Orgelpfeifen leiden unter kälterem Wetter
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Ernst Schmidt erläutert Frederik die Besonderheit der Orgel bei St. Pankratius.
© Quelle: Antje Bismark
Burgdorf. Eine Premiere für Schulkinder bietet in diesen Herbstferien die St.-Pankratius-Gemeinde: Zum ersten Mal zeigt der Orgelbauer Ernst Schmidt den Jungen und Mädchen die Orgel in der Kirche am Spittaplatz. Das Interesse des Nachwuchses hält sich, nach Einschätzung Schmidts wohl wegen der verspäten Veröffentlichung, in Grenzen, und so bekommt der elfjährige Frederik eine Privatführung.
Dabei verbucht der Viertklässler den Besuch am Instrument als kleines Heimspiel, schließlich nimmt er seit den Sommerferien dort Instrumentalunterricht bei Tina Röwer-Burzeya. „Ich habe mit dem Klavierspielen in der ersten Klasse begonnen, nun kommt die Orgel dazu“, sagt der Grundschüler, während Schmidt das Rückpositiv öffnet, das sich auf der Empore im Rücken des Organisten befindet.
Der Burgdorfer kennt die Orgel seit Jahrzehnten, genauer gesagt: seit seiner Lehrlingszeit. „Damals habe ich am Bau mitgearbeitet“, sagt Schmidt, während er dem jungen Gast den Unterschied zwischen gedeckelten, offenen und Zungenpfeifen erklärt. Die Feinheiten des Prinzipal- oder des Flötenregisters kennt Frederik bereits, und so nutzen beide die Ferienpassaktion, um gleich noch eine Zungenpfeife zu stimmen. „Daran merkt man, dass es kälter geworden ist“, sagt Schmidt, der bei der Isernhagener Firma Hillbrand gelernt und gearbeitet hat.
Schließlich spielt Frederik einige Sequenzen der Fuge G-Dur von Johann Sebastian Bach, das gelingt fehlerfrei – dank des wöchentlichen Unterrichts. Das Spiel mit den Pedalen, Halten eines Akkords, die Suche nach der jeweiligen Pfeife: Souverän reagiert der Elfjährige auf Aufforderungen Schmidts, und deshalb machen sich beide nach einer knappen Stunde auf den Weg hinter die Orgel.
In dem angrenzenden Raum befindet sich der Blasebalg, beschwert mit Steinen. Die Wände zieren Dokumente, Fotos und Skizzen zu der Orgel, die aus dem Jahr 1585 stammt. Allerdings, sagt Schmidt, stamme sie wohl nicht aus einem Hildesheimer Kloster, wie bislang vermutet, sondern aus der Michaeliskirche der niedersächsischen Domstadt. Diese Vermutung ergebe sich aus jetzt aufgetauchten Dokumenten. Unabhängig von der Herkunft – an einem Punkt rüttelt die Gemeinde nicht: Die Orgel muss aufgearbeitet werden, dafür stehen 75.000 Euro bereit. „Allein die Pfeifen müssen alle 20 bis 30 Jahre gründlich gereinigt werden, die stauben ja richtig ein“, sagt Schmidt – und kündigt gleich eine Wiederholung der Ferienpassaktion an.
Von Antje Bismark