Nordstadt

Mieter protestieren gegen teure Modernisierung

Protest der Bewohner des Wohnhauses Fliederstraße 5: Der Versuch der Hausverwaltung, das Transparent abzunehmen, ist gescheitert.

Protest der Bewohner des Wohnhauses Fliederstraße 5: Der Versuch der Hausverwaltung, das Transparent abzunehmen, ist gescheitert.

Hannover. An diesem Mittwoch berät das Bundeskabinett über Änderungen im Mieterschutz, unter anderem soll die Höhe der Modernisierungsumlage gesenkt werden. Worum es dabei geht, lässt sich gut an einem aktuellen Beispiel aus der Nordstadt erzählen. Dort protestieren zehn Mietparteien in einem Gründerzeithaus gegen angekündigte massive Mieterhöhungen wegen Modernisierung. Um bis zu 60 Prozent könne die Kaltmiete steigen, sagen sie – und kündigen Widerstand an. Ob es Demos gibt, Blockaden wie jüngst in Linden oder sogar eine Hausbesetzung, das wollen sie derzeit nicht sagen: „Wir lassen uns nicht in die Karten gucken.“

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Das Gebäude in der Fliederstraße 5 ist im Juli an eine Gesellschaft verkauft worden, hinter der ein Schweizer Investor stehen soll, der in Hannover mehrere Häuser übernommen hat. Die Mieter hatten versucht, das Haus selbst zu kaufen, waren damit aber gescheitert. Jetzt flatterte die befürchtete Mitteilung ins Haus: Fenster sollen ausgetauscht, die Heizung zentralisiert und die rückwärtige Fassade sowie Geschossdecken gedämmt werden. Nach derzeitiger Rechtslage darf der Eigentümer elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete aufschlagen. Ein starkes Geschäft: In der Regel leihen sich Investoren den Betrag für knapp zwei Prozent am Geldmarkt, die Differenz ist dann die Rendite. Der Bund will den Maximalbetrag daher auf acht Prozent senken.

Heizung und Fenster ab November neu

Perfide: Mit der Erneuerung von Fenstern und Heizung soll nach Angaben der Mieter im November begonnen werden. Sie wittern, dass es vor allem darum geht, sie aus dem Haus zu ekeln, um später noch höhere Mieten nehmen zu können. Der Vermieter habe freizügig ein Sonderkündigungsrecht angeboten. „Diesen Firmen ist es völlig egal, ob sich die Mieter in ein paar Monaten noch ihre Miete leisten können, wohnungslos werden oder den Stadtteil verlassen müssen“, heißt es in einer Stellungnahme der Bewohner.

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Arne Morick vom Unternehmen Delta, das das Gebäude für den Eigentümer verwaltet, bestätigt, dass es Konflikte gibt. „Wie stark die Mieten am Ende konkret steigen, steht aber erst fest, wenn die Modernisierung abgerechnet ist“, sagt er. Nach Angaben von Bewohnern beträgt die Quadratmeter-Kaltmiete im Haus derzeit je nach Mietdauer etwa 5,50 Euro, bei 60 Prozent Steigerung könnte sie auf 8,80 Euro klettern. Im Haus leben Studenten, eine Familie und Arbeiter – „viele können sich solch eine Steigerung nicht leisten“, sagt ein Bewohner.

Die Bewohner geben sich kämpferisch, sprechen von „Widerstandskultur“ und fordern „Wohnraum für alle statt Rendite für Investoren“. Der Versuch der Hauverwaltung, das Transparent an der Fassade abzunehmen, wurde erfolgreich gestoppt: Es hängt immer noch.

Veranstaltung im Raschplatz-Pavillon

Am Donnerstag beschäftigt sich ein Diskussionsabend ab 19 Uhr im Kulturzentrum Raschplatz-Pavillon mit sozialem Wohnungsbau in Hannover. Dabei geht es auch um Mieterselbsthilfe und Gentrifizierung.

Wie sozial ist der soziale Wohnungsbau? Und wie schreitet die Vertreibung angestammter Mieter aus ihren Quartieren voran? Bei einer Diskussion am morgigen Donnerstag im Kulturzentrum Raschplatz-Pavillon geht es um diese Fragen und darum, was Mieter tun können, um sich gegen steigende Mieten zu wappnen. Die Debatte startet um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.

Das Thema ist Auftakt zu einer neuen Veranstaltungsreihe „Fishbowl“ im Pavillon – der Titel bezeichnet eine Diskussionsform, bei der Besucher auf dem Podium mitreden dürfen. Unter anderem sitzen auf dem Podium SPD-Ratsherr Lars Kelich, Karsten Klaus von der kommunalen Wohnungsgesellschaft Hanova und Jürgen Schabram von der Sozialen Wohnraumhilfe. Anlass ist, dass die Mieten stärker steigen als die Gehälter, und sich inzwischen ein Drittel der Hannoveraner keinen Umzug mehr leisten können.

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Von Conrad von Meding

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