Typveränderung aus der Flasche

Hauptsache,­ schön: Ist Haarefärben eigentlich ungesund?

Bunt wie ein Regenbogen: Heutzutage ist es möglich, jede Farbe im Haar zu tragen.

Bunt wie ein Regenbogen: Heutzutage ist es möglich, jede Farbe im Haar zu tragen.

Kühles Blond, sanftes Braun, feuriges Rot und edles Silber: Seit der Mensch keine Zotteln mehr, sondern Frisuren trägt, werden Haarfarben bestimmte Attribute zugeordnet, die leicht zu Rückschlüssen auf den Charakter verleiten. Vor allem in Bezug auf Blondinen kursieren zahlreiche Klischees. Solches Denken war bereits im Mittelalter verbreitet, wobei es damals vor allem Rothaarige schwer hatten: Schließlich war man davon überzeugt, dass alle Hexen rothaarig waren, und auch der Verräter Judas wurde ab dem 13. Jahrhundert oft als Rotschopf dargestellt. Die Haarfarbe kann man sich nicht aussuchen? Von wegen! Schon früh haben die Menschen hier mit allerhand Rezepturen Typveränderungen bewirkt.

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Bereits im Altertum war es üblich, dass sowohl Frauen als auch Männer ihre Haare färbten. Bei den alten Ägyptern etwa war weißes Haar unerwünscht, und so hat man bereits damals mit vielfältigen Farbrezepturen helle Strähnen zu überdecken versucht. So wurden Teile dunkler Tiere, etwa das „Blut eines schwarzen Kalbes“ oder das „Fett einer schwarzen Schlange“, zu Tinkturen verarbeitet, um sie sich ins Haar zu schmieren. Aber auch pflanzliche Farbstoffe wie Henna und Indigo kannte und schätzte man. Bei den Römern gehörte das Haarefärben ebenfalls zur Beautystrategie – wobei besonders Blond angesagt war. Dazu streute man sich unter anderem Goldstaub aufs Haupt, wie die Haaranalytikerin Svetlana Balabanova in ihrem Buch „… aber das Schönste an ihr war ihr Haar, es war rot wie Gold …“ berichtet. Blondes Haar war auch im Mittelalter besonders begehrt. Zum Aufhellen wurden Mischungen aus Safran, Schwefel, Alaun und Honig benutzt. Zum Ausklang des 19. Jahrhunderts kamen dann die ersten synthetischen Haarfärbemittel auf den Markt.

Trend geht zur Natürlichkeit

Inzwischen ist das Haarefärben ein regelrechtes Ritual, dem sich Millionen von Deutschen mehrmals pro Jahr – meist beim Friseur – unterziehen. Nach Angaben des Industrieverbands Körperpflege und Waschmittel färben sich etwa 70 Prozent der Frauen die Haare, bei Männern sind es weniger als 10 Prozent. Oben auf der Hitliste steht auch heute noch, allen Blondinenwitzen zum Trotz, helles Haar. Wasserstoffblond ist allerdings ebenso passé wie Knallpink, Blauschwarz oder andere Extremfarben: „Der Trend geht zur Natürlichkeit“, sagt die Koloristin Anjuli Brian aus Dornstadt.

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Doch selbst ein natürlich anmutender Look gelingt nicht automatisch mit natürlichen Mitteln: Wer auf Dauer die Haarfarbe stark verändern will, kommt um sogenannte Oxidationshaarfarben kaum herum. Sie enthalten ein Alkalisierungsmittel wie Ammoniak, Farbstoffvorstufen und ein Oxidationsmittel, in der Regel Wasserstoffperoxid. Bei der Anwendung läuft eine mehrstufige chemische Reaktion ab: Das Alkalisierungsmittel lässt das Haar aufquellen, sodass sich die äußere Schuppenschicht öffnet und die anderen Stoffe eindringen können. Die kleinen Farbentwicklermoleküle reagieren mit dem Oxidationsmittel zu großen farbigen Molekülen, die sich nicht auswaschen lassen. Nach diesem Prinzip funktionierten bereits die Haarfärbemittel, die der Chemiker Eugène Schueller 1907 entwickelte und die ihn dazu veranlassten, zwei Jahre später die „Französische Gesellschaft für nicht aggressive Haarfarben“ zu gründen – später umbenannt in „L‘Oréal“.

Inhaltsstoffe können Allergien auslösen

So ganz harmlos waren Mittel dieser Art aber nicht – und sind es trotz vieler Weiterentwicklungen noch immer nicht. Immerhin sind Befürchtungen, dass von oxidativen Haarfärbemitteln eine generelle Krebsgefahr ausgehen könnte, offenbar unbegründet. Problematische Stoffe, die vor den 1980er-Jahren in den Mitteln enthalten waren, wurden durch sichere Substanzen ersetzt, wie aus einer Stellungnahme der EU-Kommission hervorgeht.

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„Es handelt sich bei diesen Mitteln um zugelassene Kosmetika“, sagt der Münchner Dermatologe Christoph Liebich. „Es spricht grundsätzlich nichts gegen ihre Verwendung, wenn man sie richtig anwendet und keine Allergien gegen die Inhaltsstoffe hat.“ Doch das ist ein heikler Punkt: In den Produkten können Para-Phenylendiamin (PPD) und weitere Stoffe enthalten sein, die unter Umständen Allergien und Hautreizungen auslösen. „Das aromatische Amin PPD ist bekannt durch seine hohe Sensibilisierungspotenz. Es gehört zu den häufigsten Auslösern einer Kontaktallergie“, erklärt die Chemikerin Silvia Pleschka vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Eine PPD-Allergie, die zu Schwellungen und Juckreiz führt, sei vergleichsweise häufig. Auslöser müssten auch nicht unbedingt Haarfarben sein – auch andere Produkte mit der Chemikalie, die auch in Textilien oder Leder enthalten sein kann, könnten zu einer Sensibilisierung führen.

Tönungen sind weniger gefährlich

Unbedenklicher ist aus allergologischer Sicht das reine Blondieren: Wasserstoffperoxid und Ammoniak, die dabei in der Regel eingesetzt werden, können zwar die Kopfhaut reizen, sind aber nicht sensibilisierend. Dennoch hat das Blondieren seine Tücken: Je dunkler das Haar ist, desto mehr natürliche Farbpigmente werden zerstört. Das kann auf Dauer das Haar strapazieren. Vor allem sollte man nicht selbst Blondierungen anwenden: „Da kann es leicht zu Unfällen kommen, zum Beispiel, weil die Farbe ungleich aufgetragen wird“, berichtet Brian. Immer wieder wenden sich Hilfe suchende Kundinnen und Kunden an sie, die nach solchen Experimenten im eigenen Badezimmer scheckiges Haar haben. Zu langes Einwirken von Bleichmitteln kann außerdem dazu führen, dass die Haare abbrechen. Ein weiteres Problem beim Selbstfärben ist, dass leicht ein anderer Ton entstehen kann als der gewünschte.

Tönungen sind weniger gefährlich, da sie sich auswaschen. Zudem sind sie schonender als Oxidationsfarben, da sich die Farbstoffe um das Haar legen, ohne einzudringen. Das gilt allerdings nur für Produkte der Haltbarkeitsstufe 1. Intensivtönungen (Level 2) funktionieren nach dem oxidativen Färbeprinzip und enthalten die gleichen Zutaten wie permanente Kolorationen, nur in geringerer Konzentration. Zudem ist man auch bei Tönungen nicht vor Allergien gefeit. Sogar die an sich gut verträglichen Pflanzenhaarfarben können laut DAAB allergische Reaktionen auslösen. Trotzdem rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Wer auf problematische Chemikalien verzichten will, sollte zu Pflanzenhaarfarben mit Naturkosmetiksiegel greifen.“ Als Farbstoffe enthalten sie häufig Henna oder Indigo – Stoffe also, die schon die alten Ägypter zu schätzen wussten.

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