In der Warteschleife
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Eine Insel der Entschleunigung in unserem hektischen Alltag: Hängen Sie sich doch auch öfter mal in die Warteschleife.
© Quelle: Fotolia
Hannover. Warteschleife. Es klingt nach schöner Verpackung. Warteschleifchen. Ein Geschenk der kostenneutralisierenden Kommunikationsökonomie.
“Simulated expendable redundant virtual inexpensive Communication economy“, kurz: Service. Aber reichen die Standards heute noch? Muss Individualität nicht schon in der Warteschleife anfangen?
Die Hörgewohnheiten des Wartegeschleiften
Wie wäre es mal mit erfrischender Authentizität? “Wir haben den Hörer danebengelegt, weil wir nach dem Frühstück draußen eine rauchen sind.“ Oder: “Wir essen noch“ oder “Einer kocht Kaffee, einer auf dem Klo“ oder einfach “Weil Montag ist“. Temporarily not in Stimmung. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.
Um die Hörgewohnheiten des Wartegeschleiften nicht völlig zu torpedieren, helfen kleine Änderungen bei der gewohnten Form der Ansage: Man ersetzt beispielsweise das Wort “Mitarbeiter“ durch “Zeigefinger“ und “Kundengespräch“ durch “Nasenloch“. Der Anrufer trifft auf bekannte Muster, aber vielleicht sollte man hier nicht zu sehr in die Tiefe gehen.
Wichtig ist das Licht am Ende der Warteschleife, die Aussicht für den Wartenden “so schnell wie möglich mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden“ zu werden, wobei das verlockende Angebot “schnell“ von der Einschränkung “wie möglich“ entschleunigt und entdringlicht wird. Besser sind poetische Wartetipps: “Wir haben dich noch nicht vergessen, aber geh doch erst was essen.“
Musik will mit Bedacht gewählt sein
Für Zerstreuung beim Dranbleiben sorgt nicht selten Musik oder eine Geräuschkulisse, die mit Bedacht gewählt sein will. Für Anrufer einer Zahnarztpraxis mag Vogelgezwitscher nicht so authentisch sein wie der Originalsound einer Wurzelbehandlung bei nachlassender Narkose, hat aber für den Erhalt des Kundenstamms seine Vorteile.
Death Metal in der Warteschleife kann eine erfrischende Idee für junge, trendige Eisenwarenhandlungen sein. Für ein Bestattungsunternehmen ist es ein bisschen aufdringlich. Als ob man mit der Tür ins Aus fällt.
Von Uwe Janssen