TV-Kritik

„Nord Nord Mord – Sievers sieht Gespenster“: ein Männercoach unter Verdacht

Die ersten Untersuchungen führen Carl Sievers (Peter Heinrich Brix, l.), Ina Behrendsen (Julia Brendler, 2. v. l.) und Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk, 3. v. l.) zu einem Verdächtigen aus einem alten Fall: Philipp Vandamm (Henning Baum, 2. v. r.) in einer Szene des Krimis „Nord Nord Mord – Sievers sieht Gespenster“.

Die ersten Untersuchungen führen Carl Sievers (Peter Heinrich Brix, l.), Ina Behrendsen (Julia Brendler, 2. v. l.) und Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk, 3. v. l.) zu einem Verdächtigen aus einem alten Fall: Philipp Vandamm (Henning Baum, 2. v. r.) in einer Szene des Krimis „Nord Nord Mord – Sievers sieht Gespenster“.

Sylt, die nördlichste deutsche Insel, bei Promis und neuerdings auch Punks gleichermaßen beliebt, verfügt auf ihrer Westseite über einen 40 Kilometer langen Sandstrand, der sich malerisch in die Nordsee schmiegt. Aber wenn zu Beginn von „Nord Nord Mord – Sievers sieht Gespenster“ (19. Dezember, 20.15 Uhr, ZDF) die Kriminalistin Ina Behrendsen (Julia Brendler) sonntags am menschenleeren Strand entlangjoggt, dauert es keine Filmminute, bis sie dort eine Leiche sieht.

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Der nackte Körper der Verstorbenen wurde in einem halboffenen Koffer angespült. „Attraktive Frau. So einen Tod hat sie nicht verdient“, urteilt der Fotograf von der Spurensicherung sichtlich betroffen. „Niemand hat so einen Tod verdient“, bügelt Kommissar Sievers den unpassenden Kommentar mit seiner ihm eigenen Tiefenzerknirschtheit ab.

Stabile Einschaltquoten für Peter Heinrich Brix

Vor vier Jahren und neun Folgen hat Peter Heinrich Brix als Sievers die Leitung der Mordkommission auf Sylt übernommen und hält seitdem die Einschaltquoten mit acht bis zehn Millionen Zuschauenden bei etwa 30 Prozent stabil. Seine dauerhaft zerknitterte Stirn passt sich bestens in die örtliche Dünenlandschaft ein. Gute Laune zeigt er selten. Für die wenigen, knappen Sätze, die ihm ins Drehbuch geschrieben werden, öffnen sich die Lippen nur widerwillig.

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Aber das, was Sievers sagt, hat meistens Hand und Fuß. Das Spekulieren überlässt er der lässigen Ermittlerin Behrendsen und dem Besserwisserkollegen Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk), der die grün lackierten Fingernägel der Leiche schon bald auf einem Profilbild einer Escort-Agentur wiederentdeckt.

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Ein antifeministischer Männercoach als Verdächtiger?

Die Tote hat eine schwere Verletzung am Hinterkopf und Lavendelbadewasser in der Lunge, was bei der Gerichtsmedizinerin Erinnerungen an einen vermeintlichen Badewannenunfall im fernen Stuttgart wachruft. Dort wurde der Verdächtige Philipp Vandamm (Henning Baum) aus Mangel an Beweisen freigesprochen, bevor er wenig später wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis landete. Nun ist er wieder frei und hat just auf der Insel Sylt Quartier bezogen, von wo aus er seine Karriere als antifeministischer Männercoach wieder aufnehmen will.

Vor seinem Knastaufenthalt hat Vandamm ganze Stadthallen gefüllt und mit seinen Seminaren zur Männeremanzipation Millionen verdient. Auch die 1500 Euro teuren Tickets für die Comebackshow im Nobelhotel Red Cliff Royal sind schon ausverkauft. Vor frenetisch jubelnden Männern im besten Midlife-Crisis-Alter ruft er seine Jünger auf, endlich „Nein“ zu sagen und den „nackten Mann“ in sich zu entdecken. Vandamm gibt schon bald unumwunden zu, die Prostituierte in der Tatnacht getroffen zu haben.

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Nordische Ermittlungsgelassenheit

Sein Assistent Leonard (Sascha Weingartner) habe Madeleine Elster jedoch nachts wieder in ihr Hotel zurückgebracht, was der Portier bezeugen kann. Neben dem Machoguru lancieren Drehbuchautor Thomas O. Walendy („Fanny“) und Regisseur Ole Zapatka („Soko Hamburg“) noch einen Nebenverdächtigen, um mit einer kleinen Volte zu einer halbwegs überraschenden Schlussauflösung zu kommen.

Dabei bleiben sie dem Grundton der Serie treu, bei der es weniger um aufgeregte Thrillerartistik geht als um eine nordische Ermittlungsgelassenheit, mit welcher der Fall geduldig aufgedröselt wird. Dass Sievers – wie der Episodentitel andeutet – auf dem Friedhof, im Hotel und dem ehemaligen Kinderheim Gespensterstimmen hört, die seiner kriminalistischen Intuition entspringen, wirkt als mystischer Turbo für die gemächliche Dramaturgie etwas aufgesetzt. Amüsanter sind da schon die Beziehungskonflikte zwischen Behrendsen und Feldmann, die durch die Youtube-Tutorials des Männercoaches ausgelöst werden. Verstohlen schaut sich der zaghafte Feldmann die maskulinen Erbauungsvideos an. Danach versucht er, als es um die Reparatur der heimischen Spülmaschine geht, auch einmal Nein zu sagen, was zu durchaus amüsanten Irritationen in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft führt.

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