Schrittweise Auflösung

Ärger und Sorge im Kleingartenverein Bischofshole

Foto: Die Gärten sind zerstört – die Pächter der ehemaligen Kolonie Bischofshole stellen dennoch weiter Fragen.

Die Gärten sind zerstört – die Pächter der ehemaligen Kolonie Bischofshole stellen dennoch weiter Fragen.

Hannover. Auf dem Gelände der ehemaligen Kleingartenkolonie Bischofshole sieht es inzwischen trostlos aus. Ein Bagger hat tiefe Fahrspuren hinterlassen, einige Hütten sind bereits zerlegt, bei anderen geben leere Fenster- und Türfassungen den Blick ins kahle Innere frei. Die Zäune, die bis vor Kurzem die Gärten trennten, wurden von Arbeitern auf einem Teil der Fläche entfernt, auch Büsche und Bäume sind abgesägt. Die Stadt ermittelt, weil vor gut einer Woche auch sieben größere Bäume gefällt wurden, die unter die Baumschutzsatzung fallen.

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Die Firma Vogt & Waag Immobilien GmbH hatte im Jahr 2010 das idyllische Areal direkt am Eilenriederand gekauft und danach schrittweise die Auflösung der Kolonie Bischofshole betrieben. Doch einige Freizeitgärtner trotzen nach wie vor dem neuen Eigentümer des Geländes. Sie haben ihre Gärten an der Zuschlagstraße nicht schätzen und räumen lassen und sehen sich weiter als Pächter. „Nur weil ein Investor das Gelände nutzen will, ist das kein Grund, Willkür mit den Menschen hier zu betreiben“, sagt eine 57-Jährige. Sie geht davon aus, dass das Bundeskleingartengesetz ihr Rückendeckung gibt, solange der Flächennutzungsplan das Gelände zwischen Zuschlag-, Lange-Feld- und Bemeroder Straße weiter für Kleingärten ausweist. Dabei wird das Ausharren zunehmend schwieriger. Spaziergänger, die sich aus aufgegebenen Gärten Pflanzen und anderes holen, sind auch schon bei Familie Schmidt über den Zaun gestiegen und haben Randsteine mitgehen lassen.

„Das Gelände wird jetzt ohne Not derartig verwüstet, dass der Eigentümer damit Tatsachen schafft“, sagt Elke Seeler aus der Kolonie. Sie vermutet, dass die Verwandlung der Kleingärten in eine Brachfläche den Druck auf die Stadt erhöhen soll, das 45.000 Quadratmeter große Areal zu Bauland zu erklären. Mit ihrer Einschätzung steht Seeler nicht allein. Rund 15 Parteien aus der Kolonie Bischofshole haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen - auch weil ihnen manche Dinge rund um den Grundstücksverkauf und die Auflösung ihrer Kolonie undurchsichtig erscheinen.

Die ehemaligen Pächter sind stark verärgert. „Der Bezirksverband der Kleingärtner hat uns verschaukelt“, sagt Rentner Werner Büchler. Bereits im Jahr 2010 kaufte die Vogt & Waag Immobilien GmbH die 72 Gartenparzellen, die der Fleischerinnung Hannover gehörten. Die betroffenen Kleingärtner erinnern sich noch gut an die Sitzung Ende März 2011, in der ihr Bezirksverband sie über die neue Situation informierte. „Wir wurden mit falschen Versprechungen und Drohungen massiv unter Druck gesetzt“, sagt Verena Viets, Sprecherin der Interessengemeinschaft. Vor allem älteren Pächtern machte es Angst, was Kleingärtnerpräsident Karl-Heinz Rädecker und der Rechtsanwalt des Vereins damals als Konsequenzen ausmalten, sollte es nicht zu einer Einigung mit dem neuen Eigentümer kommen. „Es hieß, wir müssten dann die Gärten entschädigungslos auf eigene Kosten bis auf den blanken Erdboden räumen“, sagt Büchler.

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Als Alternative wurde ausgemalt, die Pächter könnten in den Gärten bleiben, bis in einigen Jahren ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliege. Laut Protokoll der Sitzung werde der Grundstückseigentümer die Kleingärtner dann entschädigen, wenn sie sich im Vorfeld zur Aufgabe ihrer Gärten bereiterklärten. Außerdem sollte es diese Entschädigung zusätzlich zum Schätzwert der Gärten geben. So verstanden es damals zumindest die Pächter. Der Pharmakonzern Boehringer hatte in einer benachbarten Anlage 5000 Euro pro Garten extra gezahlt, wovon die Hälfte an den Bezirksverband ging. Unter diesen Voraussetzungen stimmten viele einer Schätzung ihrer Gärten zu.

In der Realität ging dann aber alles viel schneller, obwohl es bis heute keinen Bebauungsplan gibt. Vergangenes Jahr erfuhren die Kleingärtner, dass sie ihre Gärten bis Ende 2012 räumen sollten. Dabei hatte Investor Andreas Waag vor einem Jahr noch verkündet, als Zwischenlösung sei eine weitere Verpachtung der Kleingärten denkbar. Die Stadt hat vor Kurzem noch einmal bekräftigt, dass sie eine Bebauung ausdrücklich ablehnt. Vom Verband und auch von ihrem Kleingärtnerverein Bischofshole fühlen die Schrebergärtner sich im Stich gelassen.

„Wir haben immer wieder vergeblich versucht, mit unserer Vereinsvorsitzenden in Kontakt zu kommen“, sagt Elke Seeler. Der Verband hat den Kleingärtnern Ablösesummen für ihre Gärten gezahlt, doch viele ärgern sich über die Schätzprotokolle, in denen mal ein Nussbaum, mal eine Terrasse oder ein gepflasterter Weg nicht einberechnet waren. Stattdessen gab es Abzüge, wenn Pächter eine Hütte selbst abbauten oder einen Totholzhaufen liegen ließen. Eine Extraentschädigung habe niemand bekommen, sagt Verena Viets. Sie will jetzt klagen, um die Verträge mit dem Investor einsehen zu können. „Wir wollen wissen, was an wen gezahlt wurde.“

Der Präsident des Bezirksverbands der Kleingärtner, Karl-Heinz Rädecker, und Investor Andreas Waag waren am Wochenende nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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