Martin Schönhoff möchte authentisch sein
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Für den Landwirt Martin Schönhoff ist auch dieses Thema ein roter Faden in seiner kommunalpolitischen Arbeit.
© Quelle: Kallenbach
Wedemark. Im Rat der Gemeinde Wedemark arbeiten die beiden großen Fraktionen CDU und SPD bereits seit November 2016 zusammen. Sie handeln im Konsens und stimmen politische Entscheidungen miteinander ab. Was aber, wenn die Großen eine Sprache sprechen, haben die „Kleinen“ im Rat zu sagen? Welche Strategien entwickeln die Einzelkämpfer?
Fünf Seiten umfasst der Koalitionsvertrag, in dem die beiden Fraktionen und Gemeindeverbände die große Linie in Sachthemen festgelegt haben. Nicht erst im Rat, sondern in einem gemeinsamen Abstimmungsgremium vorher tauschen sie ihre Argumente aus; Besucher im Rat hören vielfach nur die Ergebnisse. Die Rolle der „Kleinen“ im politischen Geschäft bleibt den Zuhörern oft verborgen – sie gehen deutlich seltener ans Mikrofon.
Neun Parteien sind seit den Kommunalwahlen 2016 im Rat vertreten, vier von ihnen mit nur einem Mann oder einer Frau: Die Linke und die WGW belegen nach wie vor je einen Sitz, Bündnis C und WWR sind erstmals im Rat mit je einem Sitz. Wie sie an ihre Informationen kommen und diese verarbeiten, wie sie vernetzt sind, und wie sie sich selber sehen, das haben wir die Vertreter dieser kleinen Parteien gefragt.
In kleiner Partei fühlt sich Martin Schönhoff authentisch
Aus inhaltlichen Gründen sei er zum Einzelkämpfer geworden, sagt Martin Schönhoff im Gespräch dieser Zeitung. Bis Februar 2016 noch CDU-Ratsmitglied, habe er die Entwicklung in der CDU nicht mehr mittragen können. Ehrlich, authentisch finde er sich mit seinem christlich-konservativen Ansatz bei Bündnis C (Christen für Deutschland) wieder. Nicht wirklich Einzelkämpfer ist er damit im Wedemärker Gemeinderat, denn mit der FDP (zwei Sitze) bildet er eine Gruppe.
Der große Vorteil des FDP/Bündnis-C-Ratsmitglieds: „Ich habe Zugang zu den Ausschüssen“. Statt nur mit dem Grundmandat ausgestattet, die Schönhoff als Solist im Rat hätte, ist die Gruppe FDP/Bündnis C stimmberechtigt in jedem Ausschuss. Schönhoff arbeitet regulär in zwei Ratsausschüssen – Ausschuss für Bildung, Kinder und Jugend sowie Ausschuss für Familie, Senioren, Soziales und Integration -, in anderen als Vertreter. „Selbst in den Ausschüssen, in denen ich keinen Sitz habe, bekomme ich Infos von den anderen und bin mit den Inhalten vertraut“. Er treffe sich regelmäßig mit den FDP-Kollegen, denn in den Ausschüssen würden alle Entscheidungen getroffen.
Für Ratsherrn gibt es keinen Gruppenzwang
Gruppe heiße, so sieht es Schönhoff, man solle möglichst eine Linie verfolgen. „Es gibt für uns keinen Gruppenzwang“, betont er gleichwohl. „Bei unterschiedlichen Meinungen können wir unterschiedlich abstimmen.“ Die Erfahrung zeige bisher, dass dies noch nicht vorgekommen sei. Wenn große Fragen anstünden, würde er natürlich die eigene Entscheidung für sich in Anspruch nehmen. „Aber bisher war das so für mich ausreichend.“ Welches Statement die Gruppe in der Ratssitzung vertrete, werde vorher besprochen.
Bündnis C – eine kleine Partei, „aber dadurch kann ich auch authentisch sein“, betont Schönhoff. „Dieses Spektrum im Rat gehört für mich zur demokratischen Meinungsvielfalt gerade dazu.“ Bündnis C gründete sich Schönhoffs Angaben zufolge vor zweieinhalb Jahren; sie entstand aus einer Fusion zwischen der Partei der bibeltreuen Christen und AUF (Arbeit, Umwelt, Familie) auf Bundesebene. „Mir war bewusst, dass es eine Partei ist, die es flächendeckend nicht gibt“, betont der Hellendorfer, der für Bündnis C auch dort im Ortsrat aktiv ist.
Elternrechte sind dem Ratsherrn wichtig
Mehrmals haben die Zuhörer im Gemeinderat ihn schon am Mikrofon erlebt – mit Sicherheit immer dann, wenn es um Elternrechte geht. „Wichtig ist mir, erst einmal haben Eltern den Erziehungsauftrag“, stellt der Vater von vier Töchtern fest. Jederzeit müsse – auch im Kitabereich – die Wahlmöglichkeit für Eltern auf einen Halbtagsplatz bestehen bleiben. „Die Tendenz geht zu Dreiviertel- und Ganztagsplätzen. Dasselbe gilt im Schulbereich: Die Wahlmöglichkeit ist bei gebundenen Ganztagsschulen für Eltern nicht mehr gegeben.“ Deshalb sei er dagegen. Er wünsche sich mehr Respekt und eine wertschätzende Haltung gegenüber Eltern, die ihre Kinder überwiegend selbst betreuen wollen.
Einen zweiten roten Faden verfolgt Schönhoff politisch auch als hauptberuflicher Landwirt in Hellendorf. „Ich bin der einzige Landwirt im Rat“, betont der 46-Jährige. Das motiviere ihn, bei solchen Themen besonders gut zuzuhören. Und: „In dem Punkt habe ich Überschneidungen mit der FDP und darin meinen richtigen Partner.“
Als Landwirt habe er eigenen Angaben zufolge ein inniges Verhältnis zu den Entwicklungen in der Landwirtschaft und der Tierhaltung. Er wolle dörfliche Strukturen erhalten und zur Belebung des ländlichen Raums auch durch Naherholung beitragen.
Digital ist er in den Ratsunterlagen wohl auch unterwegs, „aber ich brauche immer die Seite mit der Tagesordnung und einen Kuli für Notizen“, sagt der Kommunalpolitiker. Wie andere Einzelkämpfer im Gemeinderat hält auch er sich mit Kommentierungen in den Sitzungsverläufen zurück. „Man muss nicht um des Redens willen reden“, hält Schönhoff fest. „Wenn wirklich alles gesagt ist, ist es ja gut. Aber deutlich andere Positionen als die von den großen Parteien – die müssen benannt werden.“