Deutschland auf der Expo 2020: Der „Campus Germany“
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Der gestapelte Campus: Der deutsche Pavillon widmet sich dem Thema Nachhaltigkeit.
© Quelle: Deutscher Pavillon Expo 2020/Björn Lauen, facts and fiction
Die Geschichte der Weltausstellungen ist auch eine Geschichte der Architektur – nicht nur wegen zahlreicher Prestigebauten, wie dem Grand Palais in Paris, dem Atomium in Brüssel oder dem Royal Exhibition Building in Melbourne. Auch mehrere deutsche Pavillons sind rückblickend für die Architektur wegweisend gewesen. Frei Paul Ottos Zeltdachkonstrukt auf der Expo 1967 in Montréal etwa war Vorbild unter anderem für die Gestaltung des Olympiastadions in München. Für die Expo 1929 in Barcelona entwarf Mies van der Rohe einen Pavillon, der nach einem anfänglichen Abriss später wieder aufgebaut und zu einer Architekturikone wurde. Auch in Hannover, der Stadt der Expo 2000, steht der Deutsche Pavillon als Gebäude aus viel Glas noch – er soll derzeit verkauft werden.
„Campus Germany“ lautet das Motto, unter dem der Deutsche Pavillon auf der Expo 2020 in Dubai steht. Er ist kein klassisches Gebäude, sondern ein vertikales Ensemble von Baukörpern, eingefasst von einer imposanten Dachkonstruktion mit einem weiten, offenen Atrium im Zentrum. Gewissermaßen ein Campus, bei dem Gebäudeelemente vertikal angeordnet sind statt horizontal. Gestaltet wurde er vom Laboratory for Visionary Architecture (LAVA), das zuvor unter anderem das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart entworfen hatte, außerdem die Erweiterung des Sprengel-Museums in Hannover und den Michael-Schumacher-Tower in Abu Dhabi. In einer Stadt der Megabauten wie Dubai will auch Deutschland glänzen.
Deutschland konzentriert sich auf Nachhaltigkeit
„Die Expo 2020 bietet eine gute Möglichkeit zur Darstellung eines modernen, zukunftsorientierten Deutschland-Bildes“, erläutert Annika Belisle, Pressesprecherin des Deutschen Pavillons auf der Expo 2020 in Dubai. Deutschland habe sich entschieden, sich auf das Unterthema Nachhaltigkeit zu konzentrieren, einem der drei Kernthemen dieser Weltausstellung. „Weltweit hat Deutschland mit dem Begriff Energiewende Maßstäbe gesetzt“, betont Belisle. „Auch diesem Anspruch kann und will der Deutsche Pavillon in Dubai gerecht werden.“
Die Expo 2020 bietet eine gute Möglichkeit zur Darstellung eines modernen, zukunftsorientierten Deutschland-Bildes.
Annika Belisle, Pressesprecherin des Deutschen Pavillons auf der Expo 2020 in Dubai.
Das beginnt schon bei der Konstruktion: Der Deutsche Pavillon ist als temporäres Gebäude konzipiert – nach der Weltausstellung wird er wieder abgetragen. Dabei könnten große Teile im Anschluss wiederverwendet werden, betont Sprecherin Belisle, darunter die 800 Stahlträger des Komplexes. Certain Measures, Spezialisten für den Umgang mit Daten in der Architektur, haben hierfür das Konzept entwickelt, das eine optimale neue Zusammenfügung der vorhandenen Elemente digital berechnet. Insgesamt 50 Millionen Euro investiert Deutschland in seine Präsenz in Dubai, ähnlich viel wie bei vergangenen Weltausstellungen.
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Baden-Württemberg kommt mit einem eigenen Ausstellungsgebäude zur Expo 2020 nach Dubai.
© Quelle: LAVA, Fraunhofer IAO/Atelier Schubert/Expo Dubai
Exponate wurden wegen Corona eingelagert
Mit der pandemiebedingten Verschiebung der Expo musste auch „Campus Germany“ neu planen. „Es ergaben sich interessante Notwendigkeiten“, erinnert sich Belisle. „Beispielsweise in Hinblick auf unsere Exponate, die eingelagert wurden, teilweise jedoch immer mal wieder angeschaltet und bewegt werden mussten, um ihre Funktionsfähigkeit weiterhin zu garantieren.“
Im Deutschen Pavillon glaubt man auch 170 Jahre nach der ersten Weltausstellung in London noch an das Prinzip Expo: „Die Weltausstellung bietet auch heute noch international bedeutsamen Zukunftsthemen ein Forum wie kein anderes Veranstaltungsformat – und das über sechs Monate“, ist sich Sprecherin Belisle sicher. Außerdem ermögliche es die Schau, Beziehungen zu nahezu allen Ländern der Welt zu pflegen.
Als einziges deutsches Bundesland ist Baden-Württemberg in Dubai mit einem eigenen Pavillon vertreten – und dies nicht ohne Kritik. Der Bau hatte in den vergangenen Monaten unter anderem einen Landtagsuntersuchungsausschuss beschäftigt, da die Kosten deutlich in die Höhe geschnellt waren, zuletzt auf rund 15 Millionen Euro. Eigentlich sollte eine Projektgesellschaft den Pavillon komplett mithilfe von Firmen finanzieren. Weil aber Sponsoren ihre Zusagen zurückzogen, sprang das Land ein. Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) geriet infolgedessen zunehmend unter Druck.