Milde Strafe für Cannabis-Anbau in Kellerräumen
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Verteidiger Anselm Schanz (l.) präsentierte dem Schöffengericht ein Geständnis seines Mandanten.
© Quelle: Foto: Katrin Kutter
Hannover. Daniel T. baute – gemeinsam mit zwei Kumpanen – im Kellergeschoss einer Gewerbeimmobilie in Brink-Hafen Cannabis an. Zehn von 224 Pflanzen waren bereits geerntet, als die Polizei die Räumlichkeiten am Kabelkamp entdeckte und die illegale Hanfplantage auffliegen ließ. Nun musste sich der 36-jährige T. vor einer Schöffenkammer am Amtsgericht wegen Drogenhandels verantworten. Ist ein mutmaßlicher Straftäter vor einem Schöffengericht angeklagt, steht gemeinhin ein Strafmaß zwischen zwei und vier Jahren im Raum. Doch T. hatte eine Menge Glück – und wurde von den drei Richtern unter Vorsitz von Wiebke Gratz lediglich zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Außerdem muss er als Bewährungsauflage 1000 Euro Geldstrafe zahlen und 3000 Euro Gewinn aus Drogengeschäften an die Landeskasse abführen.
Strom illegal abgezapft
T. hatte die Kellerräume im Gewerbegebiet am Kabelkamp Ende 2013 angemietet, dann machten sich der gelernte Zimmermann aus Gehrden und seine Freunde daran, die laut Gericht „professionelle“ Plantage einzurichten. Eine als Zeugin geladene Polizeibeamtin sprach von „erheblichen baulichen Maßnahmen“. Der Strom für die vielen elektrischen Verbraucher sei offenbar illegal abgezapft worden.
Doch die Züchtung der Cannabispflanzen fand im Juni 2014 ein jähes Ende. Einem Polizeibeamten, der zufällig die Straße entlangging, war der typische Marihuana-Geruch in die Nase gestiegen. Er lokalisierte ein Abluftrohr als Quelle der süßlichen Aromen und verständigte seine Kollegen. Mittels Wärmebildkameras ermittelten die Beamten, dass es in den Kellerräumen überaus mollig war – Ausfluss der Hitzeentwicklung zahlreicher wachstumsfördernder Lampen. Zwei Tage später schlug ein Spezialeinsatzkommando zu und beendete die Arbeit der Hanfbauern. Die geernteten Pflanzen wogen 220 Gramm, die erwartete Erntemenge der übrigen 214 Pflanzen wurde auf mehr als fünf Kilo taxiert.
Mehrfach vorbestraft
Weil Daniel T. längere Zeit nicht aufzufinden war, machte die Justiz im Herbst 2017 zunächst Kai G. und Hendrik W. den Prozess. Beide wurden wegen Drogenhandels zu Bewährungsstrafen von je sieben Monaten verurteilt. Die Verfahrensbeteiligten im Prozess gegen Daniel T. waren sich einig, dass die Strafen gegen die Mittäter erstaunlich gering ausgefallen waren und ein Drogenanbau in diesem Umfang normalerweise nicht bewährungsfähig ist. Doch auch wenn es eigentlich „keine Gleichheit im Unrecht“ geben dürfe, so formulierte es Staatsanwalt Jan Salaschek, dürfe man auch das Gebot der „Binnengerechtigkeit“ nicht aus dem Auge verlieren. So forderte er denn für den Angeklagten, der bereits mehrfach wegen Schwarzfahrens und kleinerer Drogendelikte vorbestraft war, eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Verteidiger Anselm Schanz wies darauf hin, dass sein Mandant zur Tatzeit selbst Marihuana konsumiert und die Tatvorwürfe vor Gericht eingeräumt habe; der Anwalt plädierte für eine Bewährungsstrafe „um ein Jahr herum“. Das Gericht entschied schließlich auf 22 Monate. Richterin Gratz sagte, dass es die milden Urteile für die Mittäter gewesen seien, die T. vor einer härteren Strafe bewahrt hätten.
Von Michael Zgoll