ADAC fordert höhere Promillegrenze für Fahrt mit dem E-Scooter
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Gesetzlich ähneln E-Scooter eher den Zweirädern. Dennoch orientiert sich die Promillegrenze an der fürs Autofahren. (Symbolbild)
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Goslar. Fachleute und Verbände haben eine Anpassung der Promillegrenze für E-Scooter-Fahrerinnen und Fahrer gefordert. Bisher orientiert sich der Wert an dem für Autos. Einige Experten und Expertinnen fänden eine Anlehnung an den weniger strengen Grenzwert für Fahrräder passender. Von Mittwoch an wird das Thema beim Verkehrsgerichtstag in Goslar besprochen.
ADAC: E-Scooter ähneln gesetzlich eher dem Zweirad
E-Scooter würden höchstens 20 Kilometer pro Stunde schnell fahren. Damit seien sie dem Fahrrad näher als einem Auto, teilte der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) mit. Auch gesetzlich seien E-Scooter dem Zweirad näher: „So existieren weder Helmpflicht noch eine Fahrerlaubnispflicht.“ Es stelle sich daher die Frage, warum bei der Promillegrenze eine Unterscheidung gemacht werde. Der ADAC regt eine Klarstellung durch den Gesetzgeber an. Künftig solle bei der rechtlichen Bewertung besser zwischen führerscheinpflichtigen und führerscheinfreien Fahrzeugen unterschieden werden - statt zwischen Kraftfahrzeugen und anderen Fahrzeugen.
Bisher ist das Fahren von Fahrrad oder E-Bike unter Alkoholeinfluss bis 1,6 Promille straffrei, solange der Fahrer oder die Fahrerin keine Ausfallerscheinungen habe und es zu keinem Unfall komme, erklärte Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). E-Scooter gelten aber als Kraftfahrzeuge und werden wie Autos behandelt. Das bedeutet: Bei einer Fahrt mit 0,5 Promille oder mehr begeht der Fahrer oder die Fahrerin eine Ordnungswidrigkeit. Eine Geldbuße von 500 Euro und ein Monat Fahrverbot sind dann möglich. Ab 1,1 Promille sind - selbst ohne Ausfallerscheinungen - auch höhere Geldstrafen und der Entzug der Fahrerlaubnis möglich. Autofahrerinnen und -fahrer dürfen dann erst nach einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) wieder hinter das Steuer.
Unfallforscher regt Studie zu Fahrtüchtigkeit an
„Aus Sicht des ADAC sollte die Teilnahme am Straßenverkehr und der Alkoholkonsum immer strikt getrennt werden“, betonte der Automobilclub. Es müsse aber berücksichtigt werden, wenn Menschen nach dem Alkoholkonsum auf das Auto verzichten und stattdessen den „weit weniger gefährlichen E-Scooter“ nutzen. Das sieht auch Unfallforscher Brockmann so. Er regt an, in einer Studie zu untersuchen, ab welchem Blutalkoholwert eine absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scooter-Fahrenden angenommen werden kann.
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Über das Thema sprechen verschiedene Experten und Expertinnen vom 25. bis 27. Januar beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Er zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland. Besonders im Fokus stehen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag unter anderem auch die Themen Haftung von KI-gesteuerten Autos und eine mögliche Meldepflicht für Ärzte von fahrungeeigneten Patienten. Der Kongress endet traditionell mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.
E-Scooter: Zahl der Verkehrsunfälle stark gestiegen
Die Zahl der Verkehrsunfälle mit E-Scootern ist in Niedersachsen zuletzt deutlich gestiegen. Im Jahr 2021 gab es in dem Bundesland 634 Unfälle mit den Elektrorollern, wie das zuständige Innenministerium Anfang Januar mitteilte. Ein Jahr zuvor lag die Zahl demnach noch bei 295. Auch die Zahl der Trunkenheitsfahrten, die zu Verkehrsunfällen führten, ist den Angaben zufolge gestiegen.
Der Automobilclub von Deutschland plädiert dafür, alkoholisierten Personen, die mit einem E-Scooter fahren, ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille die Erlaubnis zum Fahren von elektrischen Tretrollern zu entziehen, falls der oder die Betroffene keinen Autoführerschein besitzt. Darüber hinaus sollten E-Scooter-Fahrerinnen und Fahrer ähnlich wie bei Mofas in einer theoretischen Prüfung Straßenverkehrskenntnisse nachweisen müssen. Auch eine Helmpflicht für Fahrzeuge, die schneller als sechs Kilometer pro Stunde fahren können, sei denkbar.
Bundesweit ist die Zahl der E-Scooter-Unfälle mit Verletzten in 2021 gegenüber dem Vorjahr um 156,8 Prozent gestiegen, wie aus Zahlen hervorgeht, die der GDV veröffentlicht hat. Von 325.961 Verunglückten waren demnach 1,7 Prozent in 2021 mit dem E-Scooter unterwegs. In knapp 90 Prozent der Unfälle, in denen eine Fahruntüchtigkeit bei dem E-Rollerfahrer oder der E-Rollerfahrerin festgestellt wurde, war die Person alkoholisiert. Daten aus der norwegischen Hauptstadt Oslo zeigten zuletzt, dass sich Unfälle mit E-Scootern meist nachts oder abends durch betrunkene Fahrende ereignen.
Aus polizeilicher Sicht sei es wichtig, dass es zu einer einheitlichen Rechtsauslegung komme. Ein Beamter der Polizei Hannover nimmt in Goslar an dem Arbeitskreis zu der E-Scooter-Thematik als Referent teil. So könne es zu einer einheitlichen polizeilichen Vorgehensweise kommen und Regeln sowie Folgen eines Regelverstoßes den Fahrern transparent vermittelt werden. Das würde zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit führen.
Der Automobilclub Verkehr (ACV) wünscht sich von den Anbietern der Elektroroller mehr Bemühungen bei der Überprüfung der Fahrtauglichkeit der Fahrer. „Etwa in Form von Reaktionstests mit Hilfe einer App“, teilte der ACV mit.
Auch bei sehr hohen Alkoholkonzentrationen könne man die Fahrerinnen und Fahrer nicht mit denen von Pkw oder gar Lkw vergleichen, sagte Rechtsanwältin Heike Becker vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Personen, die E-Scooter fahren, seien eher mit denen von E-Bikes zu vergleichen. Sie fordert deshalb eine Anhebung der Promillegrenze auf 1,6. Vor allem brauche es aber eine bundeseinheitliche Regelung.
RND/dpa