Hannover: Immer mehr Kritik an Behandlung von mutmaßlichem Mafiaboss
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Ein Polizeifahrzeug fährt vor der Medizinische Hochschule Hannover (MHH). In der MHH wird nach Auskunft vom niedersächsischen Innenministerium ein Mann vom Balkan mit Schussverletzungen behandelt, der besonderen Polizeischutz bedarf.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Hannover. Die Kritik an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wegen der Behandlung eines mutmaßlichen Clan-Mitglieds und des damit verbundenen Polizeieinsatzes wächst. Der Mann aus Montenegro hätte niemals in der landeseigenen Universitätsklinik behandelt werden dürfen, sagte der CDU-Fraktionschef im Landtag, Dirk Toepffer, am Montag.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass sich Igor K. hatte einfliegen lassen, um seine Schussverletzungen in der MHH behandeln zu lassen. Nach Angaben von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) trägt das Land die Kosten für den Polizeischutz des Patienten, der in Deutschland nicht wegen Straftaten gesucht werde. Die Maßnahmen dienten auch der Sicherheit Unbeteiligter. Die MHH äußerte sich zunächst nicht zu dem Patienten und verwies an die Polizei.
Toepffer erklärte: "Indem die Klinikleitung die zuständigen Stellen des Landes viel zu spät und nur unzureichend über Igor K. informiert hat, hat sie die Beschäftigten und Patienten darüber hinaus einer großen Gefahr ausgesetzt. Dieses Verhalten war verantwortungslos und kostet den Steuerzahler nun Zigtausende Euro."
Grünen-Fraktion beantragte Unterrichtung des Innenausschusses des Landtags
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marco Genthe, forderte, keine Steuermittel für das Polizeiaufgebot an der Klinik heranzuziehen. "Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit solch einen Einsatz zahlen muss. Die Landesregierung muss alles tun, um die entstandenen Kosten von den Verursachern zurückzuholen", sagte der Abgeordnete. Die FDP hat eine Anfrage an die Landesregierung zu den Hintergründen des MHH-Aufenthalts gestellt. Die Grünen-Fraktion beantragte eine Unterrichtung des Innenausschusses des Landtags.
Die stellvertretende sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Thela Wernstedt, erklärte, es gehöre zur Normalität an großen spezialisierten Kliniken in Deutschland, dass Patientinnen und Patienten aus dem Ausland behandelt würden. Die Kosten der Behandlung trügen dann die Patienten. "Im aktuellen Fall an der Medizinischen Hochschule Hannover, der sich aus Montenegro nach Hannover verlegen ließ, überwiegt allerdings der Sicherheitsaufwand für den Patienten sicherlich den Gewinn, den die MHH machen kann", kritisierte sie. "Es ist erklärungsbedürftig, warum ein Landesbetrieb mit Patienten Geld verdient und der Steuerzahler für die Sicherheit aufkommen muss."
Klinikleitung muss sich erklären
Die Entscheidung der MHH, den Patienten aus dem Ausland kommen zu lassen, sei nicht akzeptabel, weil damit die Sicherheit der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet werde. "Es gibt auch in Montenegro Kliniken, die schwer verletzte Patienten behandeln können und wo diese ebenfalls von der Polizei beschützt werden können", betonte Wernstedt. Die Klinikleitung müsse sich erklären, forderte sie.
RND/dpa