Auto als Waffe: Täter häufig psychisch labil

Nach dem tödlichen Unfall vor einer Kita ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordverdachts.

Nach dem tödlichen Unfall vor einer Kita ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordverdachts.

Darmstadt/Witzenhausen. Menschen, die andere mit ihrem Auto absichtlich verletzen, sind nach den Worten eines Experten häufig psychisch labil. Eine Studie zum Thema „Auto als Waffe“ habe ergeben, dass zwei Drittel dieser Täter psychiatrische Vorbelastungen aufweisen, sagte der Kriminalpsychologe und Leiter des Darmstädter Instituts für Psychologie und Bedrohungsmanagement, Jens Hoffmann, der Deutschen Presse-Agentur. Häufig gingen persönliche Konflikte oder Krisen der Tat voraus. Nicht einbezogen seien hier allerdings politisch motivierte Taten.

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Im nordhessischen Witzenhausen war am vergangenen Freitag ein 30-jähriger Mann mit einem Auto in eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern auf einem Gehweg vor einer Kita gefahren. Ein achtjähriges Mädchen erlag wenige Stunden später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Zwei Mädchen im Alter von sieben und acht Jahren wurden schwer verletzt. Gegen den türkischen Staatsangehörigen wird wegen Mordverdachts ermittelt. Polizei und Staatsanwalt gehen dem Verdacht nach, dass er den Wagen womöglich vorsätzlich in die Gruppe gelenkt hat. Der 30-Jährige war in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden. Es gebe Verdachtsmomente dafür, dass er „an einer beträchtlichen psychiatrischen Erkrankung leidet und diese nach derzeitigem Erkenntnisstand ursächlich für den Tatentschluss gewesen sein könnte“, hatten die Ermittler erklärt.

Hoffmann: „Sie streben dann eine Art Finale an“

Nach den Worten Hoffmanns leben Menschen, die solche Taten begehen, häufig in ihrer eigenen Realität. „Aus ihrer Wahrnehmung haben sie den Eindruck, etwas retten zu müssen“, sagte der Diplom-Psychologe. Es komme vor, dass sie sich ungerecht behandelt fühlten und diese Wahrnehmung stetig zunehme. Auslöser könnten etwa der Tod eines nahestehenden Menschen oder der Verlust des Arbeitsplatzes sein. „Sie streben dann eine Art Finale an.“ In manchen Fällen hätten die Täter zuvor bereits den Bezug zur Außenwelt verloren - so etwa im Fall des Amokfahrers von Trier, der den Behörden zufolge in den Tagen vor der Tat in seinem Auto gelebt haben soll.

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Dass in Witzenhausen Kinder zu Opfern wurden, könnte möglicherweise als eine Art „symbolische Bestrafung der Gesellschaft“ gesehen werden, deren verwundbarsten Mitglieder getroffen werden sollten. Generell seien Fälle, in denen Autos als Waffen verwendet würden, relativ selten, wenngleich gelegentlich auch unklar bleibe, ob es sich um einen Suizidversuch oder einen gezielten Angriff handele, sagte Hoffmann. Er warnte zugleich vor Nachahmereffekten, die sehr „mächtig“ seien. Die Täter sollten deshalb bei der Berichterstattung über solche Fälle nicht in den Fokus gerückt werden, um nicht bei anderen Menschen eine Identifikation auszulösen.

Nach der Amokfahrt in Trier vor knapp einem Jahr hatte sich Hoffmann bereits für ein Netzwerk aus Polizei sowie psychiatrischen und sozialen Einrichtungen zur Früherkennung möglicher Gefahren ausgesprochen.

RND/dpa

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