Kuh vadis?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/SW7FBGEFFL4SYDXLWDA4RDC3HU.jpg)
Weiß, braun oder weizenfarben: Welche Kühe die Polizei aus der Leine gerettet hat, ist unklar. Zumindest sagt das der Landwirt.
© Quelle: dpa (Symbolfoto)
Hannover. Bei Verwaltungsgerichtsprozessen lässt sich einiges lernen. „Rinder können schwimmen, allerdings nur etwa eine halbe Stunde lang. Dann laufen sie wegen Schließmuskelinsuffizienz von hinten voll Wasser“, sagte Richter Michael Matthies, der sich tief in die Materie eingearbeitet hat.
Die Schwimmfähigkeit von Rindern spielt eine Rolle in einem Verfahren, das Züge einer Posse trägt: Die Polizeidirektion will dem Landwirt Erwin Mieske aus Neustadt-Metel einen Gebührenbescheid in Höhe von 345 Euro für einen Viehtreibereinsatz aufs Auge drücken. Sie ist sich sicher, dass es Mieskes Rinder waren, die am 13. Oktober 2009 gegen 22 Uhr von ihrer Weide in der Leinemasch zwischen Herrenhausen und Limmer ausgebüxt sind und zurückgeschafft werden mussten.
Mieske streitet das ab – "die Tiere gehören dem Nachbarn." Außerdem fragt er sich, ob die Polizei nichts Wichtigeres zu tun hat, als einen Bescheid durchzufechten, bei dem es um eine eher kleine Summe geht. Er spricht von Willkür.
Die Szenerie spielt auf einem Areal im Leinebogen, das auf der Seite zum Westschnellweg durch den Ernst-August-Kanal begrenzt ist. Dort hielt Mieske einen Teil seines Rinderbestandes der Rasse Blonde d'Aquitaine, die sich durch ein eher gelbes Fell auszeichnet. Auf der anderen Seite der Leine stehen auch Viecher – die von Bauer Hermann Völxen aus Limmer nämlich, Charolais-Rinder mit eher weißem Fell.
Fakt ist, dass die Rinder von Mieskes Weide kamen, die am fraglichen Oktoberabend in stockfinsterer Nacht auf dem Radweg Richtung Wasserkunst unterwegs waren. Fakt ist auch, dass die Polizei sie dorthin zurücktrieb, nachdem sie alarmiert worden war. Und Fakt ist, dass die Beamten später notierten, es habe sich um weiße Rinder gehandelt.
Mieske meint, es müsse sich bei den Ausreißern wegen der Farbe um die Charolais gehandelt haben. „Sie sind schon öfter durch den Fluss gewatet oder sogar geschwommen und haben meine Rinder besucht“, beteuerte er. Außerdem seien Völxens Rinder im Gegensatz zu seinen häufiger ausgerissen. In der Tat hatte es Kuh Uschi vor einigen Jahren bis Limmer geschafft. Und zwei Wochen vor der fraglichen Oktobernacht mussten Rinder eingefangen werden, die aus Völxens Bestand stammten.
Die entscheidende Frage, ob die Kühe auf dem Radweg nun zweifelsfrei weiß oder doch gelb gewesen seien, konnte auch ein als Zeuge geladener Polizist nicht beantworten. „Es war dunkel, ich war nur kurz vor Ort und befasse mich sonst nicht mit Ackerbau und Viehzucht“, beteuerte er. Richter Matthies wirkte etwas ratlos, zumal die Vertreterin der Polizei den Bescheid auch nach einem Kompromissvorschlag von Mieskes Anwalt Hans-Henning Cordes nicht zurücknehmen wollte.
Der Viehtrieb in der Leinemasch wird das Gericht weiter beschäftigen. Ein Ortstermin mit allen Beteiligten ist anberaumt, dessen Kosten höher liegen werden als die Summe, um die es geht. Mieske zog seine Rinder Ende 2009 dort ab. „Ich hatte die Nase voll von dem ewigen Theater“, sagt er.