Schwarzfahrer

Üstra-Kontrolleure fühlen sich unter Druck gesetzt

„Die Fahrscheine bitte“: Die Arbeit der Üstra-Kontrolleure wird nach einem Punktesystem beurteilt.

„Die Fahrscheine bitte“: Die Arbeit der Üstra-Kontrolleure wird nach einem Punktesystem beurteilt.

Hannover. Erneut beschweren sich Fahrkartenkontrolleure über zunehmenden Druck beim Erwischen von Schwarzfahrern. Mehrere Fahrscheinprüfer berichten gegenüber der HAZ von einem Punktesystem, das unter anderem das Aufschreiben von Ticketsündern belohne. Auch hat die Üstra ihren Kontrolleuren vor einiger Zeit Gruppen-Chefs vor die Nase gesetzt, sogenannte Leiter Prüfgruppe (LPG). „Die erwarten von uns, dass wir im Schnitt sechs bis acht Schwarzfahrer pro Tag erwischen“, erzählt einer der Kontrolleure. Das werde angesichts verbilligter Tickets wie der Schülerkarte immer schwieriger. „Die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke“, sagt ein anderer. Die Prüfer wollen anonym bleiben, aus Angst vor Repressionen.

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„Fangprämie“ ist abgeschafft

Im Frühjahr hatten Kontrolleure der Firma Protec, die ebenso wie ihre Üstra-Kollegen durch Busse und Stadtbahnen patrouillieren, deutliche Kritik an den „Fangprämien“ geäußert. Die Kontrolleure erhielten bis zu 800 Euro im Monat zusätzlich, wenn sie genügend Fahrgäste ohne gültiges Ticket erfassten. Um den vollen Betrag zu kassieren, müssten täglich 21 Schwarzfahrer ins Netz eines Kontrolleurs gehen. Das sei aber angesichts etlicher günstiger Ticketangebote nicht mehr möglich, hieß es. Daraufhin strich die Protec ihre Prämien.

Auch unter den rund 40 Üstra-Kontrolleure regt sich jetzt Unmut. Zwar gebe es keine „Fangprämien“ und keine schriftlich fixierten Zielzahlen, sagt ein Kontrolleur, dennoch bestehe die klare Erwartung, möglichst viele Schwarzfahrer zu erwischen. „Die Prüfgruppen-Leiter treiben uns an“, berichtet er. Wer nicht die gewünschten Ergebnisse liefere, müsse mit Sanktionen rechnen. Diese liefen unter dem Radar offizieller Repressionen ab. „So teilen sie uns unliebsame Schichten zu“, sagt er. Über ein Punktesystem wird die Arbeit der Kontrolleure bewertet. „Je mehr Leute wir aufschreiben, desto höher die Punktzahl“, sagt ein Prüfer.

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Üstra widerspricht Darstellung

Die Üstra-Leitung hat eine andere Sichtweise. Die Teamleiter seien keineswegs Antreiber, sondern „Ansprechpartner bei Problemen“, sagt Üstra-Sprecher Udo Iwannek. Sie sollten den Teamgeist stärken, die Prüfer für ihre Arbeit motivieren und bei Konflikten vermitteln. Nicht die Anzahl der erwischten Schwarzfahrer, sondern die Anzahl der kontrollierten Fahrzeuge fließe in die Bewertung ein, betont Iwannek. Auch die Zahl der Beschwerden über die Kontrolleure werde berücksichtigt: Je kundenfreundlicher die Mitarbeiter, desto höher die Punktzahl.

Das sei die offizielle Version, sagt einer der verärgerten Üstra-Prüfer. Um eine hohe Punktzahl zu bekommen, müsse man 40 bis 45 Fahrzeuge pro Tag kontrollieren – und dadurch bis zu acht Schwarzfahrer erwischen. „Externe Beobachter beurteilen zudem, wie wir in Bussen und Bahnen vorgegangen sind“, sagt ein anderer Prüfer. Am Ende des Jahres zahle die Üstra den Teams mit hoher Punktzahl eine Prämie. Das Unternehmen betont, dass kein Geld ausgezahlt, sondern ein gemeinsames Essen oder ein Kinobesuch finanziert werde.

Von Andreas Schinkel

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