einer war“, gesteht er seinem Sohn Ian. „Ich konnte nicht warten zu sehen, welcher Mann du sein würdest.“ Zahllose Söhne auf der Welt dürften sich von diesen Worten angesprochen fühlen. Vielleicht gelingt es ihnen, sich ihre Väter mit einem Lächeln vorzustellen.
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Das etruskische Lächeln
© Quelle: Constantin
Transit. "Für die Exilanten wird die Zeit angehalten und dreht sich nicht mehr weiter", sagte Regisseur Christian Petzold dem Portal "goethe.de" über seinen jüngsten Film "Transit". "Die Vergangenheit, die sie haben, interessiert niemanden. Eine Zukunft haben sie nicht, sie leben nur im Jetzt. Und das Jetzt nimmt sie nicht auf", so Petzold. Eine Gespenstergeschichte vom Meister der mit der wirklichen Wirklichkeit verwobenen Gespenstergeschichten wie "Gespenster" oder "Yella".
Die Flüchtlingsgeschichte „Transit“ von Anna Seghers über die Zeit der deutschen Besatzung Frankreichs hat Petzold zu einer Geschichte der heutigen, aus den Fugen geratenden Zeit gemacht. Sowohl die Flüchtlingskrise als auch der bedrohlich wirkende Rechtsdrall Europas, der Schulterschluss vermeintlich bürgerlich-demokratischer Politiker mit Neonazis, finden sich in Petzolds Adaption seines Lieblingsromans wieder.
Ein junger Mann (Franz Rogowski) gibt sich in Frankreich auf der Flucht vor den Deutschen als toter Schriftsteller Weidel aus, der in einem Pariser Hotel Selbstmord begangen hat, um eine Aufenthaltserlaubnis für Mexiko zu bekommen. Das Zeitfenster schließt sich, die Übernahme Marseilles durch die Deutschen steht unmittelbar bevor, er freundet sich mit Weidels Frau (Paula Beer) an, ohne ihr die Wahrheit über ihren Mann und seinen Identitätswechsel zu gestehen.
In den gut anderthalb Stunden seines packenden Dramas schafft Petzold es sowohl, ein Gefühl für die aktuelle Europakrise und die Gefährdung der Demokratie zu schaffen als auch –anhand der Motive und Ängste seiner Figuren –den Zuschauer in die Situation der Flüchtlinge hineinzuversetzen, die sonst nur eine dunkle Wolke am Rande seines Gewissens sind. Schade nur, dass der Film an den Massen vorübergehen wird, die sich lieber die neueste „Star Wars“-Episode zulegen, sich mit Helden wie Han Solo identifizieren und –im schlimmsten Fall – an der Urne dann die dunkle Seite der Macht wählen.
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Transit
© Quelle: Good Movies!
Papillon. Degas, der Urkundenfälscher (Dustin Hoffman), und Papillon, der wegen Mordes Verurteilte (Steve McQueen), werden im Straflager in Französisch-Guayana Anfang der Dreißigerjahre ein Häftlingsgespann. Der unbeugsame "Papi" mit der Neigung zur Flucht steht dem schmächtigen Kopfmensch Degas bei, ist seine Versicherung gegen rabiate Mithäftlinge und rachsüchtige Wärter und geht für ihn sogar in eine zermürbende Einzelhaft.
In aller Dramatik zeigt Regisseur Franklin D. Schaffner („Planet der Affen“) in dem Gefängnisfilmklassiker von 1973 die Unmenschlichkeit des kolonialen Haftsystems, die Entmenschung der Gefangenen, das stumpfe Vegetieren in Einzelhaft, wo man – auf halbe Ration gesetzt - Tausendfüßler und Kakerlaken isst und ob der Einsamkeit in den Wahnsinn fällt.
Der Film nach dem Roman von Henri Charrière ist ein für seine Entstehungszeit aufwändiges Actionspektakel, das noch heute über Gebühr unterhält und dem Remake von 2018 allemal vorzuziehen ist. Die letzte von Steve McQueens überragenden Rollen.
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Papillon
© Quelle: Warner
The Orville –Staffel 1. Ed Mercer (Seth MacFarlane) kriegt ein Raumschiffkommando, als schon niemand mehr daran glaubte. Das hatte sein Selbstbewusstsein auch dringend nötig, zuletzt hatte seine Ehefrau Kelly (Adrianne Palicki) ihn mit einem blauhäutigen Alien betrogen, das warf ihn aus der Umlaufbahn. Jetzt scheint alles paletti, da kommt Kelly als einzig verfügbare Erste Offizierin an Bord, und fortan droht das Sozialleben an Bord des Forschungsschiffs Orville von den Querelen der Ex-Eheleute bestimmt zu werden.
MacFarlanes Sci-Fi-Serie „The Orville“, von Fox als Drama angekündigt, ist in Wahrheit eine liebevolle, ausreichend vergnügliche Parodie auf die alten „Star Trek“-Serien mit Captain Kirk und Captain Picard. Bis hin zu den bunten Uniformen und den gewollt rückständigen Trickeffekten wird Gene Roddenberrys Föderationsvision von „Family Guy“-Autor MacFarlane durch den Kakao gezogen.
Der Planet Epsilon 2 sieht dabei recht irdisch aus, das Raumschiff Orville hat Laminat-artige Wandverkleidungen, Kantinenmöbel mit Umleimer, und die Verleimungen werden mit futuristisch aussehenden Klebepistolen eines Science-Fiction-Heimwerkermarktes erledigt – Improvisationen, die an das zeitgleich zur Enterprise gestartete deutsche Raumschiff Orion erinnern.
Der Zuschauer erlebt knuffige Dreiviertelstunden vorm Fernseher und freut sich festzustellen, dass die Serie mit den fortschreitenden Folgen wächst: Trekkies mit Selbstironie kommen zu dem Schluss: Besser als das „(T)raumschiff Surprise“,nicht ganz so gut wie „Galaxy Quest“.
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The Orville –Staffel 1
© Quelle: Fox
Brawl in Cell Block 99. Vince Vaughn ist Bradley Thomas, ein Familienmensch der etwas ungewöhnlichen Art. Nach dem Trauma einer Totgeburt und der darauf folgenden schweren Entfremdung zwischen ihm und seiner Frau Lauren (Jennifer Carpenter aus "Dexter"), versuchen die beiden es statt mit Trennung überraschenderweise noch einmal mit Familiengründung.
Finanziert wird das gemeinsame Wohlergehen leider durch den nicht sonderlich zukunftsträchtigen Job des Drogenkuriers. Einer der Aufträge geht schief, Bradley landet für sieben Jahre im Gefängnis. Der durch den Fehlschlag schwer geschädigte Mobster, ebenfalls einsitzend, lässt die hochschwangere Lauren entführen und droht ihr mit einer besonders ausgefallenen und widerwärtigen Tortur, sollte Bradley nicht einen im Hochsicherheitstrakt eines gefürchteten Zuchthauses einsitzenden Häftling aus dem Weg räumen.
Regisseur S. Craig Zahler liefert mit dem Nachfolger seines aufsehenerregenden Horrorwesterns „Bone Tomahawk“ eine beinharte und gelegentlich ziemlich sonderbare Variante der „Ein Mann geht seinen Weg“-Geschichte. Der glatzköpfige Vaughn wird in seiner Unbeugsamkeit, alles gut ausgehen zu lassen für Frau und Kind, von einer ähnlichen Melancholie umweht wie einst Bruce Willis in seinen besten Filmen. In überaus interessanten Nebenrollen: Udo Kier und Don „Miami Vice“ Johnson.
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Brawl in Cell Block 99
© Quelle: Universum
Tully. Marlo träumt nachts von der Freiheit, von einer Meerjungfrau in einem unendlich großen und stillen Ozean. Das dritte Baby ist im Anmarsch, der kleine Sohn Jonah ist ein schwieriger Junge, das Leben fühlt sich an wie ein Hamsterrad. Frank, der besser situierte Bruder, drängt ihr eine "Night Nanny" auf, spendiert ihr Freizeit, die sie für die anderen Kinder und vor allem für sich selbst braucht: "Ich will meine Schwester zurück", sagt er, "Seit ein paar Jahren fühlt es sich an, als hätte man ein Licht ausgeknipst."
Der fabelhafte Regisseur Jason Reitman und die fabelhafte Drehbuchautorin Diablo Cody (beide haben „Juno“ gemacht) erzählen in „Tully“ die Geschichte der häuslichen Überforderung einer Frau, die nicht mehr existent ist, während ihr eher im Grunde gutmütiger Vollzeitegoist von Ehemann (Ben Livingston) sich weitgehend vergeblich im Beruf zu verwirklichen sucht, seine Beteiligung am Familienleben auf die Rollen des Schlauschnackers und des Unschuldslamms reduziert und seine sexfreie Freizeit weitgehend mit Computerspielen verbringt.
Die fabelhafte Charlize Theron spielt eine Frau am Rande des Zusammenbruchs und die bezaubernde Mackenzie Davies spielt Tully, die toll ist, sanft, klug, aufgeschlossen, wie lebender Balsam, und die sich nächtens außer um das Baby auch noch um die Wohnung kümmert: „Ich bin wie Saudi-Arabien, ich habe einen Energieüberschuss“. Jeder Zuschauer, der zum hundertsten Mal durch einen Barfusstritt auf Legonoppen schmerzhaft aus der Übermüdung aufschreckte und sich fragte, wie er eigentlich an diese Müdigkeit und innere Leere kam, wird diesen Film und Therons umwerfenden Auftritt mit einem wohlwollenden Nicken begleiten.
„Tully“ ist weit mehr als eine Variante von „Mary Poppins“, ein Film aus den Traumfabriken, der mal nicht das falsche, hintertriebene Liedchen singt, das Mutterschaft eine goldfarbene Glückssprudel ist, sondern harte Arbeit ohne Belohnung. Und der von Marlos „Erwachen“ erzählt - bis hin zu der überraschenden Auflösung. Ein Film, der trotzdem ein Märchen ist und der uns Wahrheiten sagt, wo uns die meisten anderen mit unseren eigenen Selbstbelügungen belügen. Dass im Hintergrund „Money Changes Everything“ von Cindy Lauper läuft, ist eine dieser Wahrheiten.
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Tully
© Quelle: Universum
Peter Hase. In Peter Hase sprechen die Hasen und klettern auf Bäume. Alles nie gesehen, nie gehört wie es sich gehört für einen Animationsfilm, der kleine Zuschauer in großes Staunen versetzen soll. Besser für einen Semi-Animationsfilm, denn es spielen auch Schauspieler wie Sam Neill mit, der als griesgrämiger Gemüsegärter Mr. McGregor kaum zu erkennen ist hinter seinem grabesgrauen Vollbart. Oder Rose Byrne als hasenliebende Künstlerin Bea, Mutterersatz für den Tomatendieb Peter Hase und seine bei seinen Gemüseraubzügen Schmiere stehenden Geschwister.
Eines Tages erliegt McGregor einem Herzinfarkt, woraufhin die Hasen Garten und Haus in Beschlag nehmen und mit den anderen Tieren aus Feld und Flur orgiastisch über die Stränge schlagen. Bis der penible und ehrgeizige Großneffe des Toten eintrifft (Domhnall Gleeson), der das Anwesen verkaufen will, um seine Träume vom eigenen Spielzeugladen zu verwirklichen,sich aber alsbald in Bea verliebt.
Der Film nach den Kinderbüchern von Beatrix Potter verlegt die gemütlichen Muckelmärchen ins 21. Jahrhundert, ist quicklebendig und voller Temperament, entbehrt aber der liebenswerten Schrulligkeit, die Kinder in Potters fabelhafte Geschichten abtauchen ließ. Held Peter kommt lange Zeit viel zu aufschneiderisch und aggressiv rüber, wird erst nach seinem Charaktererwachen ein Identifikationsangebot für die jüngsten Zuschauer.
Die Art und Weise, wie die englische Fauna ein Haus in Chaos und Party versinken lässt, dürfte dagegen nur dem erwachsenen Publikum sauer aufstoßen. Und höchst vergnüglich sind die kleinen Sidekicks mit ihren Marotten: Der an Scheinwerferlähmung leidende Hirsch etwa oder der Hahn, der jeden Abend glaubt, die Sonne gehe zum letzten Mal unter.
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Peter Hase
© Quelle: Sony
Luis und die Aliens. Man ist halt einfach Besseres gewohnt. Die Animationen von "Luis und die Aliens" animieren nicht wirklich zum Zugucken. Die menschlichen Figuren sehen nach Plastikpüppchen aus, ihre Bewegungen wirken nicht natürlich, ihre Dialoge klingen aufgesetzt und hysterisch und sind nur selten witzig.
Der Film kommt aus Deutschland, Dänemark und Luxemburg, spielt aber wegen der besseren internationalen Vermarktungschancen in Amerika, nicht zuletzt auch, weil Außerirdische im Kino quasi ausschließlich in den USA landen. Dort lebt der Junge Luis im verkommensten Häuschen der Vorstadt. Sein Vater ist ein reichlich durchgeknallter Alienforscher, der sich um Haushalt und Renovierungsmaßnahmen ebensowenig kümmert wie um die Erziehung seines Sohnes.
Gerade als sich die Nachbarschaft gegen ihn zusammenrottet, nähert sich ein außerirdisches Kreuzfahrtschiff der Erde und drei vorwitzige Aliens unternehmen einen Tagestrip zur Erde. Natürlich werden sie Freunde von Luis, natürlich wächst der Junge an der neuen Verantwortung und natürlich ist er am Ende nicht mehr der Außenseiter, den die Leitung seiner Schule in eine Anstalt für schwer erziehbare Kinder abschieben möchte.
Mit der Ankunft der gemüseartigen Fremdlinge ändert sich alles, kommt sogar etwas Schwung in den Film. Unter anderem erfahren wir endlich, was die rätselhaften Kornkreise wirklich bedeuten.
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Luis und die Aliens
© Quelle: Eurovideo
Fahrenheit 451. Der französische Regiemeister Francois Truffaut verfilmte Ray Bradburys Roman 1966 schon einmal. Der charismatische österreichische Schauspieler Oskar Werner spielte damals den Feuerwehrmann Montag, der in Zweifel geriet über die staatlich angeordneten Bücherverbrennungen und sich den Rebellen zugeneigt fühlte, die Bücher auswendig lernten, um sie in sich zu bewahren.
Jetzt hat der amerikanische Regisseur Ramin Bahrani den Science-Fiction-Klassiker mit Michael B. Jordan (Montag) und Michael Shannon (die perfekte Besetzung für fanatische Schergen einer Diktatur) neu verfilmt, hat Bradburys Geschichte mit einigen neuen Zutaten in unsere Gegenwart verlegt, und das Ergebnis ist zumindest optisch leider nur durchwachsen.
Der Film aus der TV-Schmiede HBO wirkt, als sei die oberste Maßgabe gewesen, Budget einzusparen (vielleicht um es zu „Westworld“ rüberzuschieben) wodurch die Zukunft nach Bahrani streckenweise wie eine Billigversion von Ridley Scotts „Blade Runner“ wirkt. Dabei erzählt er Bradburys von den Bücherverbrennungen der Nazis inspirierte Geschichte genau zur richtigen Zeit neu, der Zeit von Fake News und Evangelikalen, die die Geschichte von der Entstehung der Welt wieder auf das Wissen alttestamentarischer Zeiten zurückdrehen und die Erkenntnisse der Evolutionstheorie als Lügen diskreditieren und aus dem Wissensschatz der Menschheit eliminieren möchten.
Und das Erwachen Montags, die Erkenntnis, in einer Orwellschen „Lüge ist Wahrheit“-Welt zu leben, wird von Jordan („Black Panther“) glaubwürdig gespielt. Die zweite Hälfte des Films ist dann ein durchaus packender Wettlauf um die Rettung des geschriebenen Worts, nach dem man das Bedürfnis hat, mal kurz mit seinen Fingern über die Buchregale zu streichen. Bei der nächsten Verfilmung müssen dann allerdings faschistoide Müllmänner E-Books schreddern.
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Fahrenheit 451
© Quelle: HBO/Warner
Von Matthias Halbig