Der Liebesschwur ist kein flotter Spruch
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Seit 70 Jahren verheiratet: Thea und Rudolf Sobiak aus Northen feiern ihre Gnadenhochzeit.
© Quelle: Ingo Rodriguez
Northen. „Sehen Sie hier: ein Brief vom Bundespräsidenten, ist ein alter Kumpel von mir“, sagt der 92-jährige Rudolf Sobiak und grinst verschmitzt. Seine 88-jährige Ehefrau Thea lacht und winkt ab. „Ist doch Quatsch! Die kennen sich nicht, aber der Brief ist echt“, sagt die rüstige Seniorin, lächelt ihren Mann verliebt an und seufzt: „Er hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen.“
Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Ehepaar aus Northen einen persönlich unterschriebenen Brief geschickt hat, ist angesichts der seltenen Lebensleistung des Ehepaares guter Stil. Rudolf und Thea Sobiak sind seit 70 Jahren verheiratet. Und am Tag ihrer sogenannten „Gnadenhochzeit“ präsentiert sich das Paar putzmunter und bestens gelaunt. Dass Rudolf den Hochzeitstag nie vergessen hat, hängt auch mit dem besonderen Datum zusammen. „Ich habe heute auch Geburtstag“, sagt der 92-Jährige.
Die 67-jährige Tochter Birgit ist am Tag der Gnadenhochzeit aus Munster zu Besuch gekommen. Das viele Lachen der Eltern sei auch das Geheimnis ihrer guten Verfassung. „Das sind lustige Menschen, sehr temperamentvoll“, sagt die Tochter. Ob es auch ein Geheimnis für die lange Ehe gebe? „Das ist einfach wahre Liebe“, sagt der 92-Jährige – und er blickt ernst. Ohne Zweifel: Der Liebesschwur ist es kein flotter Spruch.
Kennen gelernt hat sich das Paar 1946 in Hannover-Ricklingen. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg habe er mit einer Rockband viel in Gaststätten musiziert. „Ich habe Akkordeon, Schlagzeug und Gitarre gespielt“, sagt er. Bei einem der Konzerte habe es dann gefunkt. Thea sei 17 Jahre alt gewesen. „Ich fand diesen Musiker toll und bin immer dicht an ihm vorbei getanzt“, sagt sie. Später habe sie ihn oft von den Proben abgeholt. „Sie sah toll aus, wir haben uns viel geküsst“, sagt Rudolf – und wieder setzt er dieses schlitzohrige Lächeln auf. Nur zwei Jahre später läuteten die Hochzeitsglocken in der Ricklinger Michaeliskirche: am 26. Februar 1948.
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Vor genau sieben Jahrzehnten: Thea und Rudolf Sobiak kommen nach der Trauung aus der Michaeliskirche in Hannover-Ricklingen.
© Quelle: Privat
Mit den beiden Töchtern, zwei Enkel- und zwei Ureinkelkindern haben die Sobiaks am Wochenende vorgefeiert. „Die Kinder müssen ja in die Schule“, sagt Tochter Birgit. Ihr Vater habe 30 Jahre lang in der Gießerei bei der Hanomag in Hannover gearbeitet. Mutter Thea war Schuhverkäuferin. Vor etwa 20 Jahren seien die Eltern von Badenstedt nach Northen gezogen. Langweilig wird dem Paar auf dem Lande nicht. „Wir fahren oft zum Kaffeetrinken an das Steinhuder Meer“, sagt Rudolf. Zum Abschluss verrät er eine große Leidenschfaft: Der 92-Jährige war vor vielen Jahren mit dem TSV Saxonia Hannover zweifacher Norddeutscher Faustballmeister. „Und beim SV Gehrden trainiere ich immer noch mit“, sagt Sobiak stolz.
Von Ingo Rodriguez