Die Serie „Die Frau des Zeitreisenden“ bei Sky – eine märchenhafte Romanze für Weltflüchtende
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Von Zeit zu Zeit glücklich: Clare (Rose Leslie) und Henry (Theo James) leiden unter Henrys spontanen Absenzen in Vergangenheit und Zukunft. Eine Szene aus der HBO-Serie „Die Frau des Zeitreisenden“ bei Sky.
© Quelle: HBO
Zeitreisefilme sind unterhaltsam, aber alles andere als einfach. Es gibt immer so ein kleines „Knacks!“ im Schädelinneren, wenn da wieder mal ein Time Traveller in der Zukunft seinen eigenen Nachkommen gegenübersteht oder noch besser sich selbst als altem Mann. Wenn er verhindern muss, dass er bei seinem Besuch in den Tiefen der Vergangenheit an dieser irgendwie herumpfuscht, so dass sich die leicht angeschubste Historie neu sortiert, zu einer Zukunft möglicherweise, in der der Zeitreisende überhaupt nie gezeugt wird. Das war die große Gefahr in – unter anderem – „Zurück in die Zukunft“.
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Man wünschte dem Zeitspringer ein wenig mehr Gelassenheit damals im Jahr 2009, als die erste Verfilmung von Audrey Niffeneggers Roman „Die Frau des Zeitreisenden“ in die Kinos kam. Sein Kind war ein Mädchen, hätte doch sein können, dass seine höchst seltsame Zeitreisekrankheit nur bei Jungs ausbricht. Und als es sich doch anders verhielt, gestand die Story so viel Happy End zu wie möglich. Man genoss die Romanze im Sci‑Fi‑Märchen, weil Rachel McAdams und Eric Bana das Liebespaar so liebenswert spielten. „Es ist ein Ros’ entsprungen“ als Hochzeitslied – wie schön war das!
Theo James und Rose Leslie sind ein überaus attraktives Serienpaar
Jetzt also die Serie zum Film. Da spielt „Die Bestimmung“-Star Theo James den Zeitreisenden Henry. Und – tataaa! – Rose Leslie ist dessen Frau Clare. Rose Leslie, die uns als temperamentvolle Ygritte vom ersten Pfeil ihres Bogens, vom ersten kratzbürstigen Wort ihrer Stimme im Alleingang für die Wildlinge nördlich der Mauer in unserer Lieblingsserie „Game of Thrones“ einnahm, die nicht nur Jon Schnee sondern auch seinen Darsteller Kit Harington verzauberte. Ihr Running Gag „Du weißt gar nichts, Jon Schnee!“ wäre allein Anreiz genug, nochmal durch alle Staffeln des Kampfs um den Eisernen Thron zu rasseln. Problem: keine Zeit.
Aber nicht jetzt. Jetzt steht erst mal diese Serie „Die Frau des Zeitreisenden“ bevor, in der Held Henry immer wieder nackend aus dem Nichts in eine andere Lebenszeit seiner Gattin oder Gattin to be fällt und sich erst mal was zum Anziehen besorgen muss, bevor er Clare besucht. Manchmal kommt er fast ums Leben, weil er auf eine belebte Straße fällt, vor einen Zug oder weil er in eine Schießerei gerät. Trotz all der Absenzen liebt Clare diesen Kerl, der sich immer wieder unversehens in den Strom der Zeit stürzt und der stets einen kleinen Haufen Klamotten zurücklässt.
Henry leidet an Zeitreisen wie andere am Pollenflug
Henry ist nicht Herr seiner Trips, die passieren einfach ob eines genetischen Defekts, und es ist auch voll lästig, dass er jedes Mal bar jedes Textils ankommt. Henry leidet an Zeitreisen wie andere am Pollenflug. Nur macht er nicht mal Hatschi, bevor er dann mal weg ist. Naja, er hüstelt ein wenig.
Ihren Mann fürs Leben lernt Clare als kleines Mädchen (Everleigh McDonell) kennen. Er steckt in einem Gebüsch, bekundet seine Freundschaft, verspricht dem Mädchen, dem es ob ihres gestrengen Vaters und der melancholischen Mutter offenkundig an erwachsenen Bezugspersonen mangelt, weitere Begegnungen. Bei einem Treffen 14 Jahre später kennt er sie dann nicht (knacks!) und sie muss ihn an etwas „erinnern“ (knacks!), das sie eigentlich nicht wissen kann und an etwas, das er noch nicht weiß (knacksknacks!). Problem beim Beziehungsstart: Da ist ein BH in einer Schublade. Henry, so apart wie Jon Schnee, mit einem Körper wie aus der Fitnessstudiowerbung, bekommt immer ein gewinnendes Lächeln aus dem weiblichen Umfeld – er ist ein Womanizer, ein Freund der physischen Liebe. Oder auch: Ein „Arschloch“ (Zitat Clare).
Der Zuschauer sollte die (romantische) Märchenbrille aufsetzen
Wir werden in den folgenden Episoden erleben, wie sie sich trotzdem verlieben. Sie werden heiraten. Und er wird quasi vorm Altar verpuffen. Das ist schon lustig, aber – knacks! – wie reibt sich das doch alles am gesunden Menschenverstand! Kleiner Tipp: Am besten keine Sekunde den „Logical Song“ singen wollen! Überhaupt nicht ans Nachdenken denken! Die Science-Fiction-Aspekte könnten Ihre Liebe zu dieser wirklich hübschen Serie dauerhaft schädigen. Besser ist es, die Märchenbrille aufzusetzen, die, die man schon bei David Finchers wunderbarer „seltsamer Geschichte des Benjamin Button“ trug.
Autor Steven Moffat („Dr. Who“, „Sherlock“, „Dracula“) bescheidet sich damit, dass es sich bei der seltsamen Fortbewegung um einen genetischen Fortschritt/Defekt handelt. Und widmet sich dann mit aller Zuneigung seinen Liebenden. Die sich immer wieder erklärend dem Publikum zuwenden wie früher Phil und Claire (eine mit i) in der Comedyserie „Modern Family“. Henrys Clare erzählt, dass sie wartet – Tage, Wochen, Monate – wie früher die Frauen der Seemänner. Und Henry, dass er das „Reisen“ hasst. Er ist kein Eskapist, wobei seine und die Geschichte Clares der beste Stoff sind für eine Runde Zuschauerflucht aus der weitgehend unerfreulichen Gegenwart.
Milchzähne und geschnittene Fußnägel auf Zeitreisen
Nur so viel: Natürlich handelt die Serie außer von den Auswirkungen von Zeitreisen auf Zweisamkeiten auch von der Endlichkeit des Seins, darauf deutet das gruselige letzte Bild der ersten Episode hin. Lustig ist der Milchzahn im Wasserglas. „Alles von mir reist durch die Zeit. Sogar meine abgeschnittenen Fußnägel“, erklärt Henry, bevor der Zahn plötzlich – plop! – weg ist.
Bewegend ist die Szene, wo Henry sich selbst als kleinem Jungen (knacks!) begegnet und sich selbst über das Phänomen instruiert (knacks!). Und zuweilen verdrückt der Zuschauer auch eine Träne. Wer je mit einem alten Schmalfilm auf „Zeitreise“ zu lang verschwundenen lieben Menschen ging, der kriegt hier eine volle Breitseite Wehmut ab.
„Die Frau des Zeitreisenden“, Serie, sechs Episoden, mit Rose Leslie, Theo James, Everleigh McDonell, Caitlin Shorey, Peter Graham, Jason David (streambar bei Sky)
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