Linden-Mitte

Unterschriftenaktion gegen Public Viewing geplant

Anwohner des Küchengartenplatzes befürchten, dass das dort geplante Public Viewing zur WM zu viel Lärm macht.

Anwohner des Küchengartenplatzes befürchten, dass das dort geplante Public Viewing zur WM zu viel Lärm macht.

Linden-Mitte. Die Proteste von Anwohnern gegen das zur Fußball-WM geplante Public Viewing auf dem Küchengartenplatz reißen nicht ab: „Wir wollen das nicht hinnehmen“, sagt Susanne Maeter, die dort wohnt. Sie will eine Unterschriftenaktion in der Nachbarschaft starten und schließt auch Demonstrationen gegen die Veranstaltung nicht aus. Die Parteien eines Wohnhauses in der Haasemannstraße haben sich bereits in einem offenen Brief an den Bezirksrat Linden-Limmer gewandt – die Lärmbelästigung durch die Freiluft-Fußballfeier sei „unzumutbar“, heißt es in dem von 16 Familien unterschriebenen Papier. Unterdessen bemüht sich Veranstalter Romec Manns, die Wogen zu glätten: Der Wirt der Kneipe Centrum lässt Handzettel im Quartier verteilen, in denen er versichert, sich streng an die Auflagen der Stadt zu halten und Anregungen der Anlieger zu berücksichtigen.

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Sie befürchten, dass sie nachts keine Ruhe finden, wenn auf dem zentralen Platz alle Spiele der WM live übertragen werden – und dort anschließend weitergefeiert wird. „Zudem wird Unrat wie Scherben, Flaschen, Essensreste, Urin auf dem Platz und in den Vorgärten hinterlassen“, heißt es in dem Schreiben an den Bezirksrat. Schon jetzt hätten die Nachbarn an den Wochenenden regelmäßig unter nächtlichem Lärm zu leiden, weil alkoholisierte Partygänger dort Station machten. „Das geht bis um 4 Uhr nachts“, sagt Susanne Maeter.

So lange soll die WM-Party laut Manns keineswegs dauern. „Die Veranstaltungen sind im Regelfall bis spätestens 22 Uhr aufzulösen“, kündigt er in seinem Schreiben an die Anwohner an. Die Nachtruhe werde an jedem Veranstaltungstag von einem Ordnungsdienst überwacht. „Im Idealfall“ könnte es in der WM-Zeit nach Spielende am Küchengartenplatz sogar ruhiger sein als in sonstigen Sommernächten, meint Manns. Er sichert zu, Toilettenhäuschen aufzustellen und will eine ständig erreichbare Hotline einrichten, über die Anlieger Probleme melden können. „Das wird kein Halligalli-Public Viewing“, schreibt Manns in seinem Rundbrief. Wie viele Fußballfans er erwartet, steht dort allerdings nicht. Laut Stadt soll der Küchengarten für 1000 Personen bestuhlt werden. Allerdings wird kein Zaun gezogen, es bleibt also genügend Platz für Stehpublikum.

„Die werden hier bis zur Fössestraße stehen – und nach Spielende geht es weiter in die Limmerstraße“, glaubt Otto Behrens. Er gehört zur Nachbarschaftsinitiative NIL, die sich seit Jahren gegen Partylärm rund um das Faust-Gelände in Linden-Nord wehrt. Mehrere Mitglieder der NIL wollen das Anliegen der Anwohner vom Küchengartenplatz unterstützten. Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern, die dort ebenfalls wohnt, kann die Aufregung dagegen nicht verstehen: „Wenn der Wirt die Auflagen befolgt, ist das doch in Ordnung“, findet sie.

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Die Stadt hat angekündigt, den Lärmpegel beim Public Viewing streng zu überwachen. Die Bildschirme werden erst kurz vor Anpfiff ein- und kurz nach Spielende wieder ausgeschaltet. Wenn die deutsche Nationalmannschaft nicht spielt, wird der Aufbau kleiner und der Ton der Übertragung leiser sein.

Stadt will genehmigen

Die Stadt ist zuständig für die Genehmigung des Public Viewings. Derzeit werde „intensiv an der Abwägung zwischen Anliegerinteressen und Veranstalterinteressen gearbeitet“, teilt Stadtsprecher Udo Möller mit. Dabei werde auch geprüft, ob Einwände der Anwohner strengere Auflagen nötig machten. „Von einer vollständigen Ablehnung ist aber nicht auszugehen“, erklärt Möller. Grundlage bei der Genehmigung ist unter anderem auch eine Verordnung des Bundesrats: Die gesetzlich vorgeschriebene Nachtruhe im Freien beginnt um 22 Uhr. Da einige WM-Spiele aber erst um 22.30 Uhr enden, hat der Bundesrat die Zeitgrenze erweitert: Public Viewing ist in der WM-Zeit immer bis zum Abpfiff möglich. jk

Die Ampelkoalition im städtischen Rathaus hat das Konzept bereits grundsätzlich gebilligt: Ein Dringlichkeitsantrag der Gruppe Linke/Piraten, die WM-Feier auf den Trammplatz zu verlegen, fand keine Mehrheit. Auch die Linken im Bezirksrat kritisieren die Standortwahl, zumal es auf dem Lindener Marktplatz schon ein Public Viewing der Kneipe Gig gibt: „Doppeltes Public Viewing in Linden ist eine große Belastung“, sagt Vize-Bezirksbürgermeisterin Inga Schmalz. „Warum wird eine solche Veranstaltung auf dem Weißekreuzplatz wieder abgesagt, aber am Küchengarten erlaubt?“, fragt CDU-Fraktionschefin Gabriele Steingrube. Ähnlich hatten sich bereits Grünen-Fraktionschef Daniel Gardemin und Bezirksbürgermeister Rainer-Jörg Grube geäußert.

Am Weißekreuzplatz hatte das Veto von Anwohnern und Bezirksrat das Public Viewing letztlich verhindert. Die Stadt hätte die Veranstaltung zwar trotzdem genehmigen können, wollte sich aber nicht gegen den Beschluss des örtlichen Gremiums stellen. Die nächste Sitzung des Bezirksrats Linden-Limmer ist erst wieder am 13. Juni – am 14. Juni startet die WM.

Kommentar: Keine Angst vor dem Ball

Es soll eine fröhliche Fußballfeier sein. Doch das auf dem Küchengartenplatz geplante Public Viewing ist zum Streitfall geworden. Auf der einen Seite stehen Anwohner, die um ihre Nachtruhe fürchten – auf der anderen all jene, die die WM-Spiele inmitten vieler Fans live erleben wollen. Beide Anliegen sind berechtigt. Deshalb sollten sich sowohl Veranstalter als auch die Stadt bemühen, einen Ausgleich zu finden. Die Stadt hat bereits angekündigt, dem Wirt des Centrums strenge Auflagen zu machen. So muss er unter anderem Ordnungskräfte einstellen. Die Gegner wird das kaum beruhigen können.

Bemerkenswert ist allerdings, wer sich in der Debatte nicht zu Wort meldet: Von den Anwohnern des Lindener Markts, die seit vielen Jahren mit Public Viewing der großen Turniere vor ihrer Haustür leben, sind keine Proteste gegen ihr Fußballfest bekannt. Sie wissen aus Erfahrung, dass nur bei den Spielen der deutschen Mannschaft der Geräuschpegel deutlich steigt. Und da schauen sie selbst gern hin.

Ihre Nachbarn vom Küchengarten haben nun Angst, dass die Fußballfeste Trinkfreudige aus der ganzen Stadt anziehen könnten, die auch nach den Übertragungen unter ihrem Schlafzimmerfenster weiterfeiern. Oder dass die Stephanusstraße zumindest während der Deutschland-Spiele zu einer Art WM-Meile wird. Diese Bedenken sind nicht ganz von der Hand zu weisen – allerdings werden die Ordnungskräfte von Stadt, Polizei und Veranstalter die Situation aufmerksam verfolgen und sicherlich auch während des Turniers die Spielregeln für das Public Viewing ändern – wenn es denn sein muss.

Aber Anwohnern, die sich entscheiden, zwischen den Kiezen von Linden-Nord und -Mitte zu leben, mit Ihme-Zentrum, 11a, Heizkraftwerk, Skateplatz, Stadtbahn, Fössestraße, TAK und Limmerstraße – denen muss wohl vor einer gut überwachten Fußballübertragung nicht bange sein.

Von Rüdiger Meise

Von Juliane Kaune

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