Aktueller Modetrend

Das Naked-Kleid: ein Hauch von Emanzipation?

Viel Stoff und dennoch viel zu sehen: Transparente Kleider werden von Prominenten immer öfter in Szene gesetzt, wie hier von Model Kendall Jenner (links) und Schauspielerin Vanessa Hudgens (rechts).

Viel Stoff und dennoch viel zu sehen: Transparente Kleider werden von Prominenten immer öfter in Szene gesetzt, wie hier von Model Kendall Jenner (links) und Schauspielerin Vanessa Hudgens (rechts).

Beine, Bauch und Teile der Brust schimmern durch die transparenten und hauchdünnen Stoffe hindurch. Lediglich schwarze Spitze verdeckt noch einige wenige Körperstellen. So zeigte sich Schauspielerin Vanessa Hudgens auf der diesjährigen Met Gala Anfang Mai in New York. Inspiriert haben sie und Moschino-Designer Jeremy Scott eine Mischung aus Gothic und Renaissance, sagte Hudgens in einem Video der „Vogue“. Bereits im vergangenen Herbst zeigte Model Kendall Jenner ebenfalls auf den roten Teppichen der Met Gala ein ähnlich freizügig und zugleich elegantes Outfit - angelehnt an ein Kleid, das Audrey Hepburn im 60er-Jahre-Film „My Fair Lady“ trug, wie Givenchy-Designer Matthew M. Williams und sie der „Vogue“ erzählten.

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Die Inspirationen sind stilvoll und klassisch, die Umsetzung modern und Teil eines neuen Trends: Nacktkleider. Für den Trendanalysten des Deutschen Mode-Instituts, Carl Tillessen, hat dieser Trend sogar etwas Überraschendes. Denn vor der Pandemie habe man freizügige Kleidung noch für bedenklich und politisch unkorrekt gehalten, „weil Sexyness in der Mode mit Sexismus und mit der Objektifizierung von Frauen in Verbindung gebracht wurde“, sagt er. Könnte der Trend also mit veralteten Denkweisen aufräumen?

Modischer Nachholbedarf

Ein besonders kreatives Beispiel für das Naked-Dress ist laut dem Modeexperten das Kleid der Jungdesignern Nensi Dojaka: Bei der Afterparty der Londoner „Dune“-Filmpremiere im vergangenen Oktober hüllte es Schauspielerin Zendaya in einen Hauch von Nichts ein, der für Aufsehen sorgte.

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Das Chiffonkleid mit hohem Beinschnitt erinnert an ein Dessous. Es bedeckt in bordeauxrot-braunen, teils transparenten Stoffstücken lediglich Brust, Hüfte und Teile der Beine Zendayas. Nur wenige Wochen zuvor gewann Dojaka den hochdotierten LVMH-Nachwuchspreis. Mit ihrer sinnlichen Mode breche sie die Konventionen der Damenmode, lobte Delphine Arnault, geschäftsführende Vizepräsidentin von Louis Vuitton der LVMH Group.

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„Erlaubt ist, was gefällt“

Dass einige Outfits auf den roten Teppichen sinnlicher und sexyer geworden sind, lässt sich vor allem durch die Corona-Pandemie und die Lockdowns erklären, sagt Tillessen. Zwar habe man sich auf der einen Seite im Homeoffice an eine gewisse Bequemlichkeit gewöhnt. Auf der anderen Seite sei aber auch dadurch, dass die Menschen durch die Corona-Maßnahmen weniger rausgekommen sind und sich so selbst weniger zeigen konnten, „nun natürlich ein enormer Nachholbedarf an Körperlichkeit und Sexyness da“.

Das sieht man nicht nur auf dem roten Teppich: In abgeschwächter Form lassen sich Outfits, die viel Haut zeigen, auch im Alltag entdecken. So werden beispielsweise transparente Oberteile schon jetzt gern in Clubs und Crop Tops oder kurze Sommerkleider an heißen Tagen getragen. Ganz nach dem Motto: „Erlaubt ist, was gefällt“, sagt Tillessen. Doch sieht das bislang nicht jeder oder jede so. Gerade bei extravaganten, gewagteren Outfits wie einem Nacktkleid werde mit zweierlei Maß gemessen, sagt Tillessen: Wenn eine Prominente ein Nacktkleid trägt, gehe man davon aus, dass sie dies für ihren Ruhm tue. Ist eine nicht bekannte Frau mit einem Nacktkleid gekleidet, unterstelle man ihr, dass sie sich und ihren Körper anbiete, so der Analyst.

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Selbstbestimmtheit statt Sexualisierung

Der Körper einer Frau wird im Alltag nicht selten kommentiert und sexualisiert – teils auf offener Straße. Das zeigen beispielsweise viele der „Anti-Catcall“-Bewegungen auf, die sexistische Sprüche, die meist Frauen zu hören bekommen, auf die Straßen in deutschen Städten niederschreiben. Das sei eine Unart von Männern, sagt Modeanalyst Carl Tillessen. „Es ist offenbar ein männlicher Reflex, dass Männer die Körper der Frauen in ihrer Umgebung scannen und beurteilen. Sie tun das permanent und vergessen dann häufig, dass dieses Urteil aber absolut gar keine Relevanz hat.“ Denn egal, ob dies positiv oder negativ ausfalle: Die beurteilte Frau habe in der Regel nicht um eine Einschätzung gebeten.

Gerade die Generation Z – also alle, die Ende der 90er-Jahre geboren wurden – habe jedoch gezeigt, „dass sich sexy anzuziehen eben nicht im Widerspruch zu einem modernen, emanzipierten und starken Frauenbild steht und man sich dadurch keineswegs zum Objekt macht“. Haut zu zeigen kann also durchaus auch ein Akt der Selbstbestimmtheit des eigenen Körpers sein – und ein kleiner Schritt gegen veraltete Denkweisen anderer. Ob die Nacktkleider von Vanessa Hudgens und Co. oder das transparente Oberteil in der Bar: So kann weniger durchaus plötzlich mehr sein.

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