125 Jahre Victorinox

Kompaktes Universalgenie: Das „Swiss Army Knife“ feiert Jubiläum

Die 125-Jahre-Jubiläumsedition von Victorinox ist eine Replika des ersten Messers von 1897.

Die 125-Jahre-Jubiläumsedition von Victorinox ist eine Replika des ersten Messers von 1897.

Als der kanadische Astronaut Chris Hadfield und sein Kommandant mit der Raumfähre „Atlantis“ die Weltraumstation Mir erreichten, bekamen sie ein Problem. Die beiden konnten die Luke nicht öffnen, durch die sie in die Station gelangen sollten. Die Tür war zu fest verschlossen. „Wir brachen in die Mir ein, indem wir ein Schweizer Taschenmesser benutzten“, erinnerte sich Hadfield später. Dann gab er noch einen Tipp zum Schweizer Taschenmesser: „Verlasse den Planeten nie ohne eines.“ Selbstredend gehört das Schweizer Taschenmesser inzwischen zur Ausrüstung für Astronauten der US-amerikanischen Raumfahrtagentur Nasa.

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Die schwindelerregende Anekdote vom November 1995 gehört zu den vielen schillernden Erzählungen, die sich um das Schweizer Taschenmesser ranken. Das kleine Instrument genießt nicht nur bei Astronauten Kultstatus, sondern auch bei Millionen anderer Menschen rund um den Globus. Nur wenige andere Produkte können es in puncto Bekanntheit, Unverwechselbarkeit, Nützlichkeit und Multifunktionalität mit dem „Swiss Army Knife“ aufnehmen. Das Klappgerät schaffte es sogar in etliche Museen, etwa das New Yorker Museum of Modern Art. Das Image des präzisionsvernarrten Schweizers, der immer perfekte Arbeit abliefern will, entstand wohl auch durch die Entwicklung dieses Alltagshelfers.

Mit Messer zur Mir: Astronaut Chris Hadfield.

Mit Messer zur Mir: Astronaut Chris Hadfield.

In diesem Monat hat das helvetische Kleinod mit Kultstatus 125. Geburtstag. Am 12. Juni 1897 ließ der Schweizer Karl Elsener sein „Offiziers- und Sportmesser“ gesetzlich schützen. Das elegante Werkzeug, eigens für das Führungspersonal der Schweizer Armee konstruiert, war sogar mit einem Korkenzieher ausgestattet. Der Genuss eines edlen Tropfens sollte den Offizieren sowohl in der Kaserne als auch auf dem Feld nicht verwehrt sein. Inzwischen statten auch andere Armeen ihre Soldaten mit Schweizer Messern aus. Bei den Schweizer Streitkräften gibt es übrigens kein „Offiziersmesser“ mehr. Stattdessen erhalten alle Uniformierten dasselbe Modell.

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Die Erfindung bescherte dem Messerschmied Elsener aus Ibach im Kanton Schwyz internationalen Ruhm und ein florierendes Unternehmen: Victorinox, das seine Familie noch heute leitet – in vierter Generation. Die drei Nachfolger Karl Elseners hießen und heißen Carl Elsener. Für den Konzern arbeiten weltweit derzeit 2100 Angestellte.

Jeden Tag fertigt Victorinox rund 45.000 Taschenmesser und Taschenwerkzeuge – damit stehen die Eidgenossen bei dieser Produktsparte im Weltmarkt oben. Anfang März aber fiel ein großer Kundenstamm weg: Victorinox zog sich aus Protest gegen den Krieg in der Ukraine aus Russland zurück, wie viele andere Schweizer Unternehmen auch.

Im Victorinox-Sortiment finden sich auch Haushalts- und Berufsmesser, Uhren, Reisegepäck und Parfüms. Doch der Kern des Victorinox-Geschäfts, das pro Jahr rund 400 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, bleiben die Schneidewerkzeuge. Die Grundfunktionen der Messer sind allgemein bekannt. Unternehmenssprecherin Claudia Mader-Adams zählt sie dennoch auf: „Klinge, Dosenöffner, Kapselheber, Schraubendreher, Korkenzieher, Pinzette und Zahnstocher.“

Auch bieten die handlichen Geräte eine Holzsäge, Schere und Imbusschlüssel. Mader-Adams verweist auf die vielfältige praktische Einsatzweise des Messers: „Zum Beispiel können Sie damit einen Draht abisolieren. Wollen Sie es dabei sehr genau nehmen, unterstützt sie die integrierte Lupe.“

Das Model „Swiss Champ“ vereint insgesamt 33 Funktionen. Es besteht aus 64 Einzelteilen, durchläuft bei seiner Fertigung 450 Arbeitsschritte. Welches Modell ein Arzt auf einem Inlandflug in Indien bei einer Notoperation benutzte, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Fakt ist jedoch, dass er nur mithilfe eines Klappmessers das Leben eines Kindes retten konnte. Das hatte ein Bonbon verschluckt und drohte daran zu ersticken. Zwar war medizinisches Operationsbesteck an Bord, aber nicht das richtige. Der Arzt erhielt von einem Passagier ein Taschenmesser. Damit führte er einen Luftröhrenschnitt durch. Das Kind überlebte.

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Victorinox

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Die Geschichte des Schweizer Taschenmessers begann bereits 1884. Elsener gründete eine Werkstatt für Messerschmiede in Ibach, wo die Firma noch immer ihren Sitz hat. Seine Mutter Victoria unterstützte ihn mit Hingabe. Ihr zu Ehren wählte Elsener Victoria als Markennamen und ließ auch das Emblem mit Kreuz und Schild gesetzlich schützen. Heute ist es in mehr als 120 Ländern als Markenzeichen eingetragen. Die Erfindung des rostfreien Stahls, Inox, im Jahr 1921 war für die Messerschmiede ein Quantensprung.

„Victoria“ und „Inox“ verschmolzen schließlich zum Markennamen Victorinox. In Ibach wurde 1931 die erste vollelektrische Härterei der Welt eingerichtet. Damit konnte eine gleichbleibend hohe Qualität sämtlicher Messer sichergestellt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Taschenmesser aus dem Alpenland vor allem bei den US‑Soldaten, die in Europa stationiert waren, ein beliebtes Souvenir. So wurde es schließlich auch in den USA bekannt. In der Folge expandierte Victorinox global.

Ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte folgte 2005: Die Elseners übernahmen den einstigen Schweizer Rivalen Wenger. Die Messerschmiede aus Delsberg im Kanton Jura blieb bis 2013 eine selbstständige Marke von Victorinox. Seitdem stammen alle Soldatenmesser der Schweizer Armee aus dem Victorinox-Verbund. Zuvor hatten Victorinox und Wenger die Armee teils gemeinsam und teils abwechselnd beliefert. Ein typisch Schweizerischer Kompromiss – praktisch wie das Taschenmesser. Das Jubiläumsmodell in Erinnerung an das Original von 1897 ist bereits ausverkauft.

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