Branchenverband: Lkw brauchen Bremsassistent
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Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen fordert nach dem Tod eines Elfjährigen, Notbrems- und Abbiegeassistenten in Lkw zur Pflicht zu machen.
© Quelle: Christian Elsner
Hannover. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) fordert nach dem tragischen Tod des elfjährigen Jungen am Mittwochabend in Hannover, Bremassistenten an Bord von Lkw zur Pflicht zu machen. "Unser aller Ziel ist und bleibt: keine Verkehrstoten auf Niedersachsens Straßen", sagt GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic. Auch die Verkehrsminister von Bund und Ländern diskutierten am Donnerstag in Nürnberg über Wege, die Verkehrssicherheit von Lkw zu verbessern.
Am Mittwochabend hatte der 36-jährige Fahrer eines 40-Tonners einen elfjährigen Fahrradfahrer an der Vahrenwalder Straße übersehen. Der Junge wollte bei Grün eine Straße überqueren. Der Lkw-Fahrer hatte ebenfalls Grün und erfasste das Kind beim Rechtsabbiegen. Der Junge war sofort tot, seine Mutter musste alles mitansehen.
Unklar ist, ob gängige Sicherheitssysteme den Unfall hätten verhindern können. Die seit November 2015 vorgeschriebenen Abstandswarner und Notbremsassistenten sind deaktivierbar. In Hannover hätte zudem – wenn überhaupt – nur ein Abbiegeassistent geholfen. Dieses System ist laut ADAC aber noch nicht vollends ausgereift. „Vermutlich tut sich der Gesetzgeber deshalb schwer, eine allgemeine Regelung zu finden“, erklärte Christine Rettig vom ADAC Niedersachsen.
GVN-Hauptgeschäftsführer Sokolovic fordert dennoch eine gesetzliche Pflicht zum Einbau solcher Totwinkelerkennungssysteme in alle Neufahrzeuge. Die Systeme dürften zudem nicht abschaltbar sein. Das würde laut Sokolovic rund 70 Prozent der tödlichen Unfälle verhindern. „Es ist genug geredet“, sagt der GVN-Hauptgeschäftsführer. „Ein weiteres Zögern und Zaudern ist nicht mehr vertretbar.“
Die Abschaltmöglichkeit will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nun kippen. „Auf internationaler Ebene setzen wir uns für schärfere Vorschriften ein“, sagt Scheuer am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Nürnberg. Auch Niedersachsen spricht sich nach den Worten von Verkehrsminister Bernd Althusmann „ausdrücklich dafür aus, Systeme wie den Abbiegeassistenten verpflichtend einzuführen“. Gemeinsam mit anderen Ländern wolle Niedersachsen rasch einen entsprechenden Vorstoß in den Bundesrat einbringen, sagte der CDU-Politiker.
Auch der ADAC kritisiert die Abschaltmöglichkeit als „unnötig und nicht sinnvoll“. Allerdings seien die gesetzlichen Vorgaben für den Bremsassistenten ebenfalls zu weich. Selbst in der zweiten Stufe, die ab November 2018 gilt, muss das Fahrzeug nur um 20 Kilometer pro Stunde langsamer werden – nicht bremsen. Immerhin: Alle vom ADAC untersuchten Lkw-Marken leisten bereits deutlich mehr, als der Gesetzgeber verlangt. „Deshalb sollten auch die Vorgaben entsprechend streng gefasst werden“, sagt ADAC-Sprecherin Rettig.
Von Peer Hellerling