Grande Dame aus Film und Fernsehen – Zum Tod von Christiane Hörbiger
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Die Schauspielerin Christiane Hörbiger 2018 bei der Verleihung der Goldenen Kamera. Sie starb jetzt im Alter von 84 Jahren.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Eine Walküre nach Maß ist Christiane Hörbiger in Helmut Dietls „Schtonk!“ (1992). In der Mediensatire über den „Stern“-Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher ist sie hinreißend als sinnliche Freya, Freifrau von Hepp. Wie sie als Nichte des Reichsmarschalls Herrmann Göring den Avancen des windigen Reporters Hermann Willié (Götz George) nur zu gerne erliegt, und ihm nach amouröser Zweisamkeit den mächtigen Bademantel ihres Onkels, des Nazi-Ministers, verehrt, ist ein unvergesslicher tragikomischer Auftritt.
Hörbiger war hinreißend als Freifrau Freya
Es gehörte durchaus Mut dazu, mit 54 Jahren eine prachtvolle, nicht mehr ganz taufrische, lebenshungrige und elegante, vom Verlauf der Geschichte gekränkte, immer noch dezent nationalsozialistisch geprägte Dame zu spielen. Eine Frau von Welt, die nicht mehr allzu vorsichtig ist, was ihre Kavaliere betrifft und sich am Ende von dem schrecklichen Galan unverzeihliche Beleidigungen anhören muss.
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Christiane Hörbiger, die am Mittwochmorgen im Alter von 84 Jahren in ihrer Heimatstadt Wien verstarb, gehörte zu den großen Bühnen-, Film- und Fernsehschauspielerinnen im deutschsprachigen Raum. In Österreich war die 1938 geborene Tochter des Schauspielerpaars Attila Hörbiger und Paula Wessely bereits seit Mitte der Fünfzigerjahre bekannt.
Auf der Leinwand begann sie als 17-Jährige an der Seite ihres Vaters in Eduard von Borsodys Komödie „Der Major und die Stiere“, nachdem sie für die Rolle ihre Schauspielausbildung schon nach vier Wochen „geschmissen“ hatte. Von 1957 bis 1966 war sie Mitglied im Ensemble des hochnoblen Wiener Burgtheaters. Klasse setzt sich durch.
Eigentlich hatten ihr die Eltern eine Zuckerbäckerei zugedacht
Dabei hatten die Eltern versucht, die Tochter zunächst aus dem Familiengewerbe herauszuhalten. Nach dem erfolgreichen Abschluss an einer Handelsschule war für die mittlere Tochter Christiane eine Zuckerbäckerei vorgesehen, die die Eltern gekauft hatten. Das Geschäft war vorzeitig pleite gegangen und dem innigsten Wunsch der Tochter, Schauspielerin zu werden, konnten sich die Altvorderen danach schon aus rein finanziellen Gründen nicht entziehen.
Wobei in der Familie Hörbiger schon in den Fünfzigerjahren Gleichberechtigung großgeschrieben wurde.
Mit dem „Erbe der Guldenburgs“ wurde Hörbiger ein TV-Star
Dem Theater ging Hörbiger verloren, als 1987 die ZDF-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ zum Hit wurde. 40 Folgen lang wurde das Leben einer deutschen Adelsfamilie durchdekliniert. Hörbiger war jetzt ein Star und brachte als Gräfin Noblesse auf den kleinen Bildschirm – derzeit nachzusehen in der ZDF-Mediathek.
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Glänzte auch in schonungslosen Rollen: Christiane Hörbiger als obdachlose Hanna Berger in Florian Baxmeyers Sozialdrama „Auf der Straße“.
© Quelle: picture alliance / dpa
Doch sie machte beim Zuschauen beileibe nicht nur Spaß, scheute auch nicht die schonungslosen Rollen – erschütterte als Alkoholikerin Carla Binder in „Wie ein Licht in der Nacht“ (2010), als obdachlose Hanna Berger in „Auf der Straße“ (2014) und als alte Frau, die in „Die letzte Reise“ (2016) selbst über ihren Tod bestimmen will.
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„Ich liebe das Leben“, sagte sie in einem Interview, das sie kurz vor ihrem 80. Geburtstag gab. Den feierte sie vor vier Jahren im kleinsten Familienkreis und redete erstmals vom Ende ihrer Karriere. Damals hatte sie mit der ZDF-Komödie „Einmal Sohn, immer Sohn“ als „alte Dame mit Grimm und Grandezza“, wie die Süddeutsche Zeitung“ schrieb, einen späten Publikumserfolg.
Frage ans Spiegelbild: „Auch noch da, hm?“
Ein weiterer war im selben Jahr der von ihrem einzigen Kind, dem Regisseur Sascha Bigler auf sie zugeschnittene, makabre Krimi „Die Muse des Mörders“, in dem sie eine Krimiautorin spielte, die es mit einem Mörder zu tun bekam, der bei seinen Untaten den Vorgaben ihrer Bücher folgte. Beide Filme lebten von Hörbiger – waren leichte Muse mit schauspielerischem Schwergewicht. „Auch noch da, hm?“ fragt sie als Mördermuse in einer Szene ihr Spiegelbild.
Das ist Christiane Hörbiger nun nicht mehr. Und sie wird uns, ihrem Publikum, schmerzlich fehlen.