Grabstein des Haarmann-Ermittlers gerettet
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CCIM6OBLI4G7ISVM7UJK633EZI.jpg)
Bleibt erhalten: Hobbyhistoriker Holger Büsing mit dem Grabstein des Ehepaars Rätz.
© Quelle: Alexander Körner
Hannover. Auf eine Beschwerde von HAZ-Leser Holger Büsing hin ist der Vorgang jetzt gestoppt, der Stein bleibt erhalten. „Hannover hat schon das Hackebeil verloren, als die Polizeihistorische Sammlung ausgelagert wurde“, sagt Hobbyhistoriker Büsing: „Jetzt sollten wir zumindest das Andenken an den ermittelnden Kommissar erhalten.“
Die Mordserie von Fritz Haarmann gehört zu den dunkelsten Kapiteln Hannovers. Haarmann hatte in den zwanziger Jahren mindestens zwei Dutzend junge Männer totgebissen, ihr Fleisch angeblich zu Lebensmitteln verarbeitet, ihre Habseligkeiten verkauft und ihre Knochen in der Leine entsorgt. Als Polizeispitzel blieb er lange Zeit unentdeckt, trotz mehrerer Hinweise aus der Bevölkerung wurde lange Zeit nicht ernsthaft gegen ihn ermittelt. Erst auf eindeutige Zeugenaussagen hin nahm die Polizei Haarmann im Sommer 1924 fest. Die wochenlangen Vernehmungen wurden von Kriminalkommissar Rätz geleitet, der nach Teilgeständnissen des Mörders sogar noch nachts nach Leichenteilen suchen ließ und schließlich genug Beweise für ein Todesurteil zusammentrug. Haarmann wurde am 15. April 1925 wegen Mordes in 24 nachgewiesenen Fällen hingerichtet.
Die Verbindung von Haarmann zu Rätz soll so eng gewesen sein, dass der Verurteilte angeblich vor seinem Ende auf dem Schafott noch zum Kaffeetrinken bei Heinrich Rätz und seiner Frau Erna vorbeikommen durfte - unter strenger Bewachung natürlich. „Diese Geschichte jedenfalls wurde von der Tochter Ursel Rätz berichtet, die mit meiner Mutter in eine Klasse ging“, sagt Hobbyhistoriker Büsing.
Dass der 57-Jährige jetzt den bereits zur Entsorgung bereitstehenden Grabstein des Ehepaars Rätz fand, ist einem Zufall zu verdanken. Eigentlich hatte Büsing auf dem Friedhof An der Strangriede das Grab eines Lehrers besuchen wollen. Als er dieses zunächst nicht fand, forschte er am Kompostplatz des Friedhofs, wo auch die Grabsteine aufgegebener Ruhestätten lagern. „Als ich den Namenszug Rätz sah, war ich wie elektrisiert“, sagt Büsing.
Der Friedhof gehört zum Nikolai-Wohnstift. Stifts-Geschäftsführer Marco Schmidt sagt: „Wir sind sehr dankbar für den Hinweis - uns war die Bedeutung des Grabsteins nicht bewusst.“
Was jetzt mit dem Stein passiert, ist offen. Offiziell gehört er dem Stift. Die Stiftsverwaltung will jetzt versuchen, Kontakt mit Angehörigen von Heinrich Rätz aufzunehmen, der 1943 im Alter von 58 Jahren gestorben war. „Wenn vonseiten der Angehörigen nichts dagegen spricht, wollen wir den Stein in unserer Anlage aufstellen“, sagt Stiftschef Schmidt.