Der Herr der Kekse ist tot
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Hermann Bahlsen, der langjährige Geschäftsführer und Mitinhaber des Keks-Herstellers Bahlsen, ist mit 86 Jahren gestorben.
© Quelle: Archiv
Hannover. Vom legendären Erfinder des deutschen „Kekses“ hatte er nicht nur den Nach-, sondern auch den Vornamen geerbt – und die Verantwortung für ein Familienunternehmen, das bis heute zu den bekanntesten in Deutschland zählt. Vielleicht hat Hermann Bahlsen deshalb um seine Person wenig Aufhebens gemacht. „Davon hatte ich in meinem Leben genug“, sagte er einmal.
Über Jahrzehnte stand Hermann Bahlsen immer wieder im Mittelpunkt – als Firmenlenker, als Präsident der Unternehmerverbände Niedersachsen, als Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Am vergangenen Freitag ist der Unternehmer im Alter von 86 Jahren gestorben.
„Wir blicken mit Respekt auf sein Lebenswerk und sind dankbar für das, was er für das Unternehmen getan hat“, sagte der heutige Konzernchef Werner Michael Bahlsen. Hermann Bahlsen hat das Unternehmen knapp vier Jahrzehnte mitgeprägt. 1956 hatte der Ingenieur die Leitung des damals neuen Bahlsen-Werkes in Barsinghausen übernommen. Drei Jahre später starb sein Vater, Anfang 1960 nahm er dessen Platz in der Geschäftsführung ein, an der Seite seiner beiden Onkel. Zunächst war er für die Produktion zuständig, 1976 wurde er persönlich haftender Gesellschafter.
Nach 20 Jahren an der Spitze verließ er das Unternehmen im Streit. Die deutlich jüngeren Vettern Werner Michael Bahlsen und Lorenz Bahlsen drängten in die Führung und entwickelten andere Vorstellungen. Hermann Bahlsen ließ sich aus dem Unternehmen herauskaufen – er wurde mit diversen amerikanischen Tochterfirmen abgefunden. In diese Zeit fiel auch die Entscheidung, sich aus den unzähligen Ehrenämtern zurückzuziehen, die Hermann Bahlsen bekleidet hatte.
Sowohl bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen (UVN) als auch beim Verband der Ernährungswirtschaft (VdEW) wurde er damals zum Ehrenpräsidenten ernannt. „Seine Kompetenz und sein gesellschaftliches Engagement, insbesondere für die Ausbildung junger Menschen, haben unseren Verband geprägt“, sagte UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller. „Mit seinem hohen Einfühlungsvermögen hat er in der Sozial- und Tarifpolitik in vielen Konfliktlagen ausgleichend gewirkt und den Konsens gefördert“, meinte der VdEW-Vorsitzende Theo Egbers.
Mit seinen Vettern hatte sich Hermann Bahlsen im Alter arrangiert, heißt es aus dem Konzernumfeld. Sie zerstritten sich nach seinem Weggang weiter und zerschlugen den Konzern drei Jahre später in das Keks- und das Chipsgeschäft. Ersteres führt bis heute Werner Michael Bahlsen, der Hermann Bahlsen inzwischen auch als UVN-Präsident gefolgt ist, das „salzige“ Geschäft ging an Lorenz Bahlsen.
Der zuletzt in Burgwedel wohnende Hermann Bahlsen fand im hohen Alter noch einmal privates Eheglück und heiratete im Jahre 2009 – drei Jahre nach der Scheidung von seiner langjährigen Ehefrau – erneut. Nach Angaben aus seinem Umfeld blieb er lange reiselustig und fit. Das Motto des einst begeisterten Jägers, Seglers und Skifahrers: kein Kaffee, nur selten Alkohol, keine Völlerei – auch nicht mit Keksen.