Lüttje Lage: Der Fund in der Schatzkiste
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Bernd Haase
© Quelle: HAZ
Hannover. Das Angebot an Kochbüchern ist groß, wahrscheinlich hat jeder schon eins geschrieben, der eine Tütensuppe unfallfrei zubereiten kann. Es gibt welche für Freunde italienischer, französischer, asiatischer, südamerikanischer Küche, welche für Senioren und Kinder, für Vegetarier und Veganer, für Vegetarier mit Kindern und so weiter und so fort. Einige stehen auch bei uns im Küchenschrank.
Viel interessanter ist jedoch die Schatzkiste. Es handelt sich um einen Korb, in dem wir Rezepte sammeln, die uns irgendwann mal untergekommen sind. Kopien, Handschriften, Zeitungsausrisse sind darunter. In der Schatzkiste herrscht keinerlei Ordnung; greift man sich drei Rezepte heraus, kann man welche für Liebstöckelsuppe, Frankfurter Kranz und Osso Buco in der Hand halten. Wie viele es insgesamt sind, haben wir nie gezählt, aber es müssen Hunderte sein.
Ich habe kürzlich die Schatzkiste nach einem Rezept für Rehrücken durchgekramt, das ich selten brauche, aber von dem ich wusste, dass es existiert. Vor vielen Jahren habe ich es auf den Zettel eines Notizblocks geschrieben; das Original stammt von meiner Mutter. Bei der Suche entdeckte ich ein Blatt mit der Überschrift „Blaue Soleier“.
Umgehend bekam ich Appetit. Früher haben unsere Eltern oft Soleier eingelegt, auch standen sie, also die Eier, in vielen Kneipen in einem großen Glas auf der Theke. Das ist längst vorbei. Soleier sind zu einer bedrohten Art unter den Köstlichkeiten geworden, ihr Niedergang lief parallel zum Siegeszug der Überraschungseier.
Blaue Soleier erhält man, wenn man zu der Salzlake, in die man die gekochten Eier einlegen muss, Blaubeersaft hinzufügt. Ich fragte meine Frau, ob wir welchen haben. Als sie erfuhr, was ich damit vorhabe, kündigte sie an, in der Schatzkiste aufzuräumen und auszumisten. Sie witterte Gefahr im Verzug. Dass ich auch ein Rezept für eine Aalsuppe gefunden habe, verschwieg ich deshalb lieber.
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Von Bernd Haase