Adoptiveltern gesucht
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„Die Liste potenzieller Adoptiveltern ist leer“: Notruf-Koordinatorin Judith Rohde und Pastor Heino Masemann.
© Quelle: Surrey
Hannover. Es ist kurios: Seit Jahren klagen adoptionswillige Paare über ellenlange Wartelisten bei den Jugendämtern. Der Notruf Mirjam, der auch das Babykörbchen am Friederikenstift betreibt, sucht hingegen Adoptiveltern. Im vergangenen Jahr vermittelte der Notruf, gleichzeitig ein weitverzweigtes Netzwerk zur Unterstützung von Schwangeren und Müttern in Notlagen, vier Neugeborene. „Für alle Kinder haben wir liebevolle Adoptionsfamilien gefunden“, versicherte Pastor Heino Masemann, Leiter des Notrufs, am Freitag bei der Vorstellung der Bilanz 2012. Zwei Säuglinge waren anonym ins Babykörbchen gelegt worden, die beiden anderen Kinder gaben deren Mütter kurz nach ihrer Geburt zur Adoption frei.
Die Vermittlung der Kinder wird allerdings nicht über das hannoversche Jugendamt abgewickelt, sondern durch den Evangelischen Verein für Adoption und Pflegekinderhilfe in Düsseldorf (EVAP), der ebenso wie Fachverbände von Caritas oder Arbeiterwohlfahrt Adoptionen vermitteln darf. „Jahrelang hatten wir als Notruf Mirjam eine lange Warteliste, aber die ist plötzlich leer“, sagte der Geschäftsführer des Landesvereins für Innere Mission, Träger des Notrufs. Überdies sollten die in Hannover geborenen Kinder bei Familien in Niedersachsen aufwachsen. Die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche werde aber nicht vorausgesetzt.
Herzstück von Mirjam ist der kostenlose und anonyme 24-Stunden-Notruf. Unter der Nummer (0800) 6050040 erhalten Schwangere oder Mütter in Not eine Erstberatung und werden bei Bedarf an andere Einrichtungen weitervermittelt. Rund 800 Frauen wandten sich 2012 an die kostenlose Nummer, sagte die Notruf-Koordinatorin Judith Rohde. 250 wurden an andere Einrichtungen weitervermittelt. Auf der Internetseite wurden 2415 Zugriffe registriert.
Immer häufiger berichteten die ratsuchenden Frauen über Schwierigkeiten in der Partnerschaft, vor allem über Gewalt und psychische Probleme. Deshalb arbeite Mirjam auch eng mit anderen Einrichtungen zusammen, darunter mit Kobra, die Zwangsprostituierte unterstützt, Frauenhäusern oder dem Verein für Flüchtlings- und Migrationsarbeit, Kargah. Als ein Beispiel aus ihrer Arbeit berichtete Rohde von einer etwa 30-jährigen Frau, die sich per Internet an Mirjam wandte. „Sie war ungewollt schwanger, wohnungslos und nicht krankenversichert.“ Die Frau habe ihr Kind schließlich im Friederikenstift zur Welt gebracht. Inzwischen sei sie wieder krankenversichert und habe eine eigene Wohnung.
„2012 war ein gutes Jahr für Mirjam, denn wir konnten vielen Frauen helfen“, bilanzierte Masemann, der betonte, dass keine Frau ihr Kind freiwillig und ohne Not abgebe. „Eine Frau, die ihre Schwangerschaft verheimlichen muss und ihr Kind anonym in eine Babyklappe legt, befindet sich immer in einer extremen Ausnahmesituation.“ Deshalb sorge sich jede Frau, die sich bei Mirjam melde, um ihr Baby. „Das sind keine Rabenmütter, im Gegenteil.“