Hier haben Radfahrer nur 45 Zentimeter Platz
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45 Zentimeter breit: Der rot markierte Schutzstreifen an der Schlägerstraße. Der Kinder-Anhänger von Isabell Ganschow ist deutlich breiter als die rote Markierung.
© Quelle: Heidrich
Hannover. Es ist der wahrscheinlich schmalste Radfahrer-Schutzstreifen der Stadt: An der Kreuzung von Schlägerstraße und Hildesheimer Straße hat die Stadt eine etwa 45 breite Markierung aufgebracht, in die der Radweg mündet. Radfahrer müssen dort auf die Straße wechseln. Die Stadt nennt die sieben Meter lange Anlage nicht Schutzstreifen, sondern Einfädelspur. Kein Wunder: Der Streifen ist nur etwa halb so breit wie der Schutzstreifen in der Königstraße, um den es bei Einführung massiv Ärger gegeben hatte, weil Radfahrer sich unsicher fühlten. Die Stadt verteidigt die neue Anlage in der Südstadt. Zum Einfädelbereich gehörten auch die nicht rot markierte Gosse (20 Zentimeter) und die weißen Randstreifen, dadurch sei er fast doppelt so breit wie die rote Markierung.
„Da muss man schon ganz schön zirkeln, um in dieser schmalen Spur zu bleiben“, sagt Radfahrer Arthur-Karl Rain. „Es ist ja schön, dass die Stadt hier etwas für Radfahrer tut – aber das reicht wirklich nicht.“
Isabell Ganschow ist täglich mit zwei kleinen Kindern im Anhänger unterwegs – die Südstädterin holt sie aus der Krippe in der Innenstadt ab. Der Anhänger ist deutlich breiter als die rote Markierung. Wenn er mit dem rechten Rad nicht am Bordstein schleifen soll, dann rollt das linke Rad auf dem Straßenbereich, den Autofahrer für sich reklamieren. „Mit den Kindern im Anhänger breche ich lieber die Verkehrsregeln und fahre über den Bürgersteig“, sagt die junge Mutter: „Aber ich will nicht, dass ich Ärger bekomme, wenn das in der Zeitung steht.“
Auch Evelyn Schmidt findet: „Zehn bis 15 Zentimeter mehr Breite wären gut gewesen fürs Sicherheitsgefühl.“ Sie fährt lieber an der lauten Hildesheimer Straße, statt den Streifen an der Schlägerstraße zu nutzen: „Vor allem der Einstieg ist holprig.“ Radfahrer müssen gewissermaßen eine S-Kurve fahren, wenn sie sich vom Radweg auf den roten, schmalen Streifen einfädeln. Fährt neben ihnen ein Transporter, dann wird es eng. Denn in der Mitte der Straße ist eine Fußgängerinsel installiert. Sie ist mit gut drei Metern besonders breit. Hätte man sie verschmälert, wäre mehr Platz für den Radfahrerstreifen gewesen. „Aber das hätten Sie den Tiefbau-Mitarbeitern vor fünf Jahren sagen müssen, als die Planung für den Umbau der Kreuzung begonnen wurde“, sagt Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne.
Die Kreuzung – das ist eine komplizierte Doppeleinmündung der Lutherstraße in die Schlägerstraße genau neben der Einmündung in die Hildesheimer Straße. Die Stadt hat den kompletten Bereich umgebaut. „Insgesamt ist alles viel sicherer geworden“, lobt Pollähne: „Die Leute sind früher um die Ecken gebraust, es war hochgefährlich.“ Den Radfahrstreifen findet er nicht zu schmal. „Überholen können Radler sich darauf nicht, aber das ist auf der kurzen Strecke ja auch nicht nötig.“ Der weitere Verlauf der Schlägerstraße solle in Kürze zur Fahrradstraße werden.
Anwohnerin Ilse Düster blickt täglich vom ersten Stock auf die umgestaltete Kreuzung. „Viel zu eng“ sei die neu aufgemalte, rote Markierung, findet sie. Das sei typisch, schreibt ein Radfahrenthusiast bei Twitter: Der Radfahrerstreifen sei zu schmal, aber es reiche zu „drei Meter für Blechkisten“. An die Politik gerichtet fragt er: „Lasst ihr eure Kinder dort radeln?“
Von Conrad von Meding