Hannover will die schwarze Null schaffen
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Dank wachsender Einnahmen rechnet Hannovers Stadtverwaltung in den kommenden Jahren mit ausgeglichenen Haushalten.
© Quelle: Katrin Kutter
Hannover. Seit Monaten beschäftigt die Rathausaffäre um rechtswidrig gewährte Gehaltszulagen und Patronage-Vorwürfe die Stadtspitze in Hannover. Ein Thema, das auch am Donnerstag die Gespräche auf den Fluren beherrschte, während im Rat positivere Nachrichten verkündet werden konnten. Dank wachsender Einnahmen rechnet Hannovers Stadtverwaltung in den kommenden Jahren mit ausgeglichenen Haushalten. Bereits für den Doppelhaushalt 2019/2020 rechnen Oberbürgermeister Stefan Schostok und Kämmerer Axel von der Ohe (beide SPD) mit einer schwarzen Null.
Bis 2023 sollen sich Einnahmen und Ausgaben weiterhin die Waage halten. Zudem verzichtet die Stadtspitze erstmals seit 24 Jahren auf ein neues Sparprogramm. Der Altschuldenberg beträgt 1,57 Milliarden Euro. Dennoch will die Stadt weiterhin viele Millionen Euro investieren, vor allem in die Schulsanierung und den Bau neuer Kitas und Krippen. „Hannover steht gut da und kommt gut voran“, sagt Schostok.
Seit 1994 legt die Stadt alle paar Jahre ein neues Sparprogramm auf. Ziel ist es bisher gewesen, in jedem Dezernat die Kostendisziplin zu erhöhen. Doch seit einigen Jahren sehen die Dezernenten in ihren Bereichen kaum noch Einsparmöglichkeiten. „Wir haben es mit einer ausgequetschten Zitrone zu tun“, sagt Oberbürgermeister Schostok. Kämmerer von der Ohe ist der Ansicht, dass es auch ohne Sparverordnung geht – und zwar durch Gespräche mit den Dezernenten im Vorfeld. „Wenn wir jeden Antrag aus den Dezernaten annehmen würden, hätten wir ein dickes Defizit“, sagt von der Ohe.
Hauptgrund für die rosigen Finanzaussichten sind die Rekordeinnahmen der Stadt. Aktuelle Hochrechnungen gehen davon aus, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in diesem Jahr 758 Millionen Euro betragen. Von einer solchen Summe hätte von der Ohes Vorgänger, Marc Hansmann, nicht zu träumen gewagt. Daher plant der Kämmerer auch für die kommenden Jahre mit Gewerbesteuereinnahmen um die 700 Millionen Euro. „Wir haben kein Indiz für einen Absturz der Einnahmen“, sagt von der Ohe. Auch Erträge aus der Einkommensteuer klettern, konjunkturell bedingt, in die Höhe.
Bei den Ausgaben tritt Hannovers neuer Kämmerer kräftig auf die Bremse. Pauschale Erhöhungen lässt er nicht durchgehen. 347 neue Stellen in der Verwaltung hat von der Ohe für die kommenden zwei Jahre genehmigt, der Gesamtpersonalrat forderte anfangs bis zu 1000 neue Posten. Doch von der Ohe zeigte sich unnachgiebig und erhielt Unterstützung von OB Schostok und Personaldezernentin Rita Maria Rzyski.
Das ist der städtische Haushalt 2019/20
Erneut legen Oberbürgermeister Stefan Schostok und Kämmerer Axel von der Ohe (beide SPD) einen Doppelhaushalt vor. Der Vorteil liegt darin, dass die Ausgaben auf zwei Jahre festgezurrt werden; die üblichen Kostensteigerungen lassen sich dadurch eindämmen. 2019 hat der hannoversche Haushalt ein Volumen von 2,41 Milliarden Euro, 2020 sind es 2,45 Milliarden Euro. Wenn alles nach Plan läuft, sollen sich in beiden Jahren Einnahmen und Ausgaben die Waage halten. Nicht zu vergessen ist der Altschuldenberg von 1,57 Milliarden Euro. Neue Schulden will die Stadt in den kommenden beiden Jahren vermeiden, abgesehen von Ausgaben, die aus dem Investitionspaket bezahlt werden. Hierfür nimmt die Stadt Kredite auf und legt einen Tilgungsplan vor. Größter Posten auf der Einnahmenseite sind die Gewerbesteuererträge. Von der Ohe setzt für 2019 einen Betrag von 690 Millionen Euro an, für 2020 sind es 702 Millionen Euro – Rekordwerte. Auch Einnahmen aus der umstrittenen Straßenausbaubeitragssatzung hat der Kämmerer für die kommenden beiden Jahre einkalkuliert. Die erwarteten Erträge schwanken zwischen 3 und 5,5 Millionen Euro jährlich. OB Schostok stellt sich darauf ein, dass die Ratspolitik die ungeliebten Bürgerbeiträge für Straßenerneuerung kippt. Den größten Anteil bei den Ausgaben haben die Personalkosten. Sie belaufen sich im nächsten Jahr auf 632 Millionen Euro, in 2020 auf 665 Millionen Euro. Rund 350 neue Stellen hat der Kämmerer genehmigt, vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung und Ordnungsdienst. Auch für das laufende Haushaltsjahr sind die Aussichten rosig. Ursprünglich ging die Kämmerei davon aus, dass der Haushalt mit einem Defizit von 52 Millionen Euro abschließt. „Das Ergebnis wird günstiger ausfallen“, deutet von der Ohe an. Nach Informationen der HAZ ist bereits in diesem Jahr mit einer schwarzen Null zu rechnen. asl
Einer der größten Kostenverursacher ist die Regionsumlage, ein finanzieller Ausgleich zwischen den Regionskommunen. Je höher die Einnahmen einer Stadt, desto mehr muss sie in den Regionstopf einzahlen. Dieser Automatismus müsse durchbrochen werden, meint von der Ohe. Fast 400 Millionen Euro fließen aus der hannoverschen Stadtkasse im nächsten Jahr in die Umlage. „Wir werden mit der Region darüber sprechen“, kündigt der Kämmerer an.
In ihren Investitionen will die Stadt nicht nachlassen. 172 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr in die Schulsanierung, den Kitaausbau und den Erhalt von Straßen und öffentlichen Gebäuden fließen. In 2020 sollen es sogar 190 Millionen Euro sein. Größere Projekte sind unter anderem der Neubau der Sophienschule und der IGS Büssingweg. Bis zum Jahr 2023 will Hannover den Wohnungsbau mit 80 Millionen Euro fördern.
Ganz ohne Verweis auf die Rathausaffäre kam die Finanzdebatte dann doch nicht aus. Schostok nutzte einen Teil seiner Rede für eine Erklärung in eigener Sache. Darin erneuerte er – ohne den Namen der Zeitung zu nennen – seinen Verdacht gegenüber der HAZ, dass diese für einen Bericht Akten oder Aktenbestandteile verwende, die „ihren Weg wohl auf nicht legalem Weg in die betreffende Redaktion gefunden haben dürften.“ Die HAZ hatte sich gegen diesen Vorwurf bereits verwahrt und hat wegen einer entsprechenden Pressemitteilung aus dieser Woche rechtliche Schritte gegen die Stadt eingeleitet.
Von Andreas Schinkel