Spedition ließ eingelagerte Möbel vergammeln
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Die Holzelemente der Möbel waren mit Stockflecken übersät.
© Quelle: privat
Hannover. Ein 74-jähriger früherer Unternehmer aus der Region Hannover ist in höchstem Maße verärgert über das Geschäftsgebaren einer renommierten hannoverschen Spedition. Der Ruheständler beklagt den Verlust von rund 80.000 Euro – und prozessiert vor dem Landgericht.
Der Hemminger war 1996 für 17 Jahre ins Ausland gegangen, hatte seinen gesamten Hausstand in einem großen Überseecontainer bei der Firma in Innenstadtnähe eingelagert. Doch als er die Möbel, Haushaltsgegenstände und Kleidungsstücke 2014 in ein neu erworbenes Reihenhaus in Empelde geliefert bekam, fiel er aus allen Wolken: Ein Gutteil seines Eigentums fehlte, der Rest war feucht geworden und restlos verdorben. „Der Container roch vermodert, Möbel und Klamotten waren schimmelig und Matratzen verfault“, berichtet der Senior. Auch seien alle Elektrogeräte oxidiert und seine Werkzeuge verrostet gewesen, zudem hätten sich Heerscharen von Silberfischchen in den Sachen getummelt. Die Auseinandersetzungen mit der Spedition hätten ihn bereits so mitgenommen, dass er sich vor anderthalb Jahren einer Herz-OP unterziehen musste, sagt der 74-Jährige: „Ich fühle mich total über den Tisch gezogen.“
Wahl fiel auf teuerste Firma
Bis zu seiner Übersiedlung nach Thailand, wo er mit seiner Frau eine Ananasplantage übernahm, war der Hemminger als Betriebsleiter einer Fensterbaufirma tätig. „Ich habe mir dann 1996 mehrere Angebote für das Einlagern meines Hausstandes eingeholt und mich schließlich für das teuerste entschieden“, erzählt der 74-Jährige. Die „Weltfirma“ sei ihm am seriösesten erschienen. Zu den eingelagerten Sachen zählten Massivholzmöbel, die der gelernte Tischler selbst gebaut hatte, eine Ledergarnitur, Ledermäntel, Waschmaschine und Trockner, Fernsehgerät und diverse Werkzeuge. 1996 verschloss der Auswanderer den großen Container in einer klimatisierten Halle, versah den Behälter mit einem eigenen Schloss.
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Diese Matratze war nicht mehr zu verwenden.
© Quelle: privat
Anderthalb Jahre später aber wurde der Container von Mitarbeitern des Spediteurs aufgebrochen, der Inhalt auf dem Gelände der Traditionsfirma verstreut. Der Unternehmer bekam dies nur mit, weil er kurzfristig in Hannover weilte. Anfang 1999 entschuldigte sich der Geschäftsführer der Spedition bei seinem arg irritierten Kunden. Der zuständige Disponent sei entlassen worden, so der Firmenchef; diesem sei aufgrund eines „Planungsrückstands“ der Überblick über verfügbare leere Behältnisse abhanden gekommen, weshalb er auf die Lagerbox des Unternehmers zugegriffen habe. „Die Spedition hat wohl gedacht, dieser Kunde ist viele Jahre im Ausland, dann können wir mal seinen Container nutzen“, vermutet der 74-Jährige. Immerhin entschuldigte sich der Spediteur bei dem Hemminger und versprach, ihm bei der Endabrechnung entgegenzukommen.
Was bei der erneuten Einlagerung niemandem auffiel: Ein Teil der Sachen fehlte, und der Rest hatte auf dem Speditionsgelände offenbar reichlich Feuchtigkeit gezogen. Die Folge: In den folgenden 16 Jahren gammelten die eingelagerten Gegenstände vor sich hin. Bei der Anlieferung in Empelde im September 2014 notierte der Chef des Speditionsteams: „Möbel stockig, beschädigt und Feuchtigkeitsschäden. Es konnten keine Möbel aufgebaut werden.“ Etliche wertvolle Dinge, etwa die Waschmaschine, fehlten ganz und gar.
Maßlos verärgert
Rund 35.000 Euro Miete, so berichtet der Ruheständler, habe er für 18 Jahre Lagerung bezahlt. Im Zuge eines ersten Prozesses stimmte er einem Vergleichsvorschlag zur Rückzahlung von 8000 Euro Mietkosten zu – was ihn heute maßlos ärgert: „Das war viel zu wenig“. Derzeit läuft beim Landgericht Hannover ein weiteres Verfahren wegen des Schadensersatzes für das verschwundene und verdorbene Lagergut, das komplett entsorgt werden musste. „Der von uns errechnete Neuwert lag bei 66.000 Euro, wir haben auf Basis des Zeitwerts aus den Neunzigern auf Rückerstattung von 46.000 Euro geklagt“, erläutert Tobias Bathon, der Anwalt des Unternehmers. Doch die Spedition bzw. deren Versicherung sei noch nicht einmal bereit gewesen, sich auf einen Vergleichsvorschlag von 10.000 Euro einzulassen.
Jetzt hat das Gericht einen Sachverständigen beauftragt, der den Wert der früheren Hausstandes taxieren soll. „Mich wundert, dass sich die Spedition trotz ihres eklatanten Fehlverhaltens so stur stellt“, meint Anwalt Bathon. Immerhin habe die Firma an der lange Jahre gezahlten Miete schon kräftig verdient.
Von Michael Zgoll