Edward VIII. und Wallis Simpson

Die Royals und die Liebe: ein etwas anderer Abgang

Zu Besuch in der Heimat: Der Duke und die Duchess von Windsor 1947 im Dorf Sunninghill in der Grafschaft Berkshire. Aufenthalte im Vereinigten Königreich mussten dem abgedankten König Edward und seiner Gemahlin Wallis von König George, später von Königin Elisabeth eigens gestattet werden.

Zu Besuch in der Heimat: Der Duke und die Duchess von Windsor 1947 im Dorf Sunninghill in der Grafschaft Berkshire. Aufenthalte im Vereinigten Königreich mussten dem abgedankten König Edward und seiner Gemahlin Wallis von König George, später von Königin Elisabeth eigens gestattet werden.

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Harry und Meghan – das ist eine einzigartige Geschichte einer Liebe, die größer ist als Krone, Titel und Paläste. Es wird von den beiden Betroffenen das Narrativ der Liebenden von Windsor verbreitet, die sich zur Wehr setzen gegen Unterstellungen, Intrigen, gar gegen Rassismus in der eigenen Familie und gegen die dunkle Seite der Macht der Medien. Die die beiden Opfer indes auch für sich einzuspannen wissen.

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Für erfahrene Leserinnen und Leser von Promigazetten ist der gegenwärtige royale Britzirkus ein Déjà-vu. Eine ähnlich öffentlichkeitswirksame Geschichte von in die Flucht getriebenen Liebenden gab es im Hause Windsor nämlich schon einmal. Vor gut 86 Jahren dankte der noch ungekrönte König Edward VIII. von Großbritannien ab und heiratete seine Geliebte, die bürgerliche Amerikanerin Wallis Simpson 1937 im Exil – standesgemäß auf einem (französischen) Schloss.

Radikale und umtriebige Gegner einer Messalliance Edwards – einer königlich-bürgerlichen Heirat – gab es damals viele. Außerhalb des Königshauses, das, angeführt von Edwards Mutter Queen Mary, der Königsbraut umgehend (anders als im Fall Meghan) die kalte Schulter zeigte, stieß sich die Church of England an Simpson vor allem, weil sie zwei Scheidungen hinter sich hatte. Aber auch die britische Regierung war nicht amüsiert über Edwards Wahl – amerikanisch, bürgerlich, moralisch zweifelhaft und allzu lebensfroh. Das ging gar nicht im konservativen England der Dreißigerjahre.

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Edward und Wallis schwangen sich nicht zu Herren ihres Skandals auf

Einiges war anders als beim aktuellen Fall. Edward hatte als König die größere Fallhöhe als Harry. Simpson war, bevor Edward für sie entbrannte, anders als „Suits“-Serienstar Meghan, eine Unbekannte gewesen. Und König Edward und die Königin seines Herzens schwangen sich damals – anders als die Sussexes – nicht zu Herren ihres Skandals auf. In Großbritannien zeigten die Zeitungen – es waren andere Zeiten – weitgehend „stiff upper lip“ und beschränkten ihre Berichterstattung auf das Nötigste.

Außerhalb des Königreichs aber – in Europa, vor allem aber in den USA – wurden die Geschassten zu Popstars, ähnlich wie Harry und Meghan es heute sind, und wurden immer wieder als Inbegriff für Verzicht aus Herzensgründen herangezogen. „Sie müssen mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich es als unmöglich empfunden habe, die schwere Last der Verantwortung zu tragen und meine Verpflichtungen als König nach meinen Vorstellungen auszuführen, ohne die Hilfe und Unterstützung der Frau, die ich liebe“, sagte Edward damals in einer im Radio übertragenen Ansprache an die Nation.

Ein Prinz packt aus: Harry-Biografie schockt Briten
05.01.2023, Spanien, Barcelona: Eine Frau hält ein Exemplar Autobiografie des britischen Prinzen Harry. Die mit Spannung erwartete Autobiografie des britischen Prinzen Harry ist nach Angaben britischer Medien in Spanien versehentlich bereits am Donnerstag in den Handel gelangt. Eigentlich sollte das Buch erst am 10. Januar erscheinen. Foto: Uncredited/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nachdem Ausgaben der Prinz-Harry-Memoiren versehentlich in den Handel gelangen, sind die explosiven Details schnell in der Presse.

Edward wie Harry waren zeitweise die Publikumslieblinge des Hauses Windsor

Einer für die Liebe war der Prince of Wales schon vorher gewesen: apart, schlank, entwaffnendes Lächeln, dazu ein Mutterinstinkte weckender, unerklärlicher Trauerflor um die Augen. In den Zwanziger- und Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts zählte der britische Thronfolger zu den umschwärmtesten Junggesellen der Welt. Seufzer in den Sitzen, wenn der adrette Edward in den Kinowochenschauen auf der Leinwand auftauchte – und ihm die unaristokratische Locke aus dem blonden Haar in die Stirn fiel. Das haben König von damals und Prinz von heute gemeinsam: Auch Harry war der Superroyal, überflügelte zeitweilig sogar die Queen an Beliebtheit.

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Eine Reihe von dramatischen Verfilmungen begann erst 1972, im Jahr von Edwards Tod, mit dem Fernsehfilm „The Woman I Love“, in dem die damaligen Topstars Richard Chamberlain als König und Faye Dunaway in der Rolle von Wallis Simpson zu sehen waren. Vor zwölf Jahren ließ Madonna die beiden in dem visuell eleganten, erzählerisch eher unbeholfenen Film „W. E.“ „in Liebe zueinander fallen“.

Die Königin des Pop finanzierte das Drama, führte Regie, schrieb auch selbst am Drehbuch mit, schien offensichtlich fasziniert vor allem von der Duchess. Aber wer James D‘Arcy und Andrea Riseborough bei dieser Liebe zusah, den beschlich ein ungutes Gefühl, wie schrecklich, wie eingefroren ein Leben sein musste, das von nur einem einzigen Moment definiert war. Während dieser Moment in seinen Aufbereitungen wieder und wieder rührte, und Madonna ihrem Film den Untertitel „Die Romanze des Jahrhunderts“ gab, waren die kinderlosen Edward und Wallis in ihren letzten Jahren nur noch schrullige Gäste auf Abendgesellschaften der New Yorker High Society.

Der Abgedankte rächt sich nicht - Edward übte sich in vornehmer Zurückhaltung

Interviews gab Edward in den Jahrzehnten nach der Abdankung nur selten, beide Autobiografien („A King‘s Story“ von 1951, „The Heart Has It‘s Reasons“ von 1956) kamen spät und waren keine schriftlichen Abrechnungen. Einer filmischen Verwurstung seiner Lovestory verweigerte Edward sich wohl nicht zuletzt, weil es seine große Sehnsucht war, eines Tages wieder fest in seiner geliebten Heimat leben zu dürfen.

Was der einstige König in Gesprächen mit Presse und Fernsehen zu Protokoll gab, war vergleichsweise von vornehmer Zurückhaltung geprägt, was ihm wohl Türen zur Familie offenlassen sollte. Der jeweils herrschende Monarch musste den Aufenthalten des Paars auf britischem Boden zustimmen. Kurzfristige Besuche von Beisetzungen und Gedenkfeiern wurden Edwards von seiner ihm wohlwollenden Nichte, Königin Elisabeth II., wiederholt gestattet.

Der Herzog von Windsor und ehemalige König Edward VIII. (Fünfter von links) war im Jahr 1937 zusammen mit seiner Ehefrau Wallis Simpson zu Gast bei Adolf Hitler auf dem Berghof.

Der Herzog von Windsor und ehemalige König Edward VIII. (Fünfter von links) war im Jahr 1937 zusammen mit seiner Ehefrau Wallis Simpson zu Gast bei Adolf Hitler auf dem Berghof.

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Wollte die britische Regierung den Hitler-Verehrer Edward über die Liebe loswerden?

Seine dauerhafte Heimkehr blieb indes der Fantasie von Schriftstellern überlassen. In Robert Harris‘ Alternative-Geschichte-Thriller „Vaterland“ (1992) werden Edward und Wallis zum Marionettenkönigspaar von Hitlers Gnaden. Das hatte einen realen Hintergrund: Edward hatte tatsächlich starke Sympathien für den NS-Diktator, den er im Oktober 1937 traf und der geäußert haben soll, in Wallis eine vorzügliche Königin zu erkennen.

Einige Historiker glauben, dass die unziemliche Beziehung zu Wallis Simpson zumindest für die britische Regierung nur ein Vorwand gewesen sei, um in Wahrheit einen mit dem Dritten Reich sympathisierenden König loszuwerden.

Die Sussexes nehmen ihre (Liebes-)Geschichte selbst in die Hand

Medial geschieht bei den Sussexes von heute alles viel schneller: Seit 2018 entstanden bereits drei schmalzige Fernsehfilme über ihre Liebe und ihre liebe Not mit der Verwandtschaft: „Harry & Meghan: Eine königliche Romanze“ (2018), „Harry & Meghan: Becoming Royal“ (2019) und „Harry & Meghan: Escaping The Palace“ (2021), die allesamt so erzählt sind, als hätte das Paar den Drehbuchautoren höchstpersönlich die Feder geführt. Das Eisen wurde geschmiedet, sobald es heiß war.

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Und es wird mit der permanenten „Harry bricht sein Schweigen“-Nummer von den Sussexes selbst wohl noch eine Weile auf Temperatur gehalten: am Sonntag mit zwei Prinzeninterviews, ab Dienstag mit „Reserve“, der ersten von vier geplanten Buchveröffentlichungen des Paares. Der englische Originaltitel „Spare“ heißt auf deutsch „überflüssig“ oder auch „Ersatz(-teil)“. Was auf Larmoyanz schließen lässt. Oder wahlweise auf Verbitterung.

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Sieht man sich jedoch beim Onlinehändler Amazon das Cover an, sieht der Duke of Sussex weder wie eine Heulsuse noch wie eine beleidigte Leberwurst aus. Sein Blick nimmt den Betrachter fest ins Visier, ein selbstbewusstes Achtellächeln umspielt die Lippen. Es ist eine „Euch werd‘ ich‘s zeigen“-Miene.

Zuletzt gab es Veröffentlichungen über royale brutale Gewalt unter Prinzen: Großer Bruder schubst kleinen Bruder. Wie konnte William nur? Der Thronerbe als Gewalttäter, der Jüngere mit zerrissener Halskette, blutend nach dem Aufprall auf einem unter ihm zerbrechenden Hundenapf.

So viele Details werden wir über das Paar Edward und Wallis vermutlich niemals erfahren.

big/RND

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