Umstrittenes Zitat von angeblichem Sektenführer

Sieg für die Pressefreiheit: „Darmstädter Echo“ gewinnt vor dem Verfassungsgericht

Das höchste deutsche Gericht soll nach einer Entscheidung zur fast vollständigen Streichung des Weihnachtsgeldes für Beamte in Schleswig-Holstein auch die jüngste Besoldungsreform prüfen.

Ein Sieg für die Pressefreiheit in Karlsruhe.

Karlsruhe. Der Rechtsstreit zwischen dem angeblichen „Sektenguru“ Andreas Hortmann und der Regionalzeitung „Darmstädter Echo“ geht in eine weitere Runde. Das Bundesverfassungsgericht ordnete eine neue Entscheidung über das Zitat einer Aussteigerin an, wonach Hortmann den Staat ablehne. Andreas Hortmann ist ein spiritueller Diplom-Psychologe. Mit seinen Anhängern, den „Bergmenschen“, grenzt er sich sektenartig ab vom Rest der Bevölkerung, den unbewussten „Talmenschen“. Hortmann lebte lange im Landkreis Darmstadt-Dieburg, weshalb die örtliche Tageszeitung „Darmstädter Echo“ immer wieder über ihn und seine Anhänger berichtete.

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“Aussteiger packen aus – So geht es in der Gurugemeinschaft zu.“ Unter diesem Titel veröffentlichte die Zeitung im September 2020 Erfahrungen einer Aussteigerin, die über die Hierarchien und Abhängigkeiten in der Gemeinschaft berichtete. Hortmann sehe sich als „Vertreter von Gott“ und versuche seine Schüler von „schwarzmagischen“ Kräften zu befreien, wobei sie für die entsprechenden Seminare bezahlen müssen.“

Frankfurter Eilentscheidung verletzte Pressefreiheit

Den Staat lehne Hortmann – der sich seine Seminargebühren auch in bar bezahlen lässt – ab. Diese indirekt zitierte Aussage der Ex-Schülerin steht im Mittelpunkt des Rechtsstreits. Hortmann erwirkte dagegen eine einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt/Main. Die Verbreitung dieser abschätzigen Meinung über Hortmann sei unzulässig, weil sie nicht auf „tatsächlichen Anknüpfungstatsachen“ beruhe.

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Dagegen erhob die Zeitung Verfassungsbeschwerde. Es verstoße gegen die Pressefreiheit, wenn nur noch über gut begründete Meinungsäußerungen berichtet werden dürfe. Die Zeitung hatte in Karlsruhe Erfolg. Eine Kammer von drei Verfassungsrichtern stellte fest, dass die Frankfurter Eilentscheidung wegen handwerklicher Mängel die Pressefreiheit verletzte und verwies das Verfahren zu neuer Verhandlung an das OLG zurück.

Eindeutiges Urteil?

Die OLG-Richter müssen nun folgende Vorgaben beachten: Feststellungen über innere Haltungen anderer Personen („lehnt den Staat ab“) sind in der Regel Meinungsäußerungen. Meinungen sind subjektiv und müssen nicht begründet werden. Bei der erforderlichen Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht spielt es aber eine Rolle, ob eine abschätzige Meinung auf „tatsächliche Anhaltspunkte“ gestützt wird oder nur ins Blaue hinein geäußert wird. Wenn eine Meinungsäußerung nach dieser Abwägung unzulässig ist, darf eine Zeitung sie dennoch wiedergeben, wenn sie ein berechtigtes Interesse hat und sich diese Meinung nicht zu eigen macht.

Im konkreten Fall gab es, so der Karlsruher Beschluss, aber durchaus Anzeichen, dass die Zeitung eine eigene Meinung äußerte. Die Zeitung habe sich die Schlussfolgerung der Informantin, Hortmann lehne den Staat ab, mehr oder weniger zu eigen gemacht. Zugleich habe es aber auch Tatsachen gegeben, die die Meinung stützen können, etwa die Barzahlungspraxis, die die Steuerehrlichkeit Hortmanns in Frage stelle. Zwar seien die Vorwürfe „substanzarm“ und spekulativ, sie beträfen aber nur die Sozialsphäre Hortmanns (und nicht seine Privat- oder Intimsphäre). Vermutlich wird Hortmann also die Verbreitung der angegriffenen Passage nicht verhindern können.

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