Angriffe auf Menschen: Kängurus terrorisieren australisches Dorf
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Kängurus sind beliebte Fotomotive in Australien – doch die Tiere können auch aggressiv werden (Symbolbild).
© Quelle: picture alliance / Zoonar
Sydney. Das Szenario erinnert ein wenig an Alfred Hitchcocks berühmten Thriller „Die Vögel“. Nur sind die aggressiven Angreifer in diesem Fall nicht Möwen, sondern Kängurus. Die Beutler, die die meisten als friedlich im Gras liegende Tiere kennen, zeigen in dem kleinen Ort Maaroom im australischen Bundesstaat Queensland ihr „anderes“ Gesicht. Der Kängurumob, der sich in dem Dorf mit seinen 220 Einwohnerinnen und Einwohnern angesiedelt hat, wächst stetig und die Tiere haben es sich ganz offensichtlich in den Kopf gesetzt, ihr Revier gegen die menschlichen Bewohner zu verteidigen.
In den vergangenen Wochen ist es gleich zu mehreren Übergriffen auf Menschen gekommen. Im Juli beispielsweise wurde eine 67-jährige Frau von einem Känguru angegriffen. Sie wurde von dem relativ stattlichen Tier umgeworfen, das dann anfing, sie zu treten, bis ein Mann versuchte, es mit einem Stock in die Flucht zu schlagen. Daraufhin griff das Tier den Mann an und schlug ihn in die Flucht. Die Frau musste letztendlich mit einem gebrochenen Oberschenkelknochen, Kratzern und Bisswunden ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bei einem weiteren Angriff erlitt ein Passant Wirbelsäulenverletzungen und ein Begleiter mehrere Schnittwunden am Arm. Insgesamt hat das Ministerium für Umwelt und Wissenschaft (DES) in Queensland in den vergangenen zwölf Monaten sieben Berichte über Angriffe erhalten.
Meist sind männliche Tiere die Übeltäter
Das Känguruproblem in Maaroom ist dabei nicht über Nacht entstanden. Die Population der Tiere ist über die vergangenen Monate hinweg stetig gewachsen. „Wir raten Anwohnern, Abstand zu den Kängurus zu halten, sie mit Vorsicht zu behandeln und sich zurückzuziehen, wenn sie näher kommen“, sagte Frank Mills, der beim DES den Bereich Southern Wildlife Operations managt. Laut Mills involvieren die meisten Angriffe männliche Kängurus, die ihr Territorium verteidigen oder in Paarungslaune sind. Gab es Probleme mit Weibchen, so hätten diese immer ein Junges dabeigehabt.
Beim Sender ABC erklärte Mills, dass die Beuteltiere den kleinen Küstenort aufgrund einer vorteilhaften Kombination heimsuchen würden: So bietet er sowohl perfekte Futter- als auch ideale Brutbedingungen. Bei Besuchen vor Ort haben die Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums an einzelnen Tagen bereits zwischen 60 bis 80 Kängurus gezählt. Die umliegenden Wälder könnten so viele Kängurus nicht ernähren, hieß es. Ein Anwohner sagte der ABC zudem, dass er auch die günstigen Wetterbedingungen in den vergangenen zwei Jahren mit für einen Grund halte, warum die Population so explodiert sei. Denn aufgrund der regenreichen La-Nina-Saison hätten sich die „Roos“, wie die Beutler in Australien gerne genannt werden, an dem schnell wachsenden Rasen im Ort satt fressen können, meinte Mark Sidaway.
Eskalierende Fehde
Ganz unschuldig sind die Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes an ihrem Känguruproblem also nicht. Zudem ist es nicht nur der schöne Rasen in den Vorgärten, der die Beuteltiere anzieht. Nach Aussage der Behörden haben einige Anwohnerinnen und Anwohner die Tiere auch noch zusätzlich gefüttert. Dies trug anscheinend dazu bei, dass die Situation inzwischen so außer Kontrolle geraten ist, dass sich viele Spaziergängerinnen und Spaziergänger nur mit einem Stock bewaffnet aus dem Haus trauen.
Laut Mills ist die Fehde zwischen Menschen und Kängurus inzwischen so sehr eskaliert, dass die Bewohnerinnen und Bewohner aktiv versuchen, den Tieren Schaden zuzufügen. „Wir haben Informationen erhalten, dass einige Anwohner Gelblaster verwenden, um die Kängurus weiter zu scheuchen, während andere versuchen, sie mit ihren Autos zu überfahren“, berichtete er. Solch ein Verhalten gelte in Australien als Straftat, sagte Mills. Außerdem würde es bei den Tieren Stress und damit potenziell weitere Konflikte auslösen. Um wieder Frieden in der Gemeinde zu stiften, hat das Ministerium einige Tiere eingefangen und umgesiedelt. Pläne, die Tiere zu dezimieren und zum Abschuss freizugeben, gibt es derzeit nicht.
Einfach Abstand halten
Känguruattacken ereignen sich in Australien immer wieder – auch wenn sie insgesamt selten sind. Im Mai beispielsweise machte ein Video im Internet die Runde, in dem ein Mann zu sehen war, der von einem Känguru angegriffen wird. Sechs Minuten lang kämpfte er mit dem Tier, bis dieses die Flucht ergriff.
Schon damals erklärte ein Forscher jedoch, wie sich solche Vorfälle leicht vermeiden oder zumindest frühzeitig stoppen ließen. Denn die Tiere greifen – wie Karl Vernes, ein Zoologe an der University of New England, erklärte – Menschen nur dann an, wenn sie sie als Gefahr ansehen und sich bedroht fühlen. Am besten ist es laut dem Forscher – und hier ist er sich mit Mills einig –, einen Angriff von vornherein zu verhindern, indem man ausreichend Abstand zu den Tieren lässt und sie beispielsweise nicht bei der Paarung stört.
„Kängurus sind wie Koalas oder Wombats wilde Tiere, das müssen die Menschen respektieren“, sagte Vernes. Attackiert einen ein Känguru trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, so sollte man sich am besten in eine Kugel rollen und die wichtigen Organe schützen, lautet der Rat des Känguruexperten.
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