Töne wie Seide: Sopranistin Montserrat Caballé ist tot
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Die spanische Sopranistin Montserrat Caballe gibt auf einer Bühne am Kulturpalast in Sofia ein Konzert. Am Sonnabend ist sie im Alter von 85 Jahren gestorben.
© Quelle: Antonov/EPA/dpa
Barcelona. Die Karriere von Montserrat Caballé ist die musikalische Variante der amerikanischen Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Legende: Am 19. April 1965 sprang die bis dahin kaum bekannte Sängerin kurzfristig bei einer New Yorker Aufführung von Donizettis Oper „Lucrezia Borgia“ ein – und war mit dem Fallen des Vorhangs ein Weltstar. Die Sopranistin, die kurz zuvor noch zum Ensemble des Bremer Stadttheaters gehört hatte, sang plötzlich auf den größten Bühnen der Welt und nahm massenweise Schallplatten auf. Ihr feiner, technisch ausgereifter Sopran wurde so eine prägende Stimme des Klassikbooms in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Nun ist die Sängerin, die 1933 in Barcelona zur Welt kam, in ihrer Geburtsstadt gestorben. Sie wurde 85 Jahre alt.
Die ungeheuere Wirkung, die Caballé bei ihren wichtigen Auftritten erreichen konnte, ging vor allem von ihrer vollendeten Gesangstechnik aus. Die Sopranistin ist bis heute berühmt für einzelne Töne: Selbst die sonst nüchterne Deutsche Presse-Agentur kann sich nicht enthalten, in ihrem Nachruf von einer besonders lange ausgehaltenen Schlussnote bei einer „Don Carlo“-Aufführung in Verona zu berichten. Vor allem faszinierte die Sängerin aber mit leisen Tönen, mit scheinbar mühelos angesetzten Noten in höchster Höhe, etwa beim berühmten hohen C in der Nil-Arie aus Verdis „Aida“. Caballé konnte selbst solche Spitzentöne, die viele Kolleginnen höchstens mit Mühe produzierten, weich und süß ins Nichts verhauchen lassen. Ihre Stimme wirkte wie ein Seidentuch, das körperlos und sanft auf die Zuhörer herabzuschweben schien.
Die technischen Fähigkeiten der Caballé riefen allerdings früh auch Kritik hervor: Statt in der Oper Charaktere darzustellen, produziere sie nur Töne, lautete ein gängiger Vorwurf. Sicher ist, dass die Sopranistin nicht in all den Partien glänzen konnte, die sie aufgrund ihrer enormen Popularität sang und aufnahm: Es gibt kaum eine Oper im gängigen Repertoire, die Caballé nicht auf Schallplatte eingespielt hätte. Im Sommer 1973, so berichtet es der britische Musikkritiker Andrew Porter, war die Sopranistin auf der Höhe ihres Ruhms gleichzeitig an vier Gesamtproduktionen von Opern für drei große Plattenfirmen beteiligt. Dass dabei die Qualität leiden musste, liegt auf der Hand. Am stärksten war die Caballé sicher in dem Repertoire, das vor allem die Schönheit der Stimme zu feiern suchte: im Belcanto-Stil von Donizetti oder Rossini.
„Barcelona“ machte sie weltberühmt
Auch nach ihrer großen Opernzeit blieb die Sopranistin auf den Bühnen präsent. 1987 sang sie „Barcelona“ im Duett mit Queen-Frontmann Freddie Mercury – das Stück wurde als Hymne der Olympischen Sommerspiele 1992 in der katalanischen Stadt zum Welthit. Bis zuletzt trat sie mit ihrer Tochter Montserrat Martí auf – der Rahmen dieser Auftritte wurde allerdings immer kleiner. Sich im Ruhm vergangener Zeiten zu sonnen, hat der bodenständigen Sängerin aber ohnehin nie gelegen: „Mich als eine Diva zu betrachten, ist absurd“, hat sie einmal gesagt. „Ich versuche, einfach nur, meine Arbeit gut wie möglich zu machen.“
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Von RND/dpa