Auf den Spuren des Deisterbergbaus
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Besucherführer Dieter Krafft zeigt der Gruppe den Stollen.
© Quelle: Elena Everding
Barsinghausen. "Es brennt!" ruft Besucherführer Dieter Krafft, sodass es durch die dunklen Gänge hallt. Was er heute nur zur Demonstration für die Gruppe ruft, war früher das Signal für die Bergleute, dass die Zündschnur zum Schießpulver brennt. Damit haben sie nämlich das Gestein im Stollen gesprengt, um an die Kohle zu gelangen. "Deshalb benutzt man die Worte 'Es brennt' heute noch bei elektrischen Zündungen, obwohl da nichts brennt", erläutert Krafft.
Bevor sie den Weg in die ewige Dunkelheit antritt, trifft sich die Gruppe im Museum des Besucherbergwerks. Dort erzählt Krafft aus den Zeiten, in denen das Bergwerk noch in Betrieb war. Im Jahr 1856 begannen die Bergleute im Klosterstollen nach Steinkohle zu suchen. "13 Jahre später stießen sie dann auf den Flöz, also der zum Abbau nutzbaren Schicht im Gestein", sagt der Besucherführer. So entstand eine Zechenanlage mit vier Schächten. Über 1000 Kilometer sind deren Gänge insgesamt lang.
Dann geht es los: Kraff verteilt Lampen an die Besucher - "der wichtigste Teil der Ausrüstung". Der Stollen ist zwar beleuchtet, doch es könnte ja der Strom ausfallen. Und dann ist es zappenduster im Berg. Die Besucher steigen fertig ausgerüstet in die Grubenbahn. Die fährt etwa 1300 Meter weit in den Deister - doch nicht etwa bergab. Stattdessen geht es sogar ein wenig bergauf, "damit das Regenwasser nicht hinein läuft", erklärt Krafft.
Nach etwa zehn Minuten Fahrt sind die Besucher im Stollen angekommen. Etwa 100 Meter über ihm wachsen die Bäume auf dem Deister. Wirklich gemütlich ist es hier nicht: "Es sind immer 9 Grad und 90 bis 100 Prozent Luftfeuchtigkeit", sagt Krafft. Dass die Arbeit für die Bergleute damals körperlich stark herausfordernd war, können sich die Besucher auch beim Anblick der Wände vorstellen. Die nur 90 cm hohen Tunnel, durch die die Arbeiter zum Flöz klettern mussten, sind teilweise noch erhalten - ungläubig nimmt die Gruppe sie in Augenschein.
Die Ohren zuhalten müssen sich einige Besucher, als Krafft den Bohrhammer anwirft. "Und das mussten die Bergleute die ganze Zeit ertragen. Gehörschutze waren damals noch nicht erfunden", erklärt er. Dass viele von ihnen einen Hörschaden hatten, verwundert deshalb niemanden. Abgebaut haben sie die Kohle größtenteils im Liegen. Dort, wo heute die Grubenbahn fährt, brachten früher Pferde die Kohle ans Tageslicht. "1,1 Tonnen passen in so einen Wagen", sagt Krafft und zeigt auf einen Kohleanhänger. "Ganze 20 von ihnen hat ein einziges Pferd damals über die Gleise gezogen", erzählt er den staunenden Besuchern.
Von dort aus brachte die Straßenbahn die Kohle bis nach Hannover oder Linden, welches damals noch eine selbstständige Stadt war. Die Firma Hanomag gab es allerdings schon und benötigte die Kohle aus Barsinghausen. "Die Hannoversche Straßenbahn reichte damals noch bis in die Bergbaustadt", sagt Krafft. Im Jahr 1957 wurde das Bergwerk dann geschlossen. Doch Anfang der achtziger Jahre beschlossen ehemalige Bergleute, in Barsinghausen ein Besucherbergwerk zu eröffnen. "13 Jahre dauerte es, den mit Wasser vollgelaufenen Stollen trocken zu legen - so lange, wie es gedauert hat, auf Kohle zu stoßen", erzählt Krafft.
Für die Besuchergruppe geht es nach dem Rundgang durch den Stollen wieder an die Erdoberfläche. Ein bisschen froh sind alle schon, als sie wieder die Sonne sehen können. Doch der Einblick in das Leben der Bergarbeiter, die unter Einsatz ihres Lebens die Industrialisierung erst möglich gemacht haben, bleibt im Gedächtnis.
Das Besucherbergwerk Klosterstollen bietet mehrmals die Woche Führungen nach Vereinbarung an. Anmeldung sind möglich unter Telefon (05105) 514187. Zudem werden jeweils am ersten Sonntag des Monats um 15 Uhr Führungen durch den Klosterstollen angeboten. Nächster Termin für dieses Angebot ist am 4. Februar.
Von Elena Everding