Wunstorf

Zeitzeugen erinnern an Wunstorfs 1968

Stephan Rykena hat die Initiative für die heutige Wohnwelt am Anfang unterstützt.

Stephan Rykena hat die Initiative für die heutige Wohnwelt am Anfang unterstützt.

Wunstorf. „Wunstorf war eine miefige Stadt“, hat Achim Süß am Sonntag seine Eindrücke aus der Zeit um 1968 beschrieben, als sonst vielerorts eine Welle des Protestes durch das Land ging. Das Forum Stadtkirche hatte dazu eingeladen, diese Zeit bei einer Veranstaltung wieder in Erinnerung zu rufen, und 40 Besucher kamen am Sonntagabend dazu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Jens Franzen hat die wilde Zeit in Frankfurt miterlebt

Jens Franzen hat die wilde Zeit in Frankfurt miterlebt.

Zu Beginn hatte Jens Franzen aus Frankfurt berichtet, wo er in einer der ersten Wohngemeinschaften lebte. Er konnte von Begegnungen mit Daniel Cohn-Bendit und den Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin berichten. Dagegen waren die Verhältnisse in Wunstorf zu der Zeit bescheidener, wie Süß erzählte: „Mein Beitrag war ein Poster von Che Guevara, das ich aber nie aufgehängt habe.“ Dafür sei sein Elternhaus zu konservativ gewesen. Süß besuchte damals die elfte Klasse am Hölty-Gymnasium. In Aselmanns Kneipe gegenüber der Schule sei schon mal die Musik erklungen, die die Protestbewegung begleitete. „Wir entrüsten uns auch, aber das war es dann schon“, sagte er.

Achim Süß hatte zumindest ein Che-Guevara-Poster

Achim Süß hatte zumindest ein Che-Guevara-Poster.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Andere Hölty-Schüler berichteten, wie es am Gymnasium schon in den Jahren zuvor langsame Veränderungen gegeben hatte. 1963/64 hatten Lehrer vom alten Schlag Schüler noch zum Friseur geschickt, die sich optisch den Beatles angeglichen hatten. Bald darauf trauten sich Schüler, sich im Musikunterricht „Blowin’ in the wind“ zu wünschen. Mit der Zeit sei am Hölty eine starke Jugend-Musikkultur gewachsen. Als 1968 die Notstandsgesetze verabschiedet wurden, sei das dort aber auch in einer Polit-AG leidenschaftlich diskutiert worden. Viele jüngere Lehrer hätten eine Demokratisierung durchaus unterstützt.

Manfred Röver hat einen Jugendtreff gegründet

Manfred Röver hat einen Jugendtreff gegründet.

Manfred Röver erinnerte sich an seine Zeit bei den Pfadfindern, wo die Arbeit in der Zeit schnell politisiert worden ist – bis hin zu einer Umbenennung des Stammes nach dem Friedenskämpfer Mahatma Gandhi. Er engagierte sich dann auch für die Gründung eines unabhängigen Jugendtreffs in Wunstorf, für das die Kirche Räume zur Verfügung stellte. „Es sollte alles antiautoritär sein“, betonte er.

Der langjährige CDU-Ratsherr Karl-Heinz Saak sagte, in der Zeit habe es in der Wunstorfer Kommunalpolitik einen starken Generationenwechsel gegeben. „Und plötzlich spielte auf allen Seiten auch die Ideologie eine größere Rolle.“ Andreas Varnholt, der die Veranstaltung moderierte, wies als früherer Baureferatsleiter der Stadt darauf hin, dass die kommunalen Parlamente seinerzeit mehr Einfluss gewannen und auch die Bürgerbeteiligung eine wachsende Rolle bekam.

Stefan Rykena, lange Lehrer an der Scharnhorstschule, schilderte, wie er die Initiative für die heutige Wohnwelt unterstützte. Nach seinem Studium ab 1970 im linken Göttingen, wo er sich schon politisch stark engagiert hatte, war das für ihn ab 1981 eine willkommene Gelegenheit, aus Theorie Praxis werden zu lassen. „Vom Rathaus her wurden die Jugendlichen lange hingehalten.“ Dass das Kultur- und Kommunikationszentrum jetzt schon seit 30 Jahren besteht, sieht er mit einiger Genugtuung.

Von Sven Sokoll

Mehr aus Hannover

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken