„Damit Hannahs Grab schön aussieht“
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Ein Ort zum Trauern: Im Wohnzimmer hat die Familie eine Art Altar mit Hannahs Lieblingsspielsachen, Kerzen, Porzellanengeln und einem großen Foto eingerichtet.
© Quelle: Katrin Kutter
Hannover. Das bevorstehende Weihnachtsfest würde Isabell S.* am liebsten vergessen. Ihr ist nicht nach Feiern zumute. Denn das Leben ihrer Familie ist aus dem Lot geraten, seitdem ihre Tochter Hannah wenige Tage vor ihrem vierten Geburtstag im Juni an Krebs gestorben ist. Nur ihren beiden anderen Kindern zuliebe hat sie das Fenster in der Küche weihnachtlich geschmückt, und ihnen zuliebe wird auch das Weihnachtsfest gefeiert. Der größte Wunsch von Isabell S. und ihrem Mann Jens aber hat nichts mit Weihnachten zu tun: Zum Andenken an ihre Tochter möchten sie einen Grabstein auf Hannahs Grab stellen. Doch die Familie ist zurzeit auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, und das Jobcenter kommt für derartige Kosten nicht auf.
Hannahs Krebserkrankung traf die Familie wie aus heiterem Himmel. Am 2. Mai waren Hannah, ihre Zwillingsschwester Luna und ihr fünfjähriger Bruder Philipp mit den Großeltern unterwegs. Gegen Mittag habe Hannah plötzlich über starke Bauchschmerzen geklagt und geweint, erzählt Linda S., die Oma der Kinder. Sie habe gleich den Pullover ihrer Enkelin hochgeschoben und eine etwa mandarinengroße Beule gesehen. „Ich hatte Hannah noch am Abend vorher gebadet, da war noch nichts zu sehen“, sagt Isabell S., die sich schwere Vorwürfe macht, warum sie die Krankheit ihrer Tochter nicht eher bemerkt hat. „Aber unsere Ärztin in der MHH hat mir versichert, dass das bei dieser Krebsart vorkommt.“ Trotzdem habe sie sich wie eine schlechte Mutter gefühlt.
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Die Beule am Bauch war ein sogenannter Wilms-Tumor. Das hatte die Gewebeprobe in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ergeben. Dieser seltene bösartige Nierentumor, an dem vor allem Kleinkinder erkranken, ist deshalb so tückisch, weil er lange Zeit keine Beschwerden verursacht und sehr schnell wächst. Bei Hannah hatte er sich bereits über den ganzen Bauch ausgebreitet, Leber und Darm befallen und Metastasen auf der Lunge gebildet. Wenige Tage nach der Diagnose begann zunächst eine Chemotherapie, später sollte der Tumor operativ entfernt werden. Von nun an verbrachten Isabell und Jens S. die Tage und Nächte abwechselnd am Bett ihres Kindes in der MHH. „Hannah hat sehr unter den Nebenwirkungen der Chemotherapie gelitten“, erzählt die 25-jährige Mutter. „Sie war völlig verändert, und das Schlimmste war, dass ich ihr nicht helfen konnte.“ Bis auf Wassereis habe Hannah von diesem Zeitpunkt an nichts mehr gegessen und auch nicht mehr gesprochen. Stattdessen wurde das Kind über Infusionen und eine Magensonde mit allem Notwendigen versorgt. „Dabei war sie immer eine so gute Esserin, und sie hat viel gelacht und den ganzen Tag geredet und gesungen.“
Doch keine Therapie schlug an, die Erkrankung des Kindes ließ sich nicht mehr aufhalten, dazu hatte sich der Tumor offenbar schon zu weit in Hannahs Körper hineingefressen. Am 23. Juni schlief sie in den Armen ihrer Mutter ein. „Dabei hatten wir immer wieder die Hoffnung, dass es sich doch noch zum Guten wenden würde“, sagt Isabell S.
"Ich wollte etwas Schönes für mein Kind"
Noch in der Klinik erfuhren die Eltern, dass die Deutsche Krebsstiftung die Kosten für Hannahs Beerdigung übernehmen würde. „Damit wurde uns eine große Last genommen, denn das Jobcenter hätte nur eine einfache Bestattung bezahlt. Ich wollte aber gern etwas Schönes für mein Kind“, erzählt die Mutter, die seit dem Tod ihrer kleinen Tochter psychologisch betreut wird.
Jetzt würde die Familie gern einen Stein auf Hannahs Grab stellen - in Form eines Herzens mit einem kleinen Foto des Kindes sowie einem eingravierten Gedicht, das sie sich schon ausgesucht hat. „Damit ihr Grab schön aussieht“, sagt Isabell S. hoffnungsvoll.
Philipp und Luna haben ihre Schwester nicht mehr wiedergesehen, seitdem Hannah in die MHH eingeliefert wurde. Sie sollten nicht mit ansehen, wie ihre Schwester leidet. „Ich habe ihnen erklärt, dass Hannah sehr krank ist“, sagt ihre Mutter. Und nach Hannahs Tod habe sie erzählt, dass ihre Schwester jetzt im Himmel sei. „Sie vermissen sie sehr, vor allem Luna hat am Anfang viel geweint.“ Inzwischen haben die Kinder aber offenbar einen Weg gefunden, mit Hannahs Tod umzugehen. „Sie sprechen ganz oft von ihr, und in ihrer Vorstellung ist ihre Schwester auch noch da, nur nicht mehr hier.“ Deshalb hängen an der Wand im Flur neben ihren Adventskalendern auch zwei für Hannah ...
* alle Namen geändert
Am vergangenen Sonnabend stellte die HAZ-Redaktion Frau Körbitz* (Name geändert) vor. Der 94-Jährigen bleiben nach einem kostenintensiven Krankenhausaufenthalt 200 Euro zum Leben. Sie bat um einen Wintermantel. Nach der Veröffentlichung sind ein Dutzend Hilfsangebote in der Redaktion eingegangen. Einige Leser boten an, mit Körbitz direkt loszufahren und einzukaufen. Doch die 94-Jährige möchte keine Umstände machen. Trotzdem konnten Spenden direkt vermittelt werden. „Ich bin den Lesern sehr, sehr dankbar“, sagt Körbitz. Es sind genau solche Fälle der direkten Hilfe, die die HAZ-Weihnachtshilfe seit Jahrzehnten ausmachen. Und so erreichen die Redaktion täglich neue Ideen für Spendensammlungen – auch wenn sie manchmal nachdenklich stimmen. So meldete sich nun Eva-Margret Runge. „Mein Mann hat über Jahre für die Weihnachtshilfe gespendet, nun ist er überraschend gestorben“, berichtet die Leserin. Im Sinne ihres Mannes bat sie nun Freunde und Bekannte um Spenden für Menschen in Not. „Das hätte er sich sicher gewünscht.“Hannover hilft mit Mänteln, Kunst, Gesang und kreativen Spendensammlungen