Big Data beim ESC: „Das ist ein radikaler Neuanfang“

Die Teilnehmer des 1. Halbfinales beim Eurovision Song Contest 2017 in Kiew.

Die Teilnehmer des 1. Halbfinales beim Eurovision Song Contest 2017 in Kiew.

Hannover. Herr Schreiber, nach drei bitteren Niederlagen für Deutschland beim ESC in Folge: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass es 2018 nicht die nächste Blamage gibt?

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Die Tatsache, dass wir wirklich alles vom Kopf auf die Füße gestellt haben – und dass wir jetzt einen eher ganzheitlichen Ansatz wählen.

Glauben Sie, dass es da draußen jemanden gibt, der Deutschland beim ESC wieder zu Ehren verhelfen kann – und dass Sie ihn mit der Unterstützung von Big Data und vielen Fachleuten finden können?

Davon bin ich fest überzeugt. Was unser Verfahren uns ermöglicht, ist von Anfang an den europäischen Musikgeschmack und die Einschätzungen der internationalen Fachjury einzubinden. Da gehen wir sogar noch einen Schritt weiter als die Kollegen beim Melodifestivalen in Schweden, weil wir die Entscheidung darüber, wer überhaupt in der Sendung auftreten wird, in die Hand der Vertreter des Publikums geben. Im Endeffekt wollen wir erreichen, dass wir kantiger und wiedererkennbarer werden - und dass wir uns nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen.

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Wie werden denn die 100 Mitglieder des neuen Europa-Panels rekrutiert?

Wir wollen bei Facebook und Youtube ein junges Publikum ansprechen, das musikaffin ist und das dann in einem sehr detaillierten Fragesystem ausgewählt wird – mit vielen Musikfragen und Bewertungen. Aus diesen Antworten wird die Firma Simon Kuchers & Partners, eine Firma für komplexe Datenmodelle, mit der wir zusammenarbeiten, die geeigneten Panelmitglieder auswählen. Diese 100 Menschen werden dann 200 Bewerber sichten und anhören und daraus die 20 Besten auswählen. Mit denen wollen wir dann in einem, salopp gesagt, „musikalischen Bootcamp“ arbeiten und im Studio ihre Live-Stärken ermitteln. Welche Musik-Stile sie beherrschen, was ihnen stimmlich und persönlich liegt. Und dann kommen Komponisten, Musikproduzenten und Plattenfirmen ins Spiel, bei denen wir mal schauen, wer Interesse hat, auf Basis der 20 für einen der 5 ein geeignetes Lied zu komponieren oder zu produzieren. Wir haben dank der Datenanalyse eine ziemlich klare Vorstellung davon, was dabei die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind.

Das heißt: Big Data soll beim ESC helfen?

Ein Stück weit soll es uns helfen, kantige Persönlichkeiten und für die und deren Stimmen die besten Lieder zu finden, denn Musik ist nichts anderes als reine Emotion.

Die Sieger der vergangenen Jahre waren immer auffällige Figuren, Individualisten – Menschen, die ein bisschen durchs Raster fielen. Wie können Sie sicherstellen, dass nicht wieder ein Konsenskandidat für Deutschland antritt?

Durch das Bewertungssystem. Wir wollen die, die vielleicht von wenigen sehr hoch bewertet werden, stärker berücksichtigen als diejenigen, die zwar insgesamt mehr Bewertungspunkte haben, aber eher mittlere Werte erzielen.

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Was ist denn das Ziel des neuen Verfahrens für den ESC im Mai 2018 in Lissabon?

Das erste Ziel ist, nach klaren Kriterien die beste Kandidatin oder den besten Kandidaten für Deutschland zu finden. Das zweite Ziel ist eine gute Platzierung. Wir haben immer gesagt, wir wollen eine Top-Ten-Platzierung erreichen. Daran hat sich nichts geändert. Und das dritte Ziel ist, deutlich zu machen, dass wir das ganze bisherige Verfahren gründlich analysiert haben und relativ lange an einem wirklich radikalen Neuanfang gearbeitet haben. Das ist unsere Absicht. Wir wollen weg von subjektiven Geschmackskriterien. Und wir stellen wirklich alles infrage.

Nach drei Pleiten in Folge: Wie groß ist der Druck innerhalb der ARD?

Das ist ein bisschen gemischt. Zu einen wünschen sich alle, dass wir besser abschneiden. Aber das ist auch klar: Wenn wir die Akzeptanz des Eurovision Song Contest beim deutschen Fernsehpublikum – immerhin die erfolgreichste Unterhaltungsshow des Jahres – erhalten und steigern wollen, dann müssen wir bessere Ergebnisse erzielen. Der neue Ansatz hat eine sehr rationale und mathematische Komponente, während Musik sehr emotional ist. Dieses Verfahren soll uns aber dabei helfen, diejenigen zu finden, die die größten Emotionen wecken.

Von Imre Grimm

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