Wunstorf

Viele Gründe führen zu Bauverzögerungen

Der Fund von belastetem Material lässt den Kreiselbau an der Adolf-Oesterheld-Straße/Albert-Einstein-Straße ruhen.

Der Fund von belastetem Material lässt den Kreiselbau an der Adolf-Oesterheld-Straße/Albert-Einstein-Straße ruhen.

Wunstorf. Die Anwohner der Osterfeldstraße können bald aufatmen. Mit fast einjähriger Verspätung nähern sich die Straßenbauarbeiten endlich dem Ende. Zuletzt hatten Absprachen mit den Hausbesitzern zu Verzögerungen geführt, aber auch der frostige Winter die Arbeiten ruhen lassen. Da ist Geduld gefragt. Die ist schnell aufgebraucht, wenn Autofahrer durch Sperrungen längere Umwege in Kauf nehmen müssen oder aus einer ruhigen Anwohnerstraße eine viel befahrene Durchgangsstraße wird. Kommt es dann auch noch zu einer verspäteten Fertigstellung oder wie jüngst zu einer parallelen Sperrung der Ortsdurchfahrt Luthe und der Neustädter Straße entlädt sich der Zorn häufig in den sozialen Netzwerken. Die Schuldigen sind schnell ausgemacht: Stadt und tatenlos herumstehende Bauarbeiter.

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Fehler liegen in der Planung

Doch so einfach ist es nicht, wie eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung und ein Gespräch mit Edgar Ohland, Straßen- und Tiefbauunternehmer und Gruppenleiter für diesen Bereich beim Baugewerbeverband Niedersachsen, zeigt. Bereits in der Planung könne es zu Verzögerungen kommen, teilt Stadtsprecher Alexander Stockum mit. Die Bauwirtschaft boomt. Auf Ausschreibungen würde kein oder kein wirtschaftliches Angebot abgegeben. Zu hohe Preisvorstellungen hatten zuletzt zu einer erneuten Ausschreibung des Kreisels an der Adolf-Oesterheld-Straße geführt. Manchmal könne eine Firma ihr vorangegangenes Projekt nicht termingerecht abschließen, das neue Bauvorhaben noch nicht angefangen werden, sagt Stockum.

Straßenbauexperte Ohland sieht Probleme oftmals auch bei einer mangelhaften Planungsausführung. Der Erbsdorfer Unternehmer arbeitet fast ausschließlich mit öffentlichen Auftraggebern zusammen. „Fangt mal erst einmal an. Das andere reichen wir nach“, bekommt er zu hören. In Stadtverwaltungen säßen oftmals nur Verwaltungsmitarbeiter und keine Bausachverständige. Diesen Vorwurf lässt Stockum für die Wunstorfer Stadtverwaltung nicht gelten. Mit Bauingenieur Simon Schlüter sitze ein Fachmann in der Tiefbauabteilung. Einen Baustellenkoordinator, wie bei der Stadt Neustadt, gebe es im Wunstorfer Rathaus allerdings nicht. Die Wunstorfer Verkehrsbehörde stimme sich mit den Straßenbaulastträgern ab und koordiniere die Aufgaben. „Das ist nicht immer einfach, da es auch bei anderen Behörden zu Verzögerungen kommen kann“, stellt der Stadtsprecher fest.

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Unter der Straße lauern böse Überraschungen

Haben die Bauarbeiter erst einmal losgelegt, kann auf sie unter dem Straßenbelag oftmals eine böse Überraschung liegen. „Was man nicht sieht, kann nur wenig geplant werden“, sagt Ohland. Oftmals tauchten belastete Baustoffe auf, die auf einer Deponie speziell entsorgt werden müssten. So seien Bauarbeiter beim Kreiselbau im Gewerbegebiet Süd beispielsweise auf asbestbelastete Rückstände gestoßen. Nur speziell geschultes Personal dürfen mit derartigem Material hantieren, erklärt Stockum. Manchmal seien aber auch Leitungen und Kabel nicht plangemäß verlegt, müssen gegebenenfalls versetzt werden. Für diese Arbeiten sind dann aber die Versorgungsunternehmen zuständig. Heutzutage würden Leitungen per GPS eingemessen und in Pläne übertragen. Die meisten vorhandenen Planwerke wiesen nur eine geringe Präzision auf, so dass eine Synchronisation neuer und alter Daten sehr schwierig und aufwändig sei. „Ob die heutige Genauigkeit genau genug ist, wird sich in circa 30 Jahren zeigen, wenn die heute noch neuen Straßen alt sind und erneuert werden müssen.“

Extremwetter vermiest Straßenbauarbeiten

Urlaubs- und Krankheitszeiten können ebenso zu einem Stillstand führen, wie auch Lieferengpässe. Bis zu acht Wochen müsse beispielsweise auf Betonerzeugnisse gewartet werden, erläutert Stockum. Hinzu kommen widrige Witterungsverhältnisse, wie starke Niederschläge, Frost aber auch große Hitze, wie in diesem Sommer. Bei Temperaturen um die 40 Grad sinke das Zeitfenster, in dem Beton verarbeitet werden könne von eineinhalb bis zwei Stunden auf zehn Minuten, nennt Ohland den Grund, warum bei extremer Hitze derartige Arbeiten ruhen. Er versichert auch, dass kein Bauunternehmer die Fertigstellung unnötig herauszögere. „Wenn Maschinen nicht arbeiten, kostet das Geld.“ Zusätzliche Kosten würde auch die Vereinbarung fester Fertigstellungstermine mit Konventionalstrafen verursachen, gibt Stockum zu bedenken. Eine mögliche Strafzahlung werde im Angebot mit eingearbeitet. „Es wäre nicht im Sinne der Beitragszahler, eine Baumaßnahme durch solche Strafen zu verteuern.“ Außerdem würden Konventionalstrafen gerade kleine und mittelständische Firmen von der Angebotsabgabe abschrecken, fürchtet der Stadtsprecher.

Zahl der Bauarbeiter sinkt

Mangelnden Sachverstand wirft Ohland auch Politikern vor, die beispielsweise in einer Digitalisierungsoffensive bundesweit auch kleinere Orte an das Glasfasernetz in zwei bis drei Jahren anschließen wollen. „Das ist illusorisch.“ Das sei mit dem derzeit im Bau beschäftigten Mitarbeitern nicht zu schaffen. Er rechne eher mit dem doppelten an Zeit. Das Problem ist der Fachkräftemangel. Vor der Wende habe es im Westen rund eine Millionen Arbeiter im Bauhauptgewerbe, zu dem auch der Straßen- und Tiefbau gehört, gegeben. Diese Zahl stieg nach der Wiedervereinigung auf 1,7 Millionen und ist zwischen 1990 bis 2010 auf 700 000 gesunken. Fast jedes Jahr würden 50 000 Arbeitsplätze abgebaut. „Jetzt ist wieder Geld zum Bauen da, aber es fehlen die Mitarbeiter, die es umsetzen könnten.“

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Baustellen in Wunstorf

Straßenbauer sind in vielen Ecken der Stadt tätig. Eine Auflistung nennt Bauprojekte, -herren, voraussichtliche Fertigstellungstermine und neue Projekte.

Bauherr Stadt Wunstorf: Osterfeldstraße (fertig Ende September 2018), Am Stadtrande (Ende Oktober 2018), Klosterstraße (Ende Dezember 2018), Schloßstraße (Anfang 2019), Veilchenweg (Beginn Herbst 2018), Am Osterfeuerberg (Beginn Herbst 2018)

Region Hannover: Nienburger Straße (Stadt Wunstorf beteiligt sich an der Erneuerung des Gehwegs sowie des Regenwasserkanals), Oktober 2018, Neustädter Straße/Klein Heidorner Straße (Stadt Wunstorf: Verlegung des Fußgängerüberwegs an der Neustädter Straße und kleinere Gehwegflächen) Herbst 2018

Entwicklungsgesellschaft Gewerbepark Wunstorf: Kreisverkehr Adolf-Oesterheld-Straße/Albert-Einstein-Straße (Angabe vor Verzögerungen Winter 2018/19)

Von Rita Nandy

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