Leichengeruch: Wohnung unbewohnbar
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Im Bemühen, den Leichengeruch aus ihrer Mietwohnung zu bekommen, lüftet Jennifer Seeger immer wieder über ein weit geöffnetes Dachfester ihrer Wohnung und über die ebenfalls weit geöffnete Eingangstür des Treppenhauses.
© Quelle: wk
Luhden. Wer einmal den süßlich-schweren Geruch einer verwesenden Leiche in der Nase gehabt hat, vergisst diesen nicht mehr, heißt es. Wenn das stimmt, wird Jennifer Seeger noch lange etwas davon haben, dass in dem von ihr bewohnten Mehrfamilienhaus an der Dorfstraße in Luhden ein alleinstehender Mann in seiner Wohnung gestorben, dies aber erst nach Tagen entdeckt worden ist.
Der anhaltende Verwesungsgeruch aus der Erdgeschosswohnung drang und dringt auch in ihre direkt darüber gelegene Mietwohnung, die dadurch im Grunde unbewohnbar sei. „Gereinigt respektive desinfiziert worden ist der Fundort der Leiche bislang nämlich nicht“, klagt die 46-Jährige.
Alles voller Fliegen
Rückblende: Weil es in ihrer Mietwohnung über Tage ekelig stank, sie dafür aber in ihren Räumlichkeiten keine Ursache fand, kam Seeger der Verdacht, dass dieser Geruch aus der darunterliegenden Wohnung stammen könnte. So wie auch schon der Zigarettengestank, der nach ihrer Schilderung seit Einzug des Mannes im Februar 2016 immer wieder aus dessen Wohnung ins Obergeschoss zog – möglicherweise über einen Kabel- oder Rohrleitungsschacht.
Also rief sie am Donnerstag vergangener Woche bei der für dieses Mehrfamilienhaus zuständigen Hausverwaltung und bei der Polizei an, mit der Bitte, doch mal bei dem – von ihr altersmäßig auf Anfang 60 geschätzten – Mann nach dem Rechten zu sehen. Kurz darauf kam die Polizei vorbei und warf durch einen von den Beamten auf der rückwärtigen Gebäudeseite etwa zur Hälfte hochgeschobenen Rollladen einen Blick in die Erdgeschosswohnung. Dabei wurde dann die Leiche entdeckt.
Natürliche Todesursache
„Die ganze Scheibe war voll mit schwarzen Fliegen. Da können Sie sich ja vorstellen, wie lange der Mann da gelegen hat“, sagt Seeger. So sei es ihr von einem der Polizeibeamten vor Ort berichtet worden. Nachdem eine von der Kripo hinzugezogene Ärztin eine natürliche Todesursache festgestellt habe, sei die Leiche von einem Bestattungsinstitut abtransportiert und der Wohnungsschlüssel von der Samtgemeinde Eilsen in Verwahrung genommen worden. Seitdem sei allerdings nichts weiter passiert, obwohl die Wohnung noch an demselben Tag von der Polizei freigegeben worden sei.
„Es ist eine Zumutung, ehrlich“, schimpft Seeger. Was ihre Mietwohnung betrifft, stinke es darin am schlimmsten in der Abstellkammer, im Bad und auf dem Flur nach Verwesung, konkretisiert die Luhdenerin. Um zumindest irgendetwas gegen den Verwesungsgeruch zu versuchen, habe sie die Schlüssellöcher der jeweiligen Zimmertüren mit Küchenpapier zugestopft und vor die Tür zur Abstellkammer ein Handtuch gelegt.
Im Wohnzimmer und der daran angeschlossenen Küche sowie im Schlafzimmer sei die Geruchsbelästigung dadurch ein bisschen geringer als in den anderen Räumen. Aber trotz zusätzlichen ständigen Lüftens mittels weit geöffneter Fenster könne man es in ihrer Wohnung nicht aushalten, geschweige denn dort etwas essen. Und, um auch das noch zu erwähnen: Etliche Schmeißfliegen habe sie ebenfalls in den Zimmern.
Reinigung nur mit Einverständnis der Erben
„Ich bin wirklich am Ende, und keiner fühlt sich zuständig“, sagt Seeger. Als Ausweg aus der jetzigen Situation quartiert sie sich vorübergehend bei ihrer in Bielefeld lebenden Tochter ein, wo sie auch schon das vorangegangene Wochenende verbracht hat. In ihrer eigenen Mietwohnung könne sie jedenfalls nicht schlafen.
Von Andrea Römbke, der Inhaberin der in Rinteln ansässigen Hausverwaltung, war auf Nachfrage unserer Zeitung zu erfahren, dass es in solch einem Fall nicht möglich ist, mal eben die Wohnung eines verstorbenen Mieters zu öffnen, um dort Reinigungsmaßnahmen durchzuführen zu lassen. Vielmehr brauche man dafür, sofern nicht Gefahr im Verzug ist, das Einverständnis der jeweiligen Erben. Im Übrigen sei weder seitens der Polizei noch seitens des Ordnungsamtes der Samtgemeinde Eilsen ihr gegenüber davon gesprochen worden, dass von dem Fundort eine Gefahr ausgehe.
„Ich darf da gar nichts tun“, so Römbke. Zwar habe sie bereits Kontakt mit einem Reinigungsbetrieb aufgenommen, einen Kostenvoranschlag eingeholt und auch einen Termin vereinbart, beides habe sie jedoch an die Samtgemeinde weitergegeben, die nun entscheiden müsse, ob sie diesen Reinigungsbetrieb zu dem vereinbarten Termin beauftragt. „Es ist Sache der Samtgemeinde Eilsen, da etwas zu tun.“